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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

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Der Tag kam, der unser Schicksal entscheiden sollte. Den Abend vorher kam der Kaufmann, und meldete meinem Vater: er könnte das Geld nicht zahlen, weil er das Geld, worauf er gerechnet hätte, nicht einbekommen. Denken Sie sich unsren Schreck, und das Entsetzliche, daß unser wartete. Diese Nacht war eine erschreckliche Nacht für uns. Unter Seufzern und Thränen und Händeringen wurde es endlich Tag. Mein Vater ging nun vor Gericht -- und durch einen gewissen Gerichts-Consulenten erstand der Kaufmann das ganze Werk für 530 Rthlr. Mein Vater protestirte und erzählte die ganze Sache -- allein man hieß ihn schweigen. Das Geld wurde gezahlt, die Creditores befriediget, und ein Ueberschuß von etlichen 30 Rthlrn. meinem Vater eingehändiget. Ein entsetzlicher Abschlag von einem Werk, das beinahe 1200 Rthlr. gekostet hatte!

Wir alle schauderten, als mein Vater zu Hause kam, und uns nun den Mann, auf den wir uns so sicher verlassen hatten, näher kennen lehrte. Jn der Folge sahen wir es noch besser ein: denn ein Vierteljahr darnach mußten wir heraus, und er war so hart, daß er uns nicht einmal die Obst-Erndte noch überließ, sondern sie sogleich im Ganzen für 50 Rthlr. verkaufte. -- Acht Tage nach diesem schrecklichen Tage kam ein gewisser P., der es noch nicht wußte, daß das Werk nicht mehr unser war, und bot meinem Vater 1000 Rthlr. Wie


Der Tag kam, der unser Schicksal entscheiden sollte. Den Abend vorher kam der Kaufmann, und meldete meinem Vater: er koͤnnte das Geld nicht zahlen, weil er das Geld, worauf er gerechnet haͤtte, nicht einbekommen. Denken Sie sich unsren Schreck, und das Entsetzliche, daß unser wartete. Diese Nacht war eine erschreckliche Nacht fuͤr uns. Unter Seufzern und Thraͤnen und Haͤnderingen wurde es endlich Tag. Mein Vater ging nun vor Gericht ― und durch einen gewissen Gerichts-Consulenten erstand der Kaufmann das ganze Werk fuͤr 530 Rthlr. Mein Vater protestirte und erzaͤhlte die ganze Sache ― allein man hieß ihn schweigen. Das Geld wurde gezahlt, die Creditores befriediget, und ein Ueberschuß von etlichen 30 Rthlrn. meinem Vater eingehaͤndiget. Ein entsetzlicher Abschlag von einem Werk, das beinahe 1200 Rthlr. gekostet hatte!

Wir alle schauderten, als mein Vater zu Hause kam, und uns nun den Mann, auf den wir uns so sicher verlassen hatten, naͤher kennen lehrte. Jn der Folge sahen wir es noch besser ein: denn ein Vierteljahr darnach mußten wir heraus, und er war so hart, daß er uns nicht einmal die Obst-Erndte noch uͤberließ, sondern sie sogleich im Ganzen fuͤr 50 Rthlr. verkaufte. ― Acht Tage nach diesem schrecklichen Tage kam ein gewisser P., der es noch nicht wußte, daß das Werk nicht mehr unser war, und bot meinem Vater 1000 Rthlr. Wie

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[48/0048] Der Tag kam, der unser Schicksal entscheiden sollte. Den Abend vorher kam der Kaufmann, und meldete meinem Vater: er koͤnnte das Geld nicht zahlen, weil er das Geld, worauf er gerechnet haͤtte, nicht einbekommen. Denken Sie sich unsren Schreck, und das Entsetzliche, daß unser wartete. Diese Nacht war eine erschreckliche Nacht fuͤr uns. Unter Seufzern und Thraͤnen und Haͤnderingen wurde es endlich Tag. Mein Vater ging nun vor Gericht ― und durch einen gewissen Gerichts-Consulenten erstand der Kaufmann das ganze Werk fuͤr 530 Rthlr. Mein Vater protestirte und erzaͤhlte die ganze Sache ― allein man hieß ihn schweigen. Das Geld wurde gezahlt, die Creditores befriediget, und ein Ueberschuß von etlichen 30 Rthlrn. meinem Vater eingehaͤndiget. Ein entsetzlicher Abschlag von einem Werk, das beinahe 1200 Rthlr. gekostet hatte! Wir alle schauderten, als mein Vater zu Hause kam, und uns nun den Mann, auf den wir uns so sicher verlassen hatten, naͤher kennen lehrte. Jn der Folge sahen wir es noch besser ein: denn ein Vierteljahr darnach mußten wir heraus, und er war so hart, daß er uns nicht einmal die Obst-Erndte noch uͤberließ, sondern sie sogleich im Ganzen fuͤr 50 Rthlr. verkaufte. ― Acht Tage nach diesem schrecklichen Tage kam ein gewisser P., der es noch nicht wußte, daß das Werk nicht mehr unser war, und bot meinem Vater 1000 Rthlr. Wie

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/48>, abgerufen am 21.11.2024.