Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


her versicherten, ziemlich zusammenhängend deklamirt habe.

Zwei Wagenpferde, die ich nun nicht brauchen konnte, ließ ich mit einigen Vortheil an den General von Rothkirch (den ich nur gesehn hatte) verkaufen; ein Reitpferd behielt ich, um nach meinem Aufkommen vom Reiten Nutzen zu haben.

Die in meiner Einbildung gegenwärtigen Freunde besuchten mich; da konnte es denn nicht fehlen, daß mein Komplimentiren meine Wärter nicht zum Lachen bewegt hätte.

Daß mein Vater gar nicht kam, that mir sehr weh, und vielleicht erinnert sich der Doktor Knape noch, wie oft ich ihm mit meinen Klagen hierüber beschwerlich gewesen bin.

Vierzehn Tage lag ich in dieser Raserey. Ein einzigesmal hatte ich wenige Augenblicke, in denen ich, ohne einen Zusatz von falschen Jdeen, an Gott und meinen Zustand dachte.

Die Krankheit ließ nach, ich hatte mein völliges Bewußtseyn wieder, war schon von Zeit zu Zeit aufgestanden, als mich an einem Morgen mein Wirth besuchte.

Unser Gespräch hatte schon lange gedauert, da ich fragte: Haben Sie nicht gehört, wie sich mein Vater befindet? -- Der Mann erschrack heftig und schien schon auf Sicherheit bedacht zu seyn, als ich ihn lachend beim Ermel faßte: "bleiben Sie doch, warum befremdet Sie diese Frage?"



her versicherten, ziemlich zusammenhaͤngend deklamirt habe.

Zwei Wagenpferde, die ich nun nicht brauchen konnte, ließ ich mit einigen Vortheil an den General von Rothkirch (den ich nur gesehn hatte) verkaufen; ein Reitpferd behielt ich, um nach meinem Aufkommen vom Reiten Nutzen zu haben.

Die in meiner Einbildung gegenwaͤrtigen Freunde besuchten mich; da konnte es denn nicht fehlen, daß mein Komplimentiren meine Waͤrter nicht zum Lachen bewegt haͤtte.

Daß mein Vater gar nicht kam, that mir sehr weh, und vielleicht erinnert sich der Doktor Knape noch, wie oft ich ihm mit meinen Klagen hieruͤber beschwerlich gewesen bin.

Vierzehn Tage lag ich in dieser Raserey. Ein einzigesmal hatte ich wenige Augenblicke, in denen ich, ohne einen Zusatz von falschen Jdeen, an Gott und meinen Zustand dachte.

Die Krankheit ließ nach, ich hatte mein voͤlliges Bewußtseyn wieder, war schon von Zeit zu Zeit aufgestanden, als mich an einem Morgen mein Wirth besuchte.

Unser Gespraͤch hatte schon lange gedauert, da ich fragte: Haben Sie nicht gehoͤrt, wie sich mein Vater befindet? ― Der Mann erschrack heftig und schien schon auf Sicherheit bedacht zu seyn, als ich ihn lachend beim Ermel faßte: »bleiben Sie doch, warum befremdet Sie diese Frage?«


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0007" n="7"/><lb/>
her versicherten, ziemlich zusammenha&#x0364;ngend deklamirt habe. </p>
            <p>Zwei Wagenpferde, die ich nun nicht brauchen konnte, ließ ich mit einigen                         Vortheil an den General von Rothkirch (den ich nur gesehn hatte) verkaufen;                         ein Reitpferd behielt ich, um nach meinem Aufkommen vom Reiten Nutzen zu                         haben. </p>
            <p>Die in meiner Einbildung gegenwa&#x0364;rtigen Freunde besuchten mich; da konnte es                         denn nicht fehlen, daß mein Komplimentiren meine Wa&#x0364;rter nicht zum Lachen                         bewegt ha&#x0364;tte. </p>
            <p>Daß mein Vater gar nicht kam, that mir sehr weh, und vielleicht erinnert sich                         der Doktor <persName ref="#ref0104"><note type="editorial">Knape, Christoph</note>Knape</persName>                         noch, wie oft ich ihm mit meinen Klagen hieru&#x0364;ber beschwerlich gewesen bin. </p>
            <p>Vierzehn Tage lag ich in dieser Raserey. Ein einzigesmal hatte ich wenige                         Augenblicke, in denen ich, ohne einen Zusatz von falschen Jdeen, an Gott und                         meinen Zustand dachte. </p>
            <p>Die Krankheit ließ nach, ich hatte mein vo&#x0364;lliges Bewußtseyn wieder, war schon                         von Zeit zu Zeit aufgestanden, als mich an einem Morgen mein Wirth besuchte. </p>
            <p>Unser Gespra&#x0364;ch hatte schon lange gedauert, da ich fragte: Haben Sie nicht                         geho&#x0364;rt, wie sich mein Vater befindet? &#x2015; Der Mann erschrack heftig und schien                         schon auf Sicherheit bedacht zu seyn, als ich ihn lachend beim Ermel faßte:                         »bleiben Sie doch, warum befremdet Sie diese Frage?« </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0007] her versicherten, ziemlich zusammenhaͤngend deklamirt habe. Zwei Wagenpferde, die ich nun nicht brauchen konnte, ließ ich mit einigen Vortheil an den General von Rothkirch (den ich nur gesehn hatte) verkaufen; ein Reitpferd behielt ich, um nach meinem Aufkommen vom Reiten Nutzen zu haben. Die in meiner Einbildung gegenwaͤrtigen Freunde besuchten mich; da konnte es denn nicht fehlen, daß mein Komplimentiren meine Waͤrter nicht zum Lachen bewegt haͤtte. Daß mein Vater gar nicht kam, that mir sehr weh, und vielleicht erinnert sich der Doktor Knape noch, wie oft ich ihm mit meinen Klagen hieruͤber beschwerlich gewesen bin. Vierzehn Tage lag ich in dieser Raserey. Ein einzigesmal hatte ich wenige Augenblicke, in denen ich, ohne einen Zusatz von falschen Jdeen, an Gott und meinen Zustand dachte. Die Krankheit ließ nach, ich hatte mein voͤlliges Bewußtseyn wieder, war schon von Zeit zu Zeit aufgestanden, als mich an einem Morgen mein Wirth besuchte. Unser Gespraͤch hatte schon lange gedauert, da ich fragte: Haben Sie nicht gehoͤrt, wie sich mein Vater befindet? ― Der Mann erschrack heftig und schien schon auf Sicherheit bedacht zu seyn, als ich ihn lachend beim Ermel faßte: »bleiben Sie doch, warum befremdet Sie diese Frage?«

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/7
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/7>, abgerufen am 21.11.2024.