Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.
Schon in Halberstadt stimmte sich meine Seele ganz anders, sie ward so weich und eindrucksvoll, ich erinnerte mich an alle die angenehmen Stunden, die ich dort zugebracht; kurz die Reise von da bis B** in einer gar nicht kalten Nacht war für mich sehr angenehm. Voller Herzensrührung fuhr ich durch B**, aber doch freudig, in meiner Vaterstadt zu seyn, von der ich mich doch so weit und vielleicht auf ewig entfernen wollte. Meine Eltern nahmen mich gütigst auf, und meine Mutter hatte sich schon über meinen Brief, der mich anmeldete, herzlich gefreuet. So war ich denn im Hause das ich unmöglich sobald verlassen konnte. Kurz ich beschloß hier diesen Winter zu bleiben, und schrieb es den Freitag G. höflichst ab; meines Vaters, gab mir Anleitung G. so zu schreiben, daß er aufhören müßte mein VaterVater zu seyn, wenn er mich nicht entschuldigen wollte. Der Gedanke ist nun ganz aus meiner Seele verbannet, ich habe hier schon wieder Freunde gesucht, und sie auch gefunden, alle nehmen mich freudig auf, und sehen mich gerne, ich selbst bin nur noch furchtsam, alles ist für mich hier neu, ich bin ein Fremdling selbst hier, wo ich erzogen bin.
Schon in Halberstadt stimmte sich meine Seele ganz anders, sie ward so weich und eindrucksvoll, ich erinnerte mich an alle die angenehmen Stunden, die ich dort zugebracht; kurz die Reise von da bis B** in einer gar nicht kalten Nacht war fuͤr mich sehr angenehm. Voller Herzensruͤhrung fuhr ich durch B**, aber doch freudig, in meiner Vaterstadt zu seyn, von der ich mich doch so weit und vielleicht auf ewig entfernen wollte. Meine Eltern nahmen mich guͤtigst auf, und meine Mutter hatte sich schon uͤber meinen Brief, der mich anmeldete, herzlich gefreuet. So war ich denn im Hause das ich unmoͤglich sobald verlassen konnte. Kurz ich beschloß hier diesen Winter zu bleiben, und schrieb es den Freitag G. hoͤflichst ab; meines Vaters, gab mir Anleitung G. so zu schreiben, daß er aufhoͤren muͤßte mein VaterVater zu seyn, wenn er mich nicht entschuldigen wollte. Der Gedanke ist nun ganz aus meiner Seele verbannet, ich habe hier schon wieder Freunde gesucht, und sie auch gefunden, alle nehmen mich freudig auf, und sehen mich gerne, ich selbst bin nur noch furchtsam, alles ist fuͤr mich hier neu, ich bin ein Fremdling selbst hier, wo ich erzogen bin. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0089" n="87"/><lb/> kann aber diese Gelegenheit nicht vorbei lassen, Dir von meinem itzigen Zustande, so viel mir Zeit und Munterkeit des Geistes erlaubt, Nachricht zu geben. </p> <p>Schon in Halberstadt stimmte sich meine Seele ganz anders, sie ward so weich und eindrucksvoll, ich erinnerte mich an alle die angenehmen Stunden, die ich dort zugebracht; kurz die Reise von da bis <hi rendition="#b">B**</hi> in einer gar nicht kalten Nacht war fuͤr mich sehr angenehm.</p> <p>Voller Herzensruͤhrung fuhr ich durch <hi rendition="#b">B**,</hi> aber doch freudig, in meiner Vaterstadt zu seyn, von der ich mich doch so weit und vielleicht auf ewig entfernen wollte. </p> <p>Meine Eltern nahmen mich guͤtigst auf, und meine Mutter hatte sich schon uͤber meinen Brief, der mich anmeldete, herzlich gefreuet. </p> <p>So war ich denn im Hause <persName ref="#ref0120"><note type="editorial">Paulmann, Johann Ludwig</note>meines Vaters,</persName> das ich unmoͤglich sobald verlassen konnte. Kurz ich beschloß hier diesen Winter zu bleiben, und schrieb es den Freitag G. hoͤflichst ab; <persName ref="#ref0120"><note type="editorial">Paulmann, Johann Ludwig</note>mein Vater</persName> gab mir Anleitung G. so zu schreiben, daß er aufhoͤren muͤßte <hi rendition="#b">Vater</hi> zu seyn, wenn er mich nicht entschuldigen wollte. </p> <p>Der Gedanke ist nun ganz aus meiner Seele verbannet, ich habe hier schon wieder Freunde gesucht, und sie auch gefunden, alle nehmen mich freudig auf, und sehen mich gerne, ich selbst bin nur noch furchtsam, alles ist fuͤr mich hier neu, ich bin ein Fremdling selbst hier, wo ich erzogen bin. </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0089]
kann aber diese Gelegenheit nicht vorbei lassen, Dir von meinem itzigen Zustande, so viel mir Zeit und Munterkeit des Geistes erlaubt, Nachricht zu geben.
Schon in Halberstadt stimmte sich meine Seele ganz anders, sie ward so weich und eindrucksvoll, ich erinnerte mich an alle die angenehmen Stunden, die ich dort zugebracht; kurz die Reise von da bis B** in einer gar nicht kalten Nacht war fuͤr mich sehr angenehm.
Voller Herzensruͤhrung fuhr ich durch B**, aber doch freudig, in meiner Vaterstadt zu seyn, von der ich mich doch so weit und vielleicht auf ewig entfernen wollte.
Meine Eltern nahmen mich guͤtigst auf, und meine Mutter hatte sich schon uͤber meinen Brief, der mich anmeldete, herzlich gefreuet.
So war ich denn im Hause meines Vaters, das ich unmoͤglich sobald verlassen konnte. Kurz ich beschloß hier diesen Winter zu bleiben, und schrieb es den Freitag G. hoͤflichst ab; mein Vater gab mir Anleitung G. so zu schreiben, daß er aufhoͤren muͤßte Vater zu seyn, wenn er mich nicht entschuldigen wollte.
Der Gedanke ist nun ganz aus meiner Seele verbannet, ich habe hier schon wieder Freunde gesucht, und sie auch gefunden, alle nehmen mich freudig auf, und sehen mich gerne, ich selbst bin nur noch furchtsam, alles ist fuͤr mich hier neu, ich bin ein Fremdling selbst hier, wo ich erzogen bin.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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