Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


Bösewicht aus Grundsätzen wurde -- denn dazu hatte ich zuviel gutes Herz -- aber doch immer ein Spiel der Leidenschaften war, die mich immer wie ein Strom mit sich fortrissen. --

Nach vielen vergeblichen Bemühungen von Seiten meines Vaters Geld zu borgen; nach den dringendsten Vorstellungen bei seinem Bruder, der ein wohlhabender Mann ist, ihm das Geld vorzustrecken, damit er es hernach aus freier Hand hätte verkaufen können, und der es vielleicht gethan hätte, wäre seine Familie ihm nicht zuwider gewesen -- erfuhr er endlich, daß ein gewisser Kaufmann Gelder ausleihen wollte. Er ging zu ihm und besprach sich mit ihm; dieser kam und besahe es: es gefiel ihm. Kurz er versprach es meinem Vater. Noch waren drei Termine und der letzte -- der Adjudications-Termin. Auf diesen wollte er das Geld zahlen. Zutraulich verließ sich mein Vater auf sein Wort, und schlug ein andres Anerbieten, das ihm gethan war -- zuversichtlich aus. Mein Vater machte nunmehro schon wieder Anschläge, wie er sein künftiges Hauswesen einrichten, und die unnöthigen Ausgaben einschränken wollte. Er faßte Entschließungen unsertwegen. Mein Bruder wählte, da er älter war, die Jubelierkunst, und zeigte darinnen viel Talente; ich war damals vierzehn Jahr, und noch war ich unentschlossen, auch war es immer noch nicht zu spät.



Boͤsewicht aus Grundsaͤtzen wurde ― denn dazu hatte ich zuviel gutes Herz ― aber doch immer ein Spiel der Leidenschaften war, die mich immer wie ein Strom mit sich fortrissen. ―

Nach vielen vergeblichen Bemuͤhungen von Seiten meines Vaters Geld zu borgen; nach den dringendsten Vorstellungen bei seinem Bruder, der ein wohlhabender Mann ist, ihm das Geld vorzustrecken, damit er es hernach aus freier Hand haͤtte verkaufen koͤnnen, und der es vielleicht gethan haͤtte, waͤre seine Familie ihm nicht zuwider gewesen ― erfuhr er endlich, daß ein gewisser Kaufmann Gelder ausleihen wollte. Er ging zu ihm und besprach sich mit ihm; dieser kam und besahe es: es gefiel ihm. Kurz er versprach es meinem Vater. Noch waren drei Termine und der letzte ― der Adjudications-Termin. Auf diesen wollte er das Geld zahlen. Zutraulich verließ sich mein Vater auf sein Wort, und schlug ein andres Anerbieten, das ihm gethan war ― zuversichtlich aus. Mein Vater machte nunmehro schon wieder Anschlaͤge, wie er sein kuͤnftiges Hauswesen einrichten, und die unnoͤthigen Ausgaben einschraͤnken wollte. Er faßte Entschließungen unsertwegen. Mein Bruder waͤhlte, da er aͤlter war, die Jubelierkunst, und zeigte darinnen viel Talente; ich war damals vierzehn Jahr, und noch war ich unentschlossen, auch war es immer noch nicht zu spaͤt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0047" n="47"/><lb/>
Bo&#x0364;sewicht aus Grundsa&#x0364;tzen wurde &#x2015; denn dazu hatte ich zuviel gutes Herz &#x2015;                         aber doch immer ein Spiel der Leidenschaften war, die mich immer wie ein                         Strom mit sich fortrissen. &#x2015; </p>
            <p>Nach vielen vergeblichen Bemu&#x0364;hungen von Seiten meines Vaters Geld zu borgen;                         nach den dringendsten Vorstellungen bei seinem Bruder, der ein wohlhabender                         Mann ist, ihm das Geld vorzustrecken, damit er es hernach aus freier Hand                         ha&#x0364;tte verkaufen ko&#x0364;nnen, und der es vielleicht gethan ha&#x0364;tte, wa&#x0364;re seine                         Familie ihm nicht zuwider gewesen &#x2015; erfuhr er endlich, daß ein gewisser                         Kaufmann Gelder ausleihen wollte. Er ging zu ihm und besprach sich mit ihm;                         dieser kam und besahe es: es gefiel ihm. Kurz er versprach es meinem Vater.                         Noch waren drei Termine und der letzte &#x2015; der Adjudications-Termin. Auf                         diesen wollte er das Geld zahlen. Zutraulich verließ sich mein Vater auf                         sein Wort, und schlug ein andres Anerbieten, das ihm gethan war &#x2015;                         zuversichtlich aus. Mein Vater machte nunmehro schon wieder Anschla&#x0364;ge, wie                         er sein ku&#x0364;nftiges Hauswesen einrichten, und die unno&#x0364;thigen Ausgaben                         einschra&#x0364;nken wollte. Er faßte Entschließungen unsertwegen. Mein Bruder                         wa&#x0364;hlte, da er a&#x0364;lter war, die Jubelierkunst, und zeigte darinnen viel                         Talente; ich war damals vierzehn Jahr, und noch war ich unentschlossen, auch                         war es immer noch nicht zu spa&#x0364;t. </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0047] Boͤsewicht aus Grundsaͤtzen wurde ― denn dazu hatte ich zuviel gutes Herz ― aber doch immer ein Spiel der Leidenschaften war, die mich immer wie ein Strom mit sich fortrissen. ― Nach vielen vergeblichen Bemuͤhungen von Seiten meines Vaters Geld zu borgen; nach den dringendsten Vorstellungen bei seinem Bruder, der ein wohlhabender Mann ist, ihm das Geld vorzustrecken, damit er es hernach aus freier Hand haͤtte verkaufen koͤnnen, und der es vielleicht gethan haͤtte, waͤre seine Familie ihm nicht zuwider gewesen ― erfuhr er endlich, daß ein gewisser Kaufmann Gelder ausleihen wollte. Er ging zu ihm und besprach sich mit ihm; dieser kam und besahe es: es gefiel ihm. Kurz er versprach es meinem Vater. Noch waren drei Termine und der letzte ― der Adjudications-Termin. Auf diesen wollte er das Geld zahlen. Zutraulich verließ sich mein Vater auf sein Wort, und schlug ein andres Anerbieten, das ihm gethan war ― zuversichtlich aus. Mein Vater machte nunmehro schon wieder Anschlaͤge, wie er sein kuͤnftiges Hauswesen einrichten, und die unnoͤthigen Ausgaben einschraͤnken wollte. Er faßte Entschließungen unsertwegen. Mein Bruder waͤhlte, da er aͤlter war, die Jubelierkunst, und zeigte darinnen viel Talente; ich war damals vierzehn Jahr, und noch war ich unentschlossen, auch war es immer noch nicht zu spaͤt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/47
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/47>, abgerufen am 11.12.2024.