Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.
Wie gerne wünschte ich bald, ach! recht bald einen solchen Posten zu erhalten, der mich in Thätigkeit setzte; äußere Veranlassung muß ich haben zu arbeiten, ich arbeite immer noch mal so viel, als wenn ich mir ganz überlassen bin. Du weißt ja meine Kräfte. Jch könnte immer für irgend ein Jnstitut brauchbar werden, so viel Latein, Griechisch besonders kann ich ja, daß ich ein paar Autoren erklären könnte, wenn ich nur solche Gelegenheit hätte: Du weißt ja, wie bald ich mich wieder der Englischen Sprache bemächtigen kann, wenn ich darin was leisten müßte: und so auch Französisch. Vor einigen Tagen, den 20sten, bin ich erst dreiundzwanzig Jahr alt geworden. Was könnte ich nicht noch leisten. Ach! die unglückliche Jdee, welcher Lebensfreuden hat sie mich beraubt, mich bald um allen meinen Verstand gebracht! Du hattest gewiß Recht, daß ich erst auswärts etwa ein Amt erhalten müßte, um hier wieder Jedermann dreist unter die Augen zu kommen; ach! hätte ich doch damals so gedacht, wie ich bei Dir war, wie viel weiter wäre ich doch nun schon. Mein theuerster J. wünscht es auch recht sehr, mich auswärts um einen Fleck der Thätigkeit zu bemühen. Wenn wir doch noch zusam-
Wie gerne wuͤnschte ich bald, ach! recht bald einen solchen Posten zu erhalten, der mich in Thaͤtigkeit setzte; aͤußere Veranlassung muß ich haben zu arbeiten, ich arbeite immer noch mal so viel, als wenn ich mir ganz uͤberlassen bin. Du weißt ja meine Kraͤfte. Jch koͤnnte immer fuͤr irgend ein Jnstitut brauchbar werden, so viel Latein, Griechisch besonders kann ich ja, daß ich ein paar Autoren erklaͤren koͤnnte, wenn ich nur solche Gelegenheit haͤtte: Du weißt ja, wie bald ich mich wieder der Englischen Sprache bemaͤchtigen kann, wenn ich darin was leisten muͤßte: und so auch Franzoͤsisch. Vor einigen Tagen, den 20sten, bin ich erst dreiundzwanzig Jahr alt geworden. Was koͤnnte ich nicht noch leisten. Ach! die ungluͤckliche Jdee, welcher Lebensfreuden hat sie mich beraubt, mich bald um allen meinen Verstand gebracht! Du hattest gewiß Recht, daß ich erst auswaͤrts etwa ein Amt erhalten muͤßte, um hier wieder Jedermann dreist unter die Augen zu kommen; ach! haͤtte ich doch damals so gedacht, wie ich bei Dir war, wie viel weiter waͤre ich doch nun schon. Mein theuerster J. wuͤnscht es auch recht sehr, mich auswaͤrts um einen Fleck der Thaͤtigkeit zu bemuͤhen. Wenn wir doch noch zusam- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0095" n="93"/><lb/> ich nun werden in einem Posten, den ich mit jedes Genehmigung ergreifen kann, und wobei ich fuͤr mich Beruhigung habe. </p> <p>Wie gerne wuͤnschte ich bald, ach! recht bald einen solchen Posten zu erhalten, der mich in Thaͤtigkeit setzte; aͤußere Veranlassung muß ich haben zu arbeiten, ich arbeite immer noch mal so viel, als wenn ich <choice><corr>mir</corr><sic>mich</sic></choice> ganz uͤberlassen bin. Du weißt ja meine Kraͤfte. </p> <p>Jch koͤnnte immer fuͤr irgend ein Jnstitut brauchbar werden, so viel Latein, Griechisch besonders kann ich ja, daß ich ein paar Autoren erklaͤren koͤnnte, wenn ich nur solche Gelegenheit haͤtte: Du weißt ja, wie bald ich mich wieder der Englischen Sprache bemaͤchtigen kann, wenn ich darin was leisten muͤßte: und so auch Franzoͤsisch. </p> <p>Vor einigen Tagen, den 20sten, bin ich erst dreiundzwanzig Jahr alt geworden. Was koͤnnte ich nicht noch leisten. Ach! die ungluͤckliche Jdee, welcher Lebensfreuden hat sie mich beraubt, mich bald um allen meinen Verstand gebracht! </p> <p>Du hattest gewiß Recht, daß ich erst auswaͤrts etwa ein Amt erhalten muͤßte, um hier wieder Jedermann dreist unter die Augen zu kommen; ach! haͤtte ich doch damals so gedacht, wie ich bei Dir war, wie viel weiter waͤre ich doch nun schon. </p> <p>Mein theuerster <hi rendition="#b">J.</hi> wuͤnscht es auch recht sehr, mich auswaͤrts um einen Fleck der Thaͤtigkeit zu bemuͤhen. Wenn wir doch noch zusam-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0095]
ich nun werden in einem Posten, den ich mit jedes Genehmigung ergreifen kann, und wobei ich fuͤr mich Beruhigung habe.
Wie gerne wuͤnschte ich bald, ach! recht bald einen solchen Posten zu erhalten, der mich in Thaͤtigkeit setzte; aͤußere Veranlassung muß ich haben zu arbeiten, ich arbeite immer noch mal so viel, als wenn ich mir ganz uͤberlassen bin. Du weißt ja meine Kraͤfte.
Jch koͤnnte immer fuͤr irgend ein Jnstitut brauchbar werden, so viel Latein, Griechisch besonders kann ich ja, daß ich ein paar Autoren erklaͤren koͤnnte, wenn ich nur solche Gelegenheit haͤtte: Du weißt ja, wie bald ich mich wieder der Englischen Sprache bemaͤchtigen kann, wenn ich darin was leisten muͤßte: und so auch Franzoͤsisch.
Vor einigen Tagen, den 20sten, bin ich erst dreiundzwanzig Jahr alt geworden. Was koͤnnte ich nicht noch leisten. Ach! die ungluͤckliche Jdee, welcher Lebensfreuden hat sie mich beraubt, mich bald um allen meinen Verstand gebracht!
Du hattest gewiß Recht, daß ich erst auswaͤrts etwa ein Amt erhalten muͤßte, um hier wieder Jedermann dreist unter die Augen zu kommen; ach! haͤtte ich doch damals so gedacht, wie ich bei Dir war, wie viel weiter waͤre ich doch nun schon.
Mein theuerster J. wuͤnscht es auch recht sehr, mich auswaͤrts um einen Fleck der Thaͤtigkeit zu bemuͤhen. Wenn wir doch noch zusam-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/95>, abgerufen am 15.08.2024. |