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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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ken, als z.B. Tod, Krankheit, Trennung von den Seinigen oder denen, die ihm lieb sind, Geburtstagsfeier, ein ausserordentlicher Spaziergang, eine einsame Unterredung an einem besonderen Orte u.s.w. die Nebenumstände, die Hülle, in der etwas gekleidet ist, thun nach den Gesetzen der Einbildungskraft öfters das meiste, und ein konkreter Fall, eine Fabel, eine Geschichte und Erzählung sind für das Kind mehr werth, als tausend abstrackte Wahrheiten, für die es keinen Sinn hat. Es abstrahirt zwar seit dem ersten Tag seines Lebens, macht bald Schlüsse, ohne es zu wissen: aber das ist etwas anders; daran ist mehrentheils Sprache, Redegebrauch und Nachahmung schuld.

Drittens. Wie behutsam muß man bei der Wahl der ersten Eindrücke und Bilder seyn, die man, soviel es in unsrer Gewalt steht, in ihnen rege macht und ihnen vor die Seele führt! Wie viel Vorsichtigkeitsregeln sind dabei zu beobachten, weil dergleichen Eindrücke in spätern Jahren sehr oft unerklärbare Neigungen, Abneigungen, Launen und Gewohnheiten erzeugen, und sich nicht selten in unerkannte Motive zu Handlungen formiren! Schon daraus, wenns auch an sich nicht schon schädlich wäre, erhellet, wie sehr man sich in Acht nehmen müsse, Kindern unschickliche und schreckhafte Vor-


ken, als z.B. Tod, Krankheit, Trennung von den Seinigen oder denen, die ihm lieb sind, Geburtstagsfeier, ein ausserordentlicher Spaziergang, eine einsame Unterredung an einem besonderen Orte u.s.w. die Nebenumstaͤnde, die Huͤlle, in der etwas gekleidet ist, thun nach den Gesetzen der Einbildungskraft oͤfters das meiste, und ein konkreter Fall, eine Fabel, eine Geschichte und Erzaͤhlung sind fuͤr das Kind mehr werth, als tausend abstrackte Wahrheiten, fuͤr die es keinen Sinn hat. Es abstrahirt zwar seit dem ersten Tag seines Lebens, macht bald Schluͤsse, ohne es zu wissen: aber das ist etwas anders; daran ist mehrentheils Sprache, Redegebrauch und Nachahmung schuld.

Drittens. Wie behutsam muß man bei der Wahl der ersten Eindruͤcke und Bilder seyn, die man, soviel es in unsrer Gewalt steht, in ihnen rege macht und ihnen vor die Seele fuͤhrt! Wie viel Vorsichtigkeitsregeln sind dabei zu beobachten, weil dergleichen Eindruͤcke in spaͤtern Jahren sehr oft unerklaͤrbare Neigungen, Abneigungen, Launen und Gewohnheiten erzeugen, und sich nicht selten in unerkannte Motive zu Handlungen formiren! Schon daraus, wenns auch an sich nicht schon schaͤdlich waͤre, erhellet, wie sehr man sich in Acht nehmen muͤsse, Kindern unschickliche und schreckhafte Vor-

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[110/0110] ken, als z.B. Tod, Krankheit, Trennung von den Seinigen oder denen, die ihm lieb sind, Geburtstagsfeier, ein ausserordentlicher Spaziergang, eine einsame Unterredung an einem besonderen Orte u.s.w. die Nebenumstaͤnde, die Huͤlle, in der etwas gekleidet ist, thun nach den Gesetzen der Einbildungskraft oͤfters das meiste, und ein konkreter Fall, eine Fabel, eine Geschichte und Erzaͤhlung sind fuͤr das Kind mehr werth, als tausend abstrackte Wahrheiten, fuͤr die es keinen Sinn hat. Es abstrahirt zwar seit dem ersten Tag seines Lebens, macht bald Schluͤsse, ohne es zu wissen: aber das ist etwas anders; daran ist mehrentheils Sprache, Redegebrauch und Nachahmung schuld. Drittens. Wie behutsam muß man bei der Wahl der ersten Eindruͤcke und Bilder seyn, die man, soviel es in unsrer Gewalt steht, in ihnen rege macht und ihnen vor die Seele fuͤhrt! Wie viel Vorsichtigkeitsregeln sind dabei zu beobachten, weil dergleichen Eindruͤcke in spaͤtern Jahren sehr oft unerklaͤrbare Neigungen, Abneigungen, Launen und Gewohnheiten erzeugen, und sich nicht selten in unerkannte Motive zu Handlungen formiren! Schon daraus, wenns auch an sich nicht schon schaͤdlich waͤre, erhellet, wie sehr man sich in Acht nehmen muͤsse, Kindern unschickliche und schreckhafte Vor-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/110>, abgerufen am 28.11.2024.