geringen Dorfe, wohnhaft, wo er auch am Ende Novembers oder im Anfang December 1709 ehelich geboren worden*), ist der Mann, mit dem ich das Publikum bekannt machen möchte, da er noch zur Zeit in einem 75 jährigen Alter lebet, folglich ein jeder noch im Stande ist, sich von der Wahrheit meiner Angaben weiter zu überzeugen. Jch bin von 1777 bis 1780 viertehalb Jahr in der Stadt Waldeck, davon jenes Dörfchen nur eine halbe Stunde entfernet ist, Rektor, und zugleich Pastor zweyer nahegelegenen Dörfer gewesen. Dieses hat mir Gelegenheit gegeben, den Mann genau kennen zu lernen, von dem ich hier rede. Er führt ein unbescholtenes christliches Leben, und hat in seinem niedrigen Stande ein würklich ehrwürdiges Ansehen. Sein bescheidenes Wesen, sein guter natürlicher Verstand, vermöge dessen er im gemeinen Umgange mit jedermann wohl zu reden weiß, sein offenes ehrliches Gesicht, seine im Alter noch gerade Statur, seine grauen Haare: alles dieses nimmt für ihn ein. Wahrscheinlich ist in ihm ein guter rechtschaffener Prediger der Kirche verdorben, der wohl manchen seiner Zeitgenossen an Geschicklichkeit weit übertroffen haben würde. Er nähret sich hauptsächlich vom Korbflechten und Strohdachdecken, und lebt in einer unfruchtbargebliebenen Ehe. Was ihn aber vor vielen tau-
*) Er wurde am 2ten December 1709 getauft.
geringen Dorfe, wohnhaft, wo er auch am Ende Novembers oder im Anfang December 1709 ehelich geboren worden*), ist der Mann, mit dem ich das Publikum bekannt machen moͤchte, da er noch zur Zeit in einem 75 jaͤhrigen Alter lebet, folglich ein jeder noch im Stande ist, sich von der Wahrheit meiner Angaben weiter zu uͤberzeugen. Jch bin von 1777 bis 1780 viertehalb Jahr in der Stadt Waldeck, davon jenes Doͤrfchen nur eine halbe Stunde entfernet ist, Rektor, und zugleich Pastor zweyer nahegelegenen Doͤrfer gewesen. Dieses hat mir Gelegenheit gegeben, den Mann genau kennen zu lernen, von dem ich hier rede. Er fuͤhrt ein unbescholtenes christliches Leben, und hat in seinem niedrigen Stande ein wuͤrklich ehrwuͤrdiges Ansehen. Sein bescheidenes Wesen, sein guter natuͤrlicher Verstand, vermoͤge dessen er im gemeinen Umgange mit jedermann wohl zu reden weiß, sein offenes ehrliches Gesicht, seine im Alter noch gerade Statur, seine grauen Haare: alles dieses nimmt fuͤr ihn ein. Wahrscheinlich ist in ihm ein guter rechtschaffener Prediger der Kirche verdorben, der wohl manchen seiner Zeitgenossen an Geschicklichkeit weit uͤbertroffen haben wuͤrde. Er naͤhret sich hauptsaͤchlich vom Korbflechten und Strohdachdecken, und lebt in einer unfruchtbargebliebenen Ehe. Was ihn aber vor vielen tau-
*) Er wurde am 2ten December 1709 getauft.
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geringen Dorfe, wohnhaft, wo er auch am Ende Novembers oder im Anfang December 1709 ehelich geboren worden*) , ist der Mann, mit dem ich das Publikum bekannt machen moͤchte, da er noch zur Zeit in einem 75 jaͤhrigen Alter lebet, folglich ein jeder noch im Stande ist, sich von der Wahrheit meiner Angaben weiter zu uͤberzeugen. Jch bin von 1777 bis 1780 viertehalb Jahr in der Stadt Waldeck, davon jenes Doͤrfchen nur eine halbe Stunde entfernet ist, Rektor, und zugleich Pastor zweyer nahegelegenen Doͤrfer gewesen. Dieses hat mir Gelegenheit gegeben, den Mann genau kennen zu lernen, von dem ich hier rede. Er fuͤhrt ein unbescholtenes christliches Leben, und hat in seinem niedrigen Stande ein wuͤrklich ehrwuͤrdiges Ansehen. Sein bescheidenes Wesen, sein guter natuͤrlicher Verstand, vermoͤge dessen er im gemeinen Umgange mit jedermann wohl zu reden weiß, sein offenes ehrliches Gesicht, seine im Alter noch gerade Statur, seine grauen Haare: alles dieses nimmt fuͤr ihn ein. Wahrscheinlich ist in ihm ein guter rechtschaffener Prediger der Kirche verdorben, der wohl manchen seiner Zeitgenossen an Geschicklichkeit weit uͤbertroffen haben wuͤrde. Er naͤhret sich hauptsaͤchlich vom Korbflechten und Strohdachdecken, und lebt in einer unfruchtbargebliebenen Ehe. Was ihn aber vor vielen tau-
*) Er wurde am 2ten December 1709 getauft.
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/44>, abgerufen am 17.02.2025.
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