Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Nun wohnte ich mit ihm in einem Garten und es war im Frühlinge. Die Bäume fingen gerade an, Blätter zu gewinnen, und das erste junge Grün keimte auf dem Boden. Wir standen zusammen am Fenster. Jch habe schon von ihm erzählt, daß ihm durch Zeichen von seiner Mutter, schon in seiner Kindheit, fast alle religiösen Begriffe von Christo u.s.w. beigebracht waren. Da ich nun seine Pantomime wußte, wodurch er das Glauben bezeichnete, so wollte ich einen Versuch machen, ob wohl eine Art Ueberzeugung von diesen Dingen bei ihm statt fände. Jch machte also mit ausgebreiteten Armen, wie eines Gekreuzigten, die Pantomime, worunter er sich Christum dachte, und zeigte mit Kopfschütteln, und einer Bewegung der Hand, auf die Stirne, welche bei ihm so viel hieß, als: ich glaube nicht! Seine Antwort hierauf war, daß er mit ausgespreizten Fingern die Krallen des Teufels nachahmte, welcher mich wegen dieses Unglaubens hohlen würde.
Nun wohnte ich mit ihm in einem Garten und es war im Fruͤhlinge. Die Baͤume fingen gerade an, Blaͤtter zu gewinnen, und das erste junge Gruͤn keimte auf dem Boden. Wir standen zusammen am Fenster. Jch habe schon von ihm erzaͤhlt, daß ihm durch Zeichen von seiner Mutter, schon in seiner Kindheit, fast alle religioͤsen Begriffe von Christo u.s.w. beigebracht waren. Da ich nun seine Pantomime wußte, wodurch er das Glauben bezeichnete, so wollte ich einen Versuch machen, ob wohl eine Art Ueberzeugung von diesen Dingen bei ihm statt faͤnde. Jch machte also mit ausgebreiteten Armen, wie eines Gekreuzigten, die Pantomime, worunter er sich Christum dachte, und zeigte mit Kopfschuͤtteln, und einer Bewegung der Hand, auf die Stirne, welche bei ihm so viel hieß, als: ich glaube nicht! Seine Antwort hierauf war, daß er mit ausgespreizten Fingern die Krallen des Teufels nachahmte, welcher mich wegen dieses Unglaubens hohlen wuͤrde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0090" n="90"/><lb/> glaube nicht,</hi> so ist dieselbe Pantomime mit einer gewissen vernachlaͤßigenden oder wegwerfenden Bewegung der Hand verknuͤpft. </p> <p>Nun wohnte ich mit ihm in einem Garten und es war im Fruͤhlinge. Die Baͤume fingen gerade an, Blaͤtter zu gewinnen, und das erste junge Gruͤn keimte auf dem Boden. </p> <p>Wir standen zusammen am Fenster. Jch habe schon von ihm erzaͤhlt, daß ihm durch Zeichen von seiner Mutter, schon in seiner Kindheit, fast alle religioͤsen Begriffe von Christo u.s.w. beigebracht waren. </p> <p>Da ich nun seine Pantomime wußte, wodurch er das <hi rendition="#b">Glauben</hi> bezeichnete, so wollte ich einen Versuch machen, ob wohl eine Art Ueberzeugung von diesen Dingen bei ihm statt faͤnde. </p> <p>Jch machte also mit ausgebreiteten Armen, wie eines Gekreuzigten, die Pantomime, worunter er sich Christum dachte, und zeigte mit Kopfschuͤtteln, und einer Bewegung der Hand, auf die Stirne, welche bei ihm so viel hieß, als: <hi rendition="#b">ich glaube nicht!</hi></p> <p>Seine Antwort hierauf war, daß er mit ausgespreizten Fingern die Krallen des Teufels nachahmte, welcher mich wegen dieses Unglaubens hohlen wuͤrde. </p> <p><lb/> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0090]
glaube nicht, so ist dieselbe Pantomime mit einer gewissen vernachlaͤßigenden oder wegwerfenden Bewegung der Hand verknuͤpft.
Nun wohnte ich mit ihm in einem Garten und es war im Fruͤhlinge. Die Baͤume fingen gerade an, Blaͤtter zu gewinnen, und das erste junge Gruͤn keimte auf dem Boden.
Wir standen zusammen am Fenster. Jch habe schon von ihm erzaͤhlt, daß ihm durch Zeichen von seiner Mutter, schon in seiner Kindheit, fast alle religioͤsen Begriffe von Christo u.s.w. beigebracht waren.
Da ich nun seine Pantomime wußte, wodurch er das Glauben bezeichnete, so wollte ich einen Versuch machen, ob wohl eine Art Ueberzeugung von diesen Dingen bei ihm statt faͤnde.
Jch machte also mit ausgebreiteten Armen, wie eines Gekreuzigten, die Pantomime, worunter er sich Christum dachte, und zeigte mit Kopfschuͤtteln, und einer Bewegung der Hand, auf die Stirne, welche bei ihm so viel hieß, als: ich glaube nicht!
Seine Antwort hierauf war, daß er mit ausgespreizten Fingern die Krallen des Teufels nachahmte, welcher mich wegen dieses Unglaubens hohlen wuͤrde.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |