Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Selbst die bei diesem zweiten Verhör widerholte Tortur, da er mit der Schraube auf dem linken Bein zu zweienmalen und sein Leib an unterschiedenen Orten derselben Seite, besonders auch der grosse Zehen des torquirten Fusses mit brennendem Schwefel gemartert wurde, konnte kein anders, ja nicht einmal das Geständniß, wie er diese That für Sünde hielte und sie bereuete, von ihm erpressen, weil er solche noch stets für einen Antrieb und Werk Gottes achtete, dem er nicht widerstehen können. Nunmehro wurden auch des Jnquisiten Schwiegermutter, Anna Schönermarken, und seine Ehegattin, Sophia von Nessen, von den dazu abgeordneten Räthen in ihrer Behausung über einige, besonders die Veranlassung dieses Verbrechens betreffende Fragen vernommen, welche jedoch nichts weiter darauf zu antworten wußten, als daß er in seinen vorherigen Anfällen und um diese Zeit grosse Herzensangst empfunden; daß er immer und noch an dem Morgen, wie die That geschehen, mit gottseligen Gedanken und Ge-
Selbst die bei diesem zweiten Verhoͤr widerholte Tortur, da er mit der Schraube auf dem linken Bein zu zweienmalen und sein Leib an unterschiedenen Orten derselben Seite, besonders auch der grosse Zehen des torquirten Fusses mit brennendem Schwefel gemartert wurde, konnte kein anders, ja nicht einmal das Gestaͤndniß, wie er diese That fuͤr Suͤnde hielte und sie bereuete, von ihm erpressen, weil er solche noch stets fuͤr einen Antrieb und Werk Gottes achtete, dem er nicht widerstehen koͤnnen. Nunmehro wurden auch des Jnquisiten Schwiegermutter, Anna Schoͤnermarken, und seine Ehegattin, Sophia von Nessen, von den dazu abgeordneten Raͤthen in ihrer Behausung uͤber einige, besonders die Veranlassung dieses Verbrechens betreffende Fragen vernommen, welche jedoch nichts weiter darauf zu antworten wußten, als daß er in seinen vorherigen Anfaͤllen und um diese Zeit grosse Herzensangst empfunden; daß er immer und noch an dem Morgen, wie die That geschehen, mit gottseligen Gedanken und Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0011" n="11"/><lb/> schehen; er wuͤßte gar wohl, daß es Suͤnde und wider Gottes Gebot waͤre, jemanden am Leibe, Leben oder Gut zu beschaͤdigen, jedoch waͤre dieses ein <hi rendition="#aq">extraordinarium,</hi> eine goͤttliche Eingebung und Befehl, dessen Vollziehung er durch sein oͤfteres Beten von sich nicht abwenden koͤnnen. </p> <p>Selbst die bei diesem zweiten Verhoͤr widerholte Tortur, da er mit der Schraube auf dem linken Bein zu zweienmalen und sein Leib an unterschiedenen Orten derselben Seite, besonders auch der grosse Zehen des torquirten Fusses mit brennendem Schwefel gemartert wurde, konnte kein anders, ja nicht einmal das Gestaͤndniß, wie er diese That fuͤr Suͤnde hielte und sie bereuete, von ihm erpressen, weil er solche noch stets fuͤr einen Antrieb und Werk Gottes achtete, dem er nicht widerstehen koͤnnen. </p> <p>Nunmehro wurden auch des Jnquisiten Schwiegermutter, Anna Schoͤnermarken, und seine Ehegattin, Sophia von Nessen, von den dazu abgeordneten Raͤthen in ihrer Behausung uͤber einige, besonders die Veranlassung dieses Verbrechens betreffende Fragen vernommen, welche jedoch nichts weiter darauf zu antworten wußten, als daß er in seinen vorherigen Anfaͤllen und um diese Zeit grosse Herzensangst empfunden; daß er immer und noch an dem Morgen, wie die That geschehen, mit gottseligen Gedanken und Ge-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
schehen; er wuͤßte gar wohl, daß es Suͤnde und wider Gottes Gebot waͤre, jemanden am Leibe, Leben oder Gut zu beschaͤdigen, jedoch waͤre dieses ein extraordinarium, eine goͤttliche Eingebung und Befehl, dessen Vollziehung er durch sein oͤfteres Beten von sich nicht abwenden koͤnnen.
Selbst die bei diesem zweiten Verhoͤr widerholte Tortur, da er mit der Schraube auf dem linken Bein zu zweienmalen und sein Leib an unterschiedenen Orten derselben Seite, besonders auch der grosse Zehen des torquirten Fusses mit brennendem Schwefel gemartert wurde, konnte kein anders, ja nicht einmal das Gestaͤndniß, wie er diese That fuͤr Suͤnde hielte und sie bereuete, von ihm erpressen, weil er solche noch stets fuͤr einen Antrieb und Werk Gottes achtete, dem er nicht widerstehen koͤnnen.
Nunmehro wurden auch des Jnquisiten Schwiegermutter, Anna Schoͤnermarken, und seine Ehegattin, Sophia von Nessen, von den dazu abgeordneten Raͤthen in ihrer Behausung uͤber einige, besonders die Veranlassung dieses Verbrechens betreffende Fragen vernommen, welche jedoch nichts weiter darauf zu antworten wußten, als daß er in seinen vorherigen Anfaͤllen und um diese Zeit grosse Herzensangst empfunden; daß er immer und noch an dem Morgen, wie die That geschehen, mit gottseligen Gedanken und Ge-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/11>, abgerufen am 16.07.2024. |