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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

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Entschluß, sich todt zu hungern, wieder hergestellt, und fand sich glücklich; da er aber merkte, daß man seine thörichte Eitelkeit bemerkt hatte, und sein ganzes Betragen für Affektation hielt, wie es denn auch wirklich war -- so wurde er aufs neue wieder rasend, nicht darüber, daß er wirklich ein so eitler und schwacher Mensch gewesen, sondern daß er andern so vorgekommen war, und in dieser letzten Raserei, da er nun keinen Ausweg wieder zu glänzen mehr vor sich sahe, rennte er mit dem Kopf gegen die Wand, und stieß sich das Gehirn entzwei -- ein erstaunliches Beispiel von einer unbegrenzten Eitelkeit, die man beinahe in ihrer Art groß nennen könnte, wenn sich Eitelkeit und groß zusammen denken ließe.

Wie sehr wünschte ich, daß mir jemand von der Erziehung und den vorhergehenden Schicksalen dieses Jnspektor Drieß, bei dem ein sonst ungewöhnlicher Hang zur Eitelkeit solche entsetzliche Wirkungen hervorbringen konnte, mehrere authentische Nachrichten mittheilen möchte!

Hier sind also zwei Beispiele: Lebensüberdruß aus überspannten Phantasien von der Glückseeligkeit eines bessern Lebens und Lebensüberdruß aus Eitelkeit.

Zu der Geschichte Daniel Völkners steht eine Parallel im dritten Stück des ersten Bandes pag. 28 mit der Ueberschrift: Geschichte eines Selbstmords aus Verlangen seelig zu werden. --


Entschluß, sich todt zu hungern, wieder hergestellt, und fand sich gluͤcklich; da er aber merkte, daß man seine thoͤrichte Eitelkeit bemerkt hatte, und sein ganzes Betragen fuͤr Affektation hielt, wie es denn auch wirklich war — so wurde er aufs neue wieder rasend, nicht daruͤber, daß er wirklich ein so eitler und schwacher Mensch gewesen, sondern daß er andern so vorgekommen war, und in dieser letzten Raserei, da er nun keinen Ausweg wieder zu glaͤnzen mehr vor sich sahe, rennte er mit dem Kopf gegen die Wand, und stieß sich das Gehirn entzwei — ein erstaunliches Beispiel von einer unbegrenzten Eitelkeit, die man beinahe in ihrer Art groß nennen koͤnnte, wenn sich Eitelkeit und groß zusammen denken ließe.

Wie sehr wuͤnschte ich, daß mir jemand von der Erziehung und den vorhergehenden Schicksalen dieses Jnspektor Drieß, bei dem ein sonst ungewoͤhnlicher Hang zur Eitelkeit solche entsetzliche Wirkungen hervorbringen konnte, mehrere authentische Nachrichten mittheilen moͤchte!

Hier sind also zwei Beispiele: Lebensuͤberdruß aus uͤberspannten Phantasien von der Gluͤckseeligkeit eines bessern Lebens und Lebensuͤberdruß aus Eitelkeit.

Zu der Geschichte Daniel Voͤlkners steht eine Parallel im dritten Stuͤck des ersten Bandes pag. 28 mit der Ueberschrift: Geschichte eines Selbstmords aus Verlangen seelig zu werden.

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[26/0028] Entschluß, sich todt zu hungern, wieder hergestellt, und fand sich gluͤcklich; da er aber merkte, daß man seine thoͤrichte Eitelkeit bemerkt hatte, und sein ganzes Betragen fuͤr Affektation hielt, wie es denn auch wirklich war — so wurde er aufs neue wieder rasend, nicht daruͤber, daß er wirklich ein so eitler und schwacher Mensch gewesen, sondern daß er andern so vorgekommen war, und in dieser letzten Raserei, da er nun keinen Ausweg wieder zu glaͤnzen mehr vor sich sahe, rennte er mit dem Kopf gegen die Wand, und stieß sich das Gehirn entzwei — ein erstaunliches Beispiel von einer unbegrenzten Eitelkeit, die man beinahe in ihrer Art groß nennen koͤnnte, wenn sich Eitelkeit und groß zusammen denken ließe. Wie sehr wuͤnschte ich, daß mir jemand von der Erziehung und den vorhergehenden Schicksalen dieses Jnspektor Drieß, bei dem ein sonst ungewoͤhnlicher Hang zur Eitelkeit solche entsetzliche Wirkungen hervorbringen konnte, mehrere authentische Nachrichten mittheilen moͤchte! Hier sind also zwei Beispiele: Lebensuͤberdruß aus uͤberspannten Phantasien von der Gluͤckseeligkeit eines bessern Lebens und Lebensuͤberdruß aus Eitelkeit. Zu der Geschichte Daniel Voͤlkners steht eine Parallel im dritten Stuͤck des ersten Bandes pag. 28 mit der Ueberschrift: Geschichte eines Selbstmords aus Verlangen seelig zu werden. —

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/28>, abgerufen am 24.11.2024.