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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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wieder erreicht, auf welchem sie stand, als der Knabe wirklich vor Augen war. Jrgend eine Aehnlichkeit der Empfindung veranlaßte die Seele, die damit vergesellschafteten Empfindungen und Vorstellungen zu gleicher Zeit hervorzubringen. Auch konnte dieser Eindruck darum zuerst wieder aufleben, weil er der letzte war, der sich tief eingepräget hatte. Jn der Körperwelt findet sich etwas analogisches. Manche Krankheiten bleiben in ihrer Entwickelung, wenn eine neue dazu kommt, so lange zurück, bis die neue Krankheit gehoben ist. Es giebt Personen, welche sich keines Traums in ihrem ganzen Leben zu erinnern wissen. Und doch ist höchst wahrscheinlich, daß ihre Seele nicht mit dem Körper ruhet. Sie haben zu schwache Vorstellungen im Schlaf, welche keine Spur in der Seele zurücklassen und beim Erwachen des Körpers durch die neuen Eindrücke mit einemmal verdrängt werden.

Jch füge noch einige merkwürdige Exempel dieser Art hinzu. Ein Schullehrer in Briezke bei Frankfurt an der Oder hatte mehrere Wochen an einem hitzigen Fieber darnieder gelegen. Sein Tod schien unvermeidlich zu seyn. Er starb endlich nach der Meinung der Umstehenden. Man brachte den vermeintlich entseelten Körper in eine Kammer aufs Stroh. Die Frau konnte mit ihren fünf Kindern vor Bedrübniß nicht im Hause bleiben, sondern begab sich zu einen Nachbar, schick-


wieder erreicht, auf welchem sie stand, als der Knabe wirklich vor Augen war. Jrgend eine Aehnlichkeit der Empfindung veranlaßte die Seele, die damit vergesellschafteten Empfindungen und Vorstellungen zu gleicher Zeit hervorzubringen. Auch konnte dieser Eindruck darum zuerst wieder aufleben, weil er der letzte war, der sich tief eingepraͤget hatte. Jn der Koͤrperwelt findet sich etwas analogisches. Manche Krankheiten bleiben in ihrer Entwickelung, wenn eine neue dazu kommt, so lange zuruͤck, bis die neue Krankheit gehoben ist. Es giebt Personen, welche sich keines Traums in ihrem ganzen Leben zu erinnern wissen. Und doch ist hoͤchst wahrscheinlich, daß ihre Seele nicht mit dem Koͤrper ruhet. Sie haben zu schwache Vorstellungen im Schlaf, welche keine Spur in der Seele zuruͤcklassen und beim Erwachen des Koͤrpers durch die neuen Eindruͤcke mit einemmal verdraͤngt werden.

Jch fuͤge noch einige merkwuͤrdige Exempel dieser Art hinzu. Ein Schullehrer in Briezke bei Frankfurt an der Oder hatte mehrere Wochen an einem hitzigen Fieber darnieder gelegen. Sein Tod schien unvermeidlich zu seyn. Er starb endlich nach der Meinung der Umstehenden. Man brachte den vermeintlich entseelten Koͤrper in eine Kammer aufs Stroh. Die Frau konnte mit ihren fuͤnf Kindern vor Bedruͤbniß nicht im Hause bleiben, sondern begab sich zu einen Nachbar, schick-

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[11/0011] wieder erreicht, auf welchem sie stand, als der Knabe wirklich vor Augen war. Jrgend eine Aehnlichkeit der Empfindung veranlaßte die Seele, die damit vergesellschafteten Empfindungen und Vorstellungen zu gleicher Zeit hervorzubringen. Auch konnte dieser Eindruck darum zuerst wieder aufleben, weil er der letzte war, der sich tief eingepraͤget hatte. Jn der Koͤrperwelt findet sich etwas analogisches. Manche Krankheiten bleiben in ihrer Entwickelung, wenn eine neue dazu kommt, so lange zuruͤck, bis die neue Krankheit gehoben ist. Es giebt Personen, welche sich keines Traums in ihrem ganzen Leben zu erinnern wissen. Und doch ist hoͤchst wahrscheinlich, daß ihre Seele nicht mit dem Koͤrper ruhet. Sie haben zu schwache Vorstellungen im Schlaf, welche keine Spur in der Seele zuruͤcklassen und beim Erwachen des Koͤrpers durch die neuen Eindruͤcke mit einemmal verdraͤngt werden. Jch fuͤge noch einige merkwuͤrdige Exempel dieser Art hinzu. Ein Schullehrer in Briezke bei Frankfurt an der Oder hatte mehrere Wochen an einem hitzigen Fieber darnieder gelegen. Sein Tod schien unvermeidlich zu seyn. Er starb endlich nach der Meinung der Umstehenden. Man brachte den vermeintlich entseelten Koͤrper in eine Kammer aufs Stroh. Die Frau konnte mit ihren fuͤnf Kindern vor Bedruͤbniß nicht im Hause bleiben, sondern begab sich zu einen Nachbar, schick-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/11>, abgerufen am 23.11.2024.