Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.
Begriff ist eine sehr ausdruckvolle Metapher, ob das Bild gleich sehr körperlich ist. -- Jch werde Meister von einer Sache, besitze sie, wenn ich sie umfasse, und dadurch mir zu eigen mache -- so werde ich Herr einer Jdee, wenn ich sie gleichsam mit allen meinen übrigen Jdeen umfasse, deren ich mich zu gleicher Zeit auch bewußt bin. Darum sagt Begriff auch mehr wie Vorstellung -- durch den Begriff ist die Vorstellung in mir befestiget, an alle meine übrigen Vorstellungen, die ich schon hatte, gleichsam angeknüpft, und mit ihnen eins geworden. Allein die Anwendung dieser Metaphern macht nun oft große Schwürigkeit, und verleitet auch oft zu Jrrthümern, indem man das Körperliche, was man sich sonst dabei gedacht hat, nicht gehörig davon absondert -- wenn man z.B. sagt, alles was da ist, ist in Gott, und sich nun denkt, daß Gott dieß alles umgiebt, indem er die Oberfläche
Begriff ist eine sehr ausdruckvolle Metapher, ob das Bild gleich sehr koͤrperlich ist. — Jch werde Meister von einer Sache, besitze sie, wenn ich sie umfasse, und dadurch mir zu eigen mache — so werde ich Herr einer Jdee, wenn ich sie gleichsam mit allen meinen uͤbrigen Jdeen umfasse, deren ich mich zu gleicher Zeit auch bewußt bin. Darum sagt Begriff auch mehr wie Vorstellung — durch den Begriff ist die Vorstellung in mir befestiget, an alle meine uͤbrigen Vorstellungen, die ich schon hatte, gleichsam angeknuͤpft, und mit ihnen eins geworden. Allein die Anwendung dieser Metaphern macht nun oft große Schwuͤrigkeit, und verleitet auch oft zu Jrrthuͤmern, indem man das Koͤrperliche, was man sich sonst dabei gedacht hat, nicht gehoͤrig davon absondert — wenn man z.B. sagt, alles was da ist, ist in Gott, und sich nun denkt, daß Gott dieß alles umgiebt, indem er die Oberflaͤche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0050" n="48"/><lb/> nung <hi rendition="#aq">repraesentatio,</hi> <hi rendition="#b">Wiedervergegenwaͤrtigung.</hi> — Der Nahme detaillirt die Sache mehr, und druͤckt sie doch <hi rendition="#b">allgemeiner</hi> und nicht so sehr <hi rendition="#b">sinnlich</hi> aus, wie unser <hi rendition="#b">Vorstellung.</hi> Das urspruͤnglich griechische <hi rendition="#aq">idea</hi> hingegen, ist eine noch weit simplere Metapher als <hi rendition="#b">Vorstellung;</hi> man begnuͤgt sich mit der bloßen Vergleichung von <hi rendition="#b">Sehen,</hi> um sich einen Begriff von einem Begriffe zu machen. </p> <p><hi rendition="#b">Begriff</hi> ist eine sehr ausdruckvolle Metapher, ob das Bild gleich sehr koͤrperlich ist. — Jch werde Meister von einer Sache, besitze sie, wenn ich sie umfasse, und dadurch mir zu eigen mache — so werde ich Herr einer Jdee, wenn ich sie gleichsam mit allen meinen uͤbrigen Jdeen umfasse, deren ich mich zu gleicher Zeit auch bewußt bin. </p> <p>Darum sagt <hi rendition="#b">Begriff</hi> auch mehr wie <hi rendition="#b">Vorstellung</hi> — durch den <hi rendition="#b">Begriff</hi> ist die Vorstellung in mir befestiget, an alle meine uͤbrigen Vorstellungen, die ich schon hatte, gleichsam angeknuͤpft, und mit ihnen <hi rendition="#b">eins</hi> geworden. </p> <p>Allein die Anwendung dieser Metaphern macht nun oft große Schwuͤrigkeit, und verleitet auch oft zu Jrrthuͤmern, indem man das Koͤrperliche, was man sich sonst dabei gedacht hat, nicht gehoͤrig davon absondert — wenn man z.B. sagt, alles was da ist, ist <hi rendition="#b">in Gott,</hi> und sich nun denkt, daß Gott dieß alles umgiebt, indem er die <hi rendition="#b">Oberflaͤche</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0050]
nung repraesentatio, Wiedervergegenwaͤrtigung. — Der Nahme detaillirt die Sache mehr, und druͤckt sie doch allgemeiner und nicht so sehr sinnlich aus, wie unser Vorstellung. Das urspruͤnglich griechische idea hingegen, ist eine noch weit simplere Metapher als Vorstellung; man begnuͤgt sich mit der bloßen Vergleichung von Sehen, um sich einen Begriff von einem Begriffe zu machen.
Begriff ist eine sehr ausdruckvolle Metapher, ob das Bild gleich sehr koͤrperlich ist. — Jch werde Meister von einer Sache, besitze sie, wenn ich sie umfasse, und dadurch mir zu eigen mache — so werde ich Herr einer Jdee, wenn ich sie gleichsam mit allen meinen uͤbrigen Jdeen umfasse, deren ich mich zu gleicher Zeit auch bewußt bin.
Darum sagt Begriff auch mehr wie Vorstellung — durch den Begriff ist die Vorstellung in mir befestiget, an alle meine uͤbrigen Vorstellungen, die ich schon hatte, gleichsam angeknuͤpft, und mit ihnen eins geworden.
Allein die Anwendung dieser Metaphern macht nun oft große Schwuͤrigkeit, und verleitet auch oft zu Jrrthuͤmern, indem man das Koͤrperliche, was man sich sonst dabei gedacht hat, nicht gehoͤrig davon absondert — wenn man z.B. sagt, alles was da ist, ist in Gott, und sich nun denkt, daß Gott dieß alles umgiebt, indem er die Oberflaͤche
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