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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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Nachtrag zur Seelenkrankheitskunde.
I. Ein neuer Werther. Auszug aus einem Briefe.

Nunmehr machen Sie sich gefast, die traurige Geschichte des L .....*) ganz ausführlich, und dabey Sachen zu hören, die über alle Jhre Erwartung gehen.


*) Dieser L..... war schon in seinem achtzehnten Lebensjahre durch allerlei Ausschweifungen sehr berüchtigt. Da er seinen Eltern die ängstlichsten Sorgen verursacht hatte, wurde er nach Berlin geschickt. Hier betrug er sich eine Zeitlang gut, alsdann fing er wieder an, auszuschweifen, schlich sich auch einmal des Nachts aus dem Hause weg, worin er in Pension war, und ging in ein H...haus. Als er hier alles zugesetzt hatte, lieh er eine Pistole, kaufte Pulver und Schrot und ging in die Hasenheide, um sich zu erschießen. Er saß auf der Erde, hatte das Pulver vor sich liegen, und wollte die Pistole zubereiten, als ein Funke ins Pulver fiel, welches aufflog, und ihn versengte. Ganz betäubt von Schreck fiel er um, sah aber einen Mann, den er bat, nach seinem Hause zu gehen, und zu bitten, daß man ihn in einer Kutsche abholen möchte, welches auch geschahe. Ein halbes Jahr nachher erschoß er sich wirklich, wie in diesem Briefe des Herrn K. R. Sch. beschrieben steht.

Nachtrag zur Seelenkrankheitskunde.
I. Ein neuer Werther. Auszug aus einem Briefe.

Nunmehr machen Sie sich gefast, die traurige Geschichte des L .....*) ganz ausfuͤhrlich, und dabey Sachen zu hoͤren, die uͤber alle Jhre Erwartung gehen.


*) Dieser L..... war schon in seinem achtzehnten Lebensjahre durch allerlei Ausschweifungen sehr beruͤchtigt. Da er seinen Eltern die aͤngstlichsten Sorgen verursacht hatte, wurde er nach Berlin geschickt. Hier betrug er sich eine Zeitlang gut, alsdann fing er wieder an, auszuschweifen, schlich sich auch einmal des Nachts aus dem Hause weg, worin er in Pension war, und ging in ein H...haus. Als er hier alles zugesetzt hatte, lieh er eine Pistole, kaufte Pulver und Schrot und ging in die Hasenheide, um sich zu erschießen. Er saß auf der Erde, hatte das Pulver vor sich liegen, und wollte die Pistole zubereiten, als ein Funke ins Pulver fiel, welches aufflog, und ihn versengte. Ganz betaͤubt von Schreck fiel er um, sah aber einen Mann, den er bat, nach seinem Hause zu gehen, und zu bitten, daß man ihn in einer Kutsche abholen moͤchte, welches auch geschahe. Ein halbes Jahr nachher erschoß er sich wirklich, wie in diesem Briefe des Herrn K. R. Sch. beschrieben steht.
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[115/0115] Nachtrag zur Seelenkrankheitskunde. I. Ein neuer Werther. Auszug aus einem Briefe. Nunmehr machen Sie sich gefast, die traurige Geschichte des L .....*) ganz ausfuͤhrlich, und dabey Sachen zu hoͤren, die uͤber alle Jhre Erwartung gehen. *) Dieser L..... war schon in seinem achtzehnten Lebensjahre durch allerlei Ausschweifungen sehr beruͤchtigt. Da er seinen Eltern die aͤngstlichsten Sorgen verursacht hatte, wurde er nach Berlin geschickt. Hier betrug er sich eine Zeitlang gut, alsdann fing er wieder an, auszuschweifen, schlich sich auch einmal des Nachts aus dem Hause weg, worin er in Pension war, und ging in ein H...haus. Als er hier alles zugesetzt hatte, lieh er eine Pistole, kaufte Pulver und Schrot und ging in die Hasenheide, um sich zu erschießen. Er saß auf der Erde, hatte das Pulver vor sich liegen, und wollte die Pistole zubereiten, als ein Funke ins Pulver fiel, welches aufflog, und ihn versengte. Ganz betaͤubt von Schreck fiel er um, sah aber einen Mann, den er bat, nach seinem Hause zu gehen, und zu bitten, daß man ihn in einer Kutsche abholen moͤchte, welches auch geschahe. Ein halbes Jahr nachher erschoß er sich wirklich, wie in diesem Briefe des Herrn K. R. Sch. beschrieben steht.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/115>, abgerufen am 28.11.2024.