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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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regt nie Empfindung des Erstaunens allein, wie andere erhabene Gegenstände pflegen, sondern wir nehmen zugleich ein Gefühl von Furcht und Schrecken in uns wahr, sobald wir uns das Wunderbarerhabene in Verbindung mit jenen unsichtbaren Wesen denken. Der Grund von dieser besondern Art des Erstaunens liegt ohnstreitig darin, daß wir immer mehr geneigt sind, uns die Gottheit als die unmittelbare Ursach des Wunderbaren, von einer schrecklichen, als liebevollen Seite vorzustellen; weil wir fühlen, daß keine Kraft unserer Natur zureichen würde, die Gewalt eines unsichtbaren Wesens aufzuhalten, wenn sie gegen uns gerichtet würde, und weil wir sogleich immer an andre schreckliche Begebenheiten denken, die ehemals von der Gottheit die Menschen zu bestrafen, veranstaltet wurden, und diese Jdeen zusammengenommen zwingen uns die Furcht ab, die wir empfinden, wenn wir die Gottheit gleichsam vor unsern Augen in wunderbaren Begebenheiten handeln sehen. Wenn auch darin der Dichter nicht Recht haben sollte, daß die Furcht zuerst den Glauben an das Dasein der Götter unter den Menschen eingeführt habe; so ist doch nicht zu zweifeln, daß Furcht ihnen zugleich ihre Altäre erbauen, und ihnen Opfer bringen halfen, um ihren Zorn gegen die Menschen zu besänftigen.

Ohnerachtet jener Empfindung der Furcht und des Schreckens, die wir gewöhnlich bei Vorstellung einer wunderbaren Begebenheit in uns wahrneh-


regt nie Empfindung des Erstaunens allein, wie andere erhabene Gegenstaͤnde pflegen, sondern wir nehmen zugleich ein Gefuͤhl von Furcht und Schrecken in uns wahr, sobald wir uns das Wunderbarerhabene in Verbindung mit jenen unsichtbaren Wesen denken. Der Grund von dieser besondern Art des Erstaunens liegt ohnstreitig darin, daß wir immer mehr geneigt sind, uns die Gottheit als die unmittelbare Ursach des Wunderbaren, von einer schrecklichen, als liebevollen Seite vorzustellen; weil wir fuͤhlen, daß keine Kraft unserer Natur zureichen wuͤrde, die Gewalt eines unsichtbaren Wesens aufzuhalten, wenn sie gegen uns gerichtet wuͤrde, und weil wir sogleich immer an andre schreckliche Begebenheiten denken, die ehemals von der Gottheit die Menschen zu bestrafen, veranstaltet wurden, und diese Jdeen zusammengenommen zwingen uns die Furcht ab, die wir empfinden, wenn wir die Gottheit gleichsam vor unsern Augen in wunderbaren Begebenheiten handeln sehen. Wenn auch darin der Dichter nicht Recht haben sollte, daß die Furcht zuerst den Glauben an das Dasein der Goͤtter unter den Menschen eingefuͤhrt habe; so ist doch nicht zu zweifeln, daß Furcht ihnen zugleich ihre Altaͤre erbauen, und ihnen Opfer bringen halfen, um ihren Zorn gegen die Menschen zu besaͤnftigen.

Ohnerachtet jener Empfindung der Furcht und des Schreckens, die wir gewoͤhnlich bei Vorstellung einer wunderbaren Begebenheit in uns wahrneh-

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[94/0094] regt nie Empfindung des Erstaunens allein, wie andere erhabene Gegenstaͤnde pflegen, sondern wir nehmen zugleich ein Gefuͤhl von Furcht und Schrecken in uns wahr, sobald wir uns das Wunderbarerhabene in Verbindung mit jenen unsichtbaren Wesen denken. Der Grund von dieser besondern Art des Erstaunens liegt ohnstreitig darin, daß wir immer mehr geneigt sind, uns die Gottheit als die unmittelbare Ursach des Wunderbaren, von einer schrecklichen, als liebevollen Seite vorzustellen; weil wir fuͤhlen, daß keine Kraft unserer Natur zureichen wuͤrde, die Gewalt eines unsichtbaren Wesens aufzuhalten, wenn sie gegen uns gerichtet wuͤrde, und weil wir sogleich immer an andre schreckliche Begebenheiten denken, die ehemals von der Gottheit die Menschen zu bestrafen, veranstaltet wurden, und diese Jdeen zusammengenommen zwingen uns die Furcht ab, die wir empfinden, wenn wir die Gottheit gleichsam vor unsern Augen in wunderbaren Begebenheiten handeln sehen. Wenn auch darin der Dichter nicht Recht haben sollte, daß die Furcht zuerst den Glauben an das Dasein der Goͤtter unter den Menschen eingefuͤhrt habe; so ist doch nicht zu zweifeln, daß Furcht ihnen zugleich ihre Altaͤre erbauen, und ihnen Opfer bringen halfen, um ihren Zorn gegen die Menschen zu besaͤnftigen. Ohnerachtet jener Empfindung der Furcht und des Schreckens, die wir gewoͤhnlich bei Vorstellung einer wunderbaren Begebenheit in uns wahrneh-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/94>, abgerufen am 24.11.2024.