Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.
N** Schwester nahm immer ohne zu fragen: woher? und nach drei ganzen Jahren, nachdem man mich zu vielen Diebstählen an meinen armen Eltern verleitet hatte -- war ich immer noch weit vom Ziel entfernt. -- Dieß zog eine andre schlimme Folge nach sich: ich fing an die Selbstbefleckung zu treiben: denn meine Triebe verlangten Befriedigung, weil sie durch den Widerstand desto stärker wurden. -- Mein Vater kam am Ende hinter meine Streiche, und zwang mich durch harte Mittel das Haus zu meiden, das ihm so viel gekostet hatte. -- Und doch bin ich nicht der Einzige, mit welchem sie so gespielt hat. Den Sohn eines -- hat sie durch ähnliche Streiche so weit gebracht, daß ihn sein Vater fortjagte und -- enterbte. Die Bekanntschaft mit der Schwester war zwar nun aufgehoben, allein mit dem Bruder dauerte sie noch. So lange er etwas bei mir merkte, verließ er mich nicht. Er kannte meine Triebe und lenkte sie bald durch seine Vermittelung auf ei-
N** Schwester nahm immer ohne zu fragen: woher? und nach drei ganzen Jahren, nachdem man mich zu vielen Diebstaͤhlen an meinen armen Eltern verleitet hatte ― war ich immer noch weit vom Ziel entfernt. ― Dieß zog eine andre schlimme Folge nach sich: ich fing an die Selbstbefleckung zu treiben: denn meine Triebe verlangten Befriedigung, weil sie durch den Widerstand desto staͤrker wurden. ― Mein Vater kam am Ende hinter meine Streiche, und zwang mich durch harte Mittel das Haus zu meiden, das ihm so viel gekostet hatte. ― Und doch bin ich nicht der Einzige, mit welchem sie so gespielt hat. Den Sohn eines ― hat sie durch aͤhnliche Streiche so weit gebracht, daß ihn sein Vater fortjagte und ― enterbte. Die Bekanntschaft mit der Schwester war zwar nun aufgehoben, allein mit dem Bruder dauerte sie noch. So lange er etwas bei mir merkte, verließ er mich nicht. Er kannte meine Triebe und lenkte sie bald durch seine Vermittelung auf ei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0051" n="51"/><lb/> mein Ziel zu erreichen. Jch klagte ihrem Bruder das, was mich druͤckte. Er wußte bald Rath, denn er rieth mir, etwas von meiner Eltern Sachen, die sie nicht sogleich wuͤßten, zu verkaufen. Mein Vater hatte ziemlich gute Buͤcher, und uͤber diese geriethen wir. Er verkaufte sie; brachte mir dafuͤr was er wollte, und ― fuͤr das uͤbrige kauften wir einige Galanterien, und was uͤbrig blieb, wurde vernascht. </p> <p>N** Schwester nahm immer ohne zu fragen: woher? und nach drei ganzen Jahren, nachdem man mich zu vielen Diebstaͤhlen an meinen armen Eltern verleitet hatte ― war ich immer noch weit vom Ziel entfernt. ― Dieß zog eine andre schlimme Folge nach sich: ich fing an die Selbstbefleckung zu treiben: denn meine Triebe verlangten Befriedigung, weil sie durch den Widerstand desto staͤrker wurden. ― </p> <p>Mein Vater kam am Ende hinter meine Streiche, und zwang mich durch harte Mittel das Haus zu meiden, das ihm so viel gekostet hatte. ― Und doch bin ich nicht der Einzige, mit welchem sie so gespielt hat. Den Sohn eines ― hat sie durch aͤhnliche Streiche so weit gebracht, daß ihn sein Vater fortjagte und ― enterbte. </p> <p>Die Bekanntschaft mit der Schwester war zwar nun aufgehoben, allein mit dem Bruder dauerte sie noch. So lange er etwas bei mir merkte, verließ er mich nicht. Er kannte meine Triebe und lenkte sie bald durch seine Vermittelung auf ei-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0051]
mein Ziel zu erreichen. Jch klagte ihrem Bruder das, was mich druͤckte. Er wußte bald Rath, denn er rieth mir, etwas von meiner Eltern Sachen, die sie nicht sogleich wuͤßten, zu verkaufen. Mein Vater hatte ziemlich gute Buͤcher, und uͤber diese geriethen wir. Er verkaufte sie; brachte mir dafuͤr was er wollte, und ― fuͤr das uͤbrige kauften wir einige Galanterien, und was uͤbrig blieb, wurde vernascht.
N** Schwester nahm immer ohne zu fragen: woher? und nach drei ganzen Jahren, nachdem man mich zu vielen Diebstaͤhlen an meinen armen Eltern verleitet hatte ― war ich immer noch weit vom Ziel entfernt. ― Dieß zog eine andre schlimme Folge nach sich: ich fing an die Selbstbefleckung zu treiben: denn meine Triebe verlangten Befriedigung, weil sie durch den Widerstand desto staͤrker wurden. ―
Mein Vater kam am Ende hinter meine Streiche, und zwang mich durch harte Mittel das Haus zu meiden, das ihm so viel gekostet hatte. ― Und doch bin ich nicht der Einzige, mit welchem sie so gespielt hat. Den Sohn eines ― hat sie durch aͤhnliche Streiche so weit gebracht, daß ihn sein Vater fortjagte und ― enterbte.
Die Bekanntschaft mit der Schwester war zwar nun aufgehoben, allein mit dem Bruder dauerte sie noch. So lange er etwas bei mir merkte, verließ er mich nicht. Er kannte meine Triebe und lenkte sie bald durch seine Vermittelung auf ei-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/51>, abgerufen am 26.07.2024. |