Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Um zehn Uhr erschien selbiger, verordnete Arzney und rieth ihm an, zu Hause zu bleiben, wozu er sich nicht verstehen wollte, indem er meynte, der Gebrauch des verschriebenen Mittels könne auch ausser dem Hause statt finden. Jch versetzte, er müsse dem Herrn Doktor folgen, und nahm ihn bei der Hand mit anhaltender Vorstellung; hierauf gerieth er in solche Hitze, daß er mir auf die Hand schlug, spukte, und ihn vor Zorn der Schaum vor dem Mund stand, mit der beständigen Weigerung nicht zu Hause zu bleiben, zuletzt sprang er auf, ergrif den Fensterflügel und wollte hinausspringen, ja in der Hitze faßte er ein auf dem Tisch liegendes Messer und drohete sich damit zu wehren, schmiß auch Tisch und Stühle um. Der Arzt besänftigte ihn einigermaßen, und es wurde zu dem neben uns wohnenden Geistlichen geschickt, für den er von jeher Achtung und Liebe geheget hatte. Wie der kam, und ihn umarmte, so empfing er ihn gerührt, und weinte heftig, versprach zu folgen und wollte mit ihm allein sprechen. Nachdem der Arzt weggegangen war, so gingen wir aus dem Zimmer, und er erzählte dem Geistlichen die erwähnte Geschichte seines Unglaubens, schob mit die Schuld auf mich, wie ich ihn von früher Jugend an, weder zu Religionsbegriffen, noch Bibellesen und Beten angehalten hätte --
Um zehn Uhr erschien selbiger, verordnete Arzney und rieth ihm an, zu Hause zu bleiben, wozu er sich nicht verstehen wollte, indem er meynte, der Gebrauch des verschriebenen Mittels koͤnne auch ausser dem Hause statt finden. Jch versetzte, er muͤsse dem Herrn Doktor folgen, und nahm ihn bei der Hand mit anhaltender Vorstellung; hierauf gerieth er in solche Hitze, daß er mir auf die Hand schlug, spukte, und ihn vor Zorn der Schaum vor dem Mund stand, mit der bestaͤndigen Weigerung nicht zu Hause zu bleiben, zuletzt sprang er auf, ergrif den Fensterfluͤgel und wollte hinausspringen, ja in der Hitze faßte er ein auf dem Tisch liegendes Messer und drohete sich damit zu wehren, schmiß auch Tisch und Stuͤhle um. Der Arzt besaͤnftigte ihn einigermaßen, und es wurde zu dem neben uns wohnenden Geistlichen geschickt, fuͤr den er von jeher Achtung und Liebe geheget hatte. Wie der kam, und ihn umarmte, so empfing er ihn geruͤhrt, und weinte heftig, versprach zu folgen und wollte mit ihm allein sprechen. Nachdem der Arzt weggegangen war, so gingen wir aus dem Zimmer, und er erzaͤhlte dem Geistlichen die erwaͤhnte Geschichte seines Unglaubens, schob mit die Schuld auf mich, wie ich ihn von fruͤher Jugend an, weder zu Religionsbegriffen, noch Bibellesen und Beten angehalten haͤtte — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0027" n="27"/><lb/> ten, bis der Arzt da gewesen sey, der den Morgen kam. </p> <p>Um zehn Uhr erschien selbiger, verordnete Arzney und rieth ihm an, zu Hause zu bleiben, wozu er sich nicht verstehen wollte, indem er meynte, der Gebrauch des verschriebenen Mittels koͤnne auch ausser dem Hause statt finden. Jch versetzte, er muͤsse dem Herrn Doktor folgen, und nahm ihn bei der Hand mit anhaltender Vorstellung; hierauf gerieth er in solche Hitze, daß er mir auf die Hand schlug, spukte, und ihn vor Zorn der Schaum vor dem Mund stand, mit der bestaͤndigen Weigerung nicht zu Hause zu bleiben, zuletzt sprang er auf, ergrif den Fensterfluͤgel und wollte hinausspringen, ja in der Hitze faßte er ein auf dem Tisch liegendes Messer und drohete sich damit zu wehren, schmiß auch Tisch und Stuͤhle um. </p> <p>Der Arzt besaͤnftigte ihn einigermaßen, und es wurde zu dem neben uns wohnenden Geistlichen geschickt, fuͤr den er von jeher Achtung und Liebe geheget hatte. Wie der kam, und ihn umarmte, so empfing er ihn geruͤhrt, und weinte heftig, versprach zu folgen und wollte mit ihm allein sprechen. </p> <p>Nachdem der Arzt weggegangen war, so gingen wir aus dem Zimmer, und er erzaͤhlte dem Geistlichen die erwaͤhnte Geschichte seines Unglaubens, schob mit die Schuld auf mich, wie ich ihn von fruͤher Jugend an, weder zu Religionsbegriffen, noch Bibellesen und Beten angehalten haͤtte —<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0027]
ten, bis der Arzt da gewesen sey, der den Morgen kam.
Um zehn Uhr erschien selbiger, verordnete Arzney und rieth ihm an, zu Hause zu bleiben, wozu er sich nicht verstehen wollte, indem er meynte, der Gebrauch des verschriebenen Mittels koͤnne auch ausser dem Hause statt finden. Jch versetzte, er muͤsse dem Herrn Doktor folgen, und nahm ihn bei der Hand mit anhaltender Vorstellung; hierauf gerieth er in solche Hitze, daß er mir auf die Hand schlug, spukte, und ihn vor Zorn der Schaum vor dem Mund stand, mit der bestaͤndigen Weigerung nicht zu Hause zu bleiben, zuletzt sprang er auf, ergrif den Fensterfluͤgel und wollte hinausspringen, ja in der Hitze faßte er ein auf dem Tisch liegendes Messer und drohete sich damit zu wehren, schmiß auch Tisch und Stuͤhle um.
Der Arzt besaͤnftigte ihn einigermaßen, und es wurde zu dem neben uns wohnenden Geistlichen geschickt, fuͤr den er von jeher Achtung und Liebe geheget hatte. Wie der kam, und ihn umarmte, so empfing er ihn geruͤhrt, und weinte heftig, versprach zu folgen und wollte mit ihm allein sprechen.
Nachdem der Arzt weggegangen war, so gingen wir aus dem Zimmer, und er erzaͤhlte dem Geistlichen die erwaͤhnte Geschichte seines Unglaubens, schob mit die Schuld auf mich, wie ich ihn von fruͤher Jugend an, weder zu Religionsbegriffen, noch Bibellesen und Beten angehalten haͤtte —
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/27>, abgerufen am 17.02.2025. |