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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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gläubig
gewesen, und was er einmal für wahr angenommen hatte, das war kein Mensch im Stande ihm wieder auszureden. Sehr widrige Schicksale hat er, soviel ich weiß, nie gehabt, ausser daß ihm die Erziehung seiner Kinder in vorigen Zeiten wol einigen Kummer mag gemacht haben. Etwas argwöhnisch und mißtrauisch gegen andere Leute, ist er immer gewesen. Auch alsdenn, wenn ihm am Tage, oder zur Nachtzeit die Jdee in den Kopf kommt, daß er umgebracht werden sollte, und er darüber die größte Angst aussteht, also ist er doch sehr furchtsam, daß seine Vorgesetzten solches erfahren mögten. Wenn ihm andre, aus Gutherzigkeit etwas zu essen geben, und nicht recht freundlich dabei aussehen, so ißt er es nicht, weil er glaubt, man wolle ihn vergiften. --

Donndorf.

V. Von der Beschaffenheit einiger unserer Gesichtsbegriffe.

Den größten Theil unserer Vorstellungen bekommen wir durch Hülfe der Augen, und man kann mit Recht sagen, daß sie die ersten und vornehmsten Lehrmeister des menschlichen Verstandes gewesen sind, weil wir uns nicht vorstellen können, daß


glaͤubig
gewesen, und was er einmal fuͤr wahr angenommen hatte, das war kein Mensch im Stande ihm wieder auszureden. Sehr widrige Schicksale hat er, soviel ich weiß, nie gehabt, ausser daß ihm die Erziehung seiner Kinder in vorigen Zeiten wol einigen Kummer mag gemacht haben. Etwas argwoͤhnisch und mißtrauisch gegen andere Leute, ist er immer gewesen. Auch alsdenn, wenn ihm am Tage, oder zur Nachtzeit die Jdee in den Kopf kommt, daß er umgebracht werden sollte, und er daruͤber die groͤßte Angst aussteht, also ist er doch sehr furchtsam, daß seine Vorgesetzten solches erfahren moͤgten. Wenn ihm andre, aus Gutherzigkeit etwas zu essen geben, und nicht recht freundlich dabei aussehen, so ißt er es nicht, weil er glaubt, man wolle ihn vergiften. —

Donndorf.

V. Von der Beschaffenheit einiger unserer Gesichtsbegriffe.

Den groͤßten Theil unserer Vorstellungen bekommen wir durch Huͤlfe der Augen, und man kann mit Recht sagen, daß sie die ersten und vornehmsten Lehrmeister des menschlichen Verstandes gewesen sind, weil wir uns nicht vorstellen koͤnnen, daß

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[48/0048] glaͤubig gewesen, und was er einmal fuͤr wahr angenommen hatte, das war kein Mensch im Stande ihm wieder auszureden. Sehr widrige Schicksale hat er, soviel ich weiß, nie gehabt, ausser daß ihm die Erziehung seiner Kinder in vorigen Zeiten wol einigen Kummer mag gemacht haben. Etwas argwoͤhnisch und mißtrauisch gegen andere Leute, ist er immer gewesen. Auch alsdenn, wenn ihm am Tage, oder zur Nachtzeit die Jdee in den Kopf kommt, daß er umgebracht werden sollte, und er daruͤber die groͤßte Angst aussteht, also ist er doch sehr furchtsam, daß seine Vorgesetzten solches erfahren moͤgten. Wenn ihm andre, aus Gutherzigkeit etwas zu essen geben, und nicht recht freundlich dabei aussehen, so ißt er es nicht, weil er glaubt, man wolle ihn vergiften. — Donndorf. V. Von der Beschaffenheit einiger unserer Gesichtsbegriffe. Den groͤßten Theil unserer Vorstellungen bekommen wir durch Huͤlfe der Augen, und man kann mit Recht sagen, daß sie die ersten und vornehmsten Lehrmeister des menschlichen Verstandes gewesen sind, weil wir uns nicht vorstellen koͤnnen, daß

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/48>, abgerufen am 24.11.2024.