Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.
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eingericht: so, entstellen, verunstalten, eine uͤble Gestalt geben. Valetudo, heißt uͤberhaupt, Befinden des Leibes; aber oft heißt es nicht nur Gesundheit, z.B. valetudinem tuam cura: si vales, bene est; valeo; sondern auch Krankheit, harte Krankheit, z.B. in gravem valetudinem incidit; gravi valetudine implicitus; So tempestas, Wetter, Gewitter, Ungewitter. Tempestas heißt indifferent, Wetter; aber, wenn man im Lateinischen sagt: magna tempestas, so heißt es Sturm, Donnerwetter, Wind, u.s.f. und der Deutsche sagt: es kam ein Wetter, ein rechtes Wetter. Mit dem Worte, Gewitter, ist es noch sonderbarer: Gewitter heißt schlechthin Wetter, Witterung, z.B. Schneegewitter, und im Saͤchsischen Kirchengebete: mit gutem bequemen Gewitter; Aber nun sprechen wir, ein Gewitter; da denken wir das fuͤrchterliche, gefaͤhrliche hinzu; und doch hernach wiederum ein Ungewitter, als wenn Gewitter an sich eine gute, wenigstens angenehme Bedeutung haͤtte, und ein so schreckendes uns boͤse scheinendes, unangenehmes, schreckliches Wetter kein, nicht, (Un-) Gewitter waͤre. Welcher Eigensinn des Sprachgebrauchs, oder vielmehr unsrer Denkart! So das Wort Unkraut, also nicht Kraut; als wenn schaͤdliches, hinderliches Gewaͤchs, kein Kraut waͤre; so hat Kraut die Emphase des guten nuͤtzlichen Krauts. Daher auch
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