Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite


ausser ihnen durch die Sinne gerühret; so wie ich eben nicht glauben muß, daß Adams erster Gedanke war: wer bin ich? Woher? Sondern er sahe zuerst Himmel, Sonne, Thiere, Bäume, was ihm in die Augen fiel. Aber warum ist die vergangne Zeit die erste in den Morgenländischen Sprachen? Wusten die ersten Einrichter dieser Sprachen, daß die Zeit nicht einmahl eigentlich gegenwärtig ist? Oder war es erzählender Styl, was sie gesehen, gehört hatten ? Was schon, und zwar so schnell vorbei war? Doch ist ihr Präteritum freylich auch Präsens, worzu sie zwar eigentlich das Participium brauchen.

Hirschberg.

M. Carl Ludwig Bauer,

Rektor der Evangelischen Gnadenschule von Hirschberg.


Auszug aus einem Briefe.

Jena den 29sten Juni 1785.

Hier ereignete sich voriges Jahr eine sonderbare Krankengeschichte. Eines Bürgersmannes Töchterlein von neun bis zehn Jahren, deren Eltern pietistisch gesinnt waren und ihrem Mädchen fürchterlich schreckliche Begriffe von Teufel, Hölle und Verdammniß mochten beigebracht haben, beging


ausser ihnen durch die Sinne geruͤhret; so wie ich eben nicht glauben muß, daß Adams erster Gedanke war: wer bin ich? Woher? Sondern er sahe zuerst Himmel, Sonne, Thiere, Baͤume, was ihm in die Augen fiel. Aber warum ist die vergangne Zeit die erste in den Morgenlaͤndischen Sprachen? Wusten die ersten Einrichter dieser Sprachen, daß die Zeit nicht einmahl eigentlich gegenwaͤrtig ist? Oder war es erzaͤhlender Styl, was sie gesehen, gehoͤrt hatten ? Was schon, und zwar so schnell vorbei war? Doch ist ihr Praͤteritum freylich auch Praͤsens, worzu sie zwar eigentlich das Participium brauchen.

Hirschberg.

M. Carl Ludwig Bauer,

Rektor der Evangelischen Gnadenschule von Hirschberg.


Auszug aus einem Briefe.

Jena den 29sten Juni 1785.

Hier ereignete sich voriges Jahr eine sonderbare Krankengeschichte. Eines Buͤrgersmannes Toͤchterlein von neun bis zehn Jahren, deren Eltern pietistisch gesinnt waren und ihrem Maͤdchen fuͤrchterlich schreckliche Begriffe von Teufel, Hoͤlle und Verdammniß mochten beigebracht haben, beging

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0072" n="70"/><lb/>
ausser ihnen                   durch die Sinne geru&#x0364;hret; so wie ich eben nicht glauben muß, daß Adams erster                   Gedanke war: wer bin ich? Woher? Sondern er sahe zuerst Himmel, Sonne, Thiere,                   Ba&#x0364;ume, was ihm in die Augen fiel. Aber warum ist die <hi rendition="#b">vergangne</hi> Zeit die erste in den Morgenla&#x0364;ndischen Sprachen? Wusten die                   ersten Einrichter dieser Sprachen, daß die Zeit nicht einmahl eigentlich                   gegenwa&#x0364;rtig ist? Oder war es <hi rendition="#b">erza&#x0364;hlender</hi> Styl, was sie                   gesehen, geho&#x0364;rt hatten ? Was schon, und zwar so schnell vorbei war? Doch ist ihr                   Pra&#x0364;teritum freylich auch Pra&#x0364;sens, worzu sie zwar eigentlich das Participium                   brauchen. </p>
          <p>Hirschberg. </p>
          <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">
              <persName ref="#ref0087"><note type="editorial">Bauer,             Carl Ludwig</note>M. Carl Ludwig                         Bauer,</persName>
            </hi> </p>
          <p rendition="#right"> Rektor der Evangelischen Gnadenschule von Hirschberg. </p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Auszug aus einem Briefe.</head><lb/>
          <note type="editorial">
            <bibl>
              <persName ref="#ref86"><note type="editorial"/>Lenz, Carl Gotthold</persName>
            </bibl>
          </note>
          <p rendition="#right"> Jena den 29sten Juni 1785. </p>
          <p>Hier ereignete sich voriges Jahr eine sonderbare                   Krankengeschichte. Eines Bu&#x0364;rgersmannes To&#x0364;chterlein von neun bis zehn Jahren, deren                   Eltern pietistisch gesinnt waren und ihrem Ma&#x0364;dchen fu&#x0364;rchterlich schreckliche                   Begriffe von Teufel, Ho&#x0364;lle und Verdammniß mochten beigebracht haben, beging<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0072] ausser ihnen durch die Sinne geruͤhret; so wie ich eben nicht glauben muß, daß Adams erster Gedanke war: wer bin ich? Woher? Sondern er sahe zuerst Himmel, Sonne, Thiere, Baͤume, was ihm in die Augen fiel. Aber warum ist die vergangne Zeit die erste in den Morgenlaͤndischen Sprachen? Wusten die ersten Einrichter dieser Sprachen, daß die Zeit nicht einmahl eigentlich gegenwaͤrtig ist? Oder war es erzaͤhlender Styl, was sie gesehen, gehoͤrt hatten ? Was schon, und zwar so schnell vorbei war? Doch ist ihr Praͤteritum freylich auch Praͤsens, worzu sie zwar eigentlich das Participium brauchen. Hirschberg. M. Carl Ludwig Bauer, Rektor der Evangelischen Gnadenschule von Hirschberg. Auszug aus einem Briefe. Jena den 29sten Juni 1785. Hier ereignete sich voriges Jahr eine sonderbare Krankengeschichte. Eines Buͤrgersmannes Toͤchterlein von neun bis zehn Jahren, deren Eltern pietistisch gesinnt waren und ihrem Maͤdchen fuͤrchterlich schreckliche Begriffe von Teufel, Hoͤlle und Verdammniß mochten beigebracht haben, beging

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/72
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/72>, abgerufen am 29.11.2024.