Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.Zur Seelenzeichenkunde. Nebeneinanderstellung jugendlicher Charaktere. Es ist wahrlich für einen Lehrer, der es gut mit seinen Schülern meint, sehr angenehm, wenn er bemerkt, daß diejenigen, die ihm beim ersten Anschein durch ihre Minen und durch ihr ganzes Aeusseres; oder durch Aufführung und Fleiß mehr als etwas Gemeines und Gewöhnliches zu versprechen scheinen, immer auf dem guten Wege weiter gehn, und seine Vermuthungen immer gegründeter machen. Daß ihm die gegenseitigen Bemerkungen kränkend und traurig seyn müssen, ist freilich auch wahr; aber es bleibt doch immer noch Hofnung übrig, daß durch irgend ein Etwas in der Folge -- es sey später oder früher -- eine glückliche Umändrung bewirkt werden könnte. Und diese Hofnung hat bei mir immer das Uebergewicht über die Besorgniß, daß der Bessere eben so leicht verführt und schlimmer werden könnte. **, der erste, von dem ich im zweiten Stücke des ersten Bandes des Mag. zur Erfahrungsseelenkunde einige Züge seines Charakters, oder vielmehr seiner itzigen Anlagen und Denkungsart anführte, geht noch immer seinen graden Weg fort. Es ver- Zur Seelenzeichenkunde. Nebeneinanderstellung jugendlicher Charaktere. Es ist wahrlich fuͤr einen Lehrer, der es gut mit seinen Schuͤlern meint, sehr angenehm, wenn er bemerkt, daß diejenigen, die ihm beim ersten Anschein durch ihre Minen und durch ihr ganzes Aeusseres; oder durch Auffuͤhrung und Fleiß mehr als etwas Gemeines und Gewoͤhnliches zu versprechen scheinen, immer auf dem guten Wege weiter gehn, und seine Vermuthungen immer gegruͤndeter machen. Daß ihm die gegenseitigen Bemerkungen kraͤnkend und traurig seyn muͤssen, ist freilich auch wahr; aber es bleibt doch immer noch Hofnung uͤbrig, daß durch irgend ein Etwas in der Folge — es sey spaͤter oder fruͤher — eine gluͤckliche Umaͤndrung bewirkt werden koͤnnte. Und diese Hofnung hat bei mir immer das Uebergewicht uͤber die Besorgniß, daß der Bessere eben so leicht verfuͤhrt und schlimmer werden koͤnnte. **, der erste, von dem ich im zweiten Stuͤcke des ersten Bandes des Mag. zur Erfahrungsseelenkunde einige Zuͤge seines Charakters, oder vielmehr seiner itzigen Anlagen und Denkungsart anfuͤhrte, geht noch immer seinen graden Weg fort. Es ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0109" n="107"/><lb/><lb/> </div> </div> <div n="2"> <head>Zur Seelenzeichenkunde.</head><lb/> <div n="3"> <head>Nebeneinanderstellung jugendlicher Charaktere.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref88"><note type="editorial"/>Seidel, Johann Friedrich</persName> </bibl> </note> <p>Es ist wahrlich fuͤr einen Lehrer, der es gut mit seinen Schuͤlern meint, sehr angenehm, wenn er bemerkt, daß diejenigen, die ihm beim ersten Anschein durch ihre Minen und durch ihr ganzes Aeusseres; oder durch Auffuͤhrung und Fleiß mehr als etwas Gemeines und Gewoͤhnliches zu versprechen scheinen, immer auf dem guten Wege weiter gehn, und seine Vermuthungen immer gegruͤndeter machen. </p> <p>Daß ihm die gegenseitigen Bemerkungen kraͤnkend und traurig seyn muͤssen, ist freilich auch wahr; aber es bleibt doch immer noch Hofnung uͤbrig, daß durch irgend ein Etwas in der Folge — es sey spaͤter oder fruͤher — eine gluͤckliche Umaͤndrung bewirkt werden koͤnnte. Und diese Hofnung hat bei mir immer das Uebergewicht uͤber die Besorgniß, daß der Bessere eben so leicht verfuͤhrt und schlimmer werden koͤnnte. </p> <p>**, der erste, von dem ich im zweiten Stuͤcke des ersten Bandes des Mag. zur Erfahrungsseelenkunde einige Zuͤge seines Charakters, oder vielmehr seiner itzigen Anlagen und Denkungsart anfuͤhrte, geht noch immer seinen graden Weg fort. Es ver-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0109]
Zur Seelenzeichenkunde.
Nebeneinanderstellung jugendlicher Charaktere.
Es ist wahrlich fuͤr einen Lehrer, der es gut mit seinen Schuͤlern meint, sehr angenehm, wenn er bemerkt, daß diejenigen, die ihm beim ersten Anschein durch ihre Minen und durch ihr ganzes Aeusseres; oder durch Auffuͤhrung und Fleiß mehr als etwas Gemeines und Gewoͤhnliches zu versprechen scheinen, immer auf dem guten Wege weiter gehn, und seine Vermuthungen immer gegruͤndeter machen.
Daß ihm die gegenseitigen Bemerkungen kraͤnkend und traurig seyn muͤssen, ist freilich auch wahr; aber es bleibt doch immer noch Hofnung uͤbrig, daß durch irgend ein Etwas in der Folge — es sey spaͤter oder fruͤher — eine gluͤckliche Umaͤndrung bewirkt werden koͤnnte. Und diese Hofnung hat bei mir immer das Uebergewicht uͤber die Besorgniß, daß der Bessere eben so leicht verfuͤhrt und schlimmer werden koͤnnte.
**, der erste, von dem ich im zweiten Stuͤcke des ersten Bandes des Mag. zur Erfahrungsseelenkunde einige Zuͤge seines Charakters, oder vielmehr seiner itzigen Anlagen und Denkungsart anfuͤhrte, geht noch immer seinen graden Weg fort. Es ver-
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