Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.Kam ihm eines von diesen Dingen zu nahe, so stellte sich plötzlich der ganze Paroxismus ein, und zwar weit heftiger, als wenn er ungereitzt erschien. Auch bei lebhaften Gemälden, sie mochten seyn von welcher Art sie wollten, bekam er den Paroxismus, wenn er sie scharf anblickte. Selbst, da die Krankheit in etwas nachließ, mußte man doch immer noch grosse Präparationen machen, ehe er eine Person, die nicht sonst beständig um ihn war, vor sich ließ. So mußte ich, den er doch vorher genau kannte, und mit dem er immer in enger Verbindung stand, als ich ihn in der Mitte der Krankheit einst besuchte, doch noch zwei volle Stunden warten, ehe er mich vor sich ließ, ohnerachtet man es ihm vier Stunden vorher gesagt hatte, daß ich kommen würde; und auch da überfiel ihn bei meinem Anblick ein konvulsivischer Schrecken, bei dem es aber doch sein Bewenden hatte. Da sein Blut nach dem Zeugniß der Aerzte in der heftigsten widernatürlichsten Wallung war, so wollte man auf ihr Anrathen es versuchen, ob man ihm nicht durch Aderlassen einige Linderung verschaffen könnte; nun war aber die Frage, wie man es ihm beibringen sollte. Man versuchte es in einer seiner heitersten Stunden, ihn dazu zu bereden, allein er bezeigte dawider einen so entsetzlichen Abscheu, alle seine Gesichtszüge, seine Minen wurden so wild, daß, wenn Kam ihm eines von diesen Dingen zu nahe, so stellte sich ploͤtzlich der ganze Paroxismus ein, und zwar weit heftiger, als wenn er ungereitzt erschien. Auch bei lebhaften Gemaͤlden, sie mochten seyn von welcher Art sie wollten, bekam er den Paroxismus, wenn er sie scharf anblickte. Selbst, da die Krankheit in etwas nachließ, mußte man doch immer noch grosse Praͤparationen machen, ehe er eine Person, die nicht sonst bestaͤndig um ihn war, vor sich ließ. So mußte ich, den er doch vorher genau kannte, und mit dem er immer in enger Verbindung stand, als ich ihn in der Mitte der Krankheit einst besuchte, doch noch zwei volle Stunden warten, ehe er mich vor sich ließ, ohnerachtet man es ihm vier Stunden vorher gesagt hatte, daß ich kommen wuͤrde; und auch da uͤberfiel ihn bei meinem Anblick ein konvulsivischer Schrecken, bei dem es aber doch sein Bewenden hatte. Da sein Blut nach dem Zeugniß der Aerzte in der heftigsten widernatuͤrlichsten Wallung war, so wollte man auf ihr Anrathen es versuchen, ob man ihm nicht durch Aderlassen einige Linderung verschaffen koͤnnte; nun war aber die Frage, wie man es ihm beibringen sollte. Man versuchte es in einer seiner heitersten Stunden, ihn dazu zu bereden, allein er bezeigte dawider einen so entsetzlichen Abscheu, alle seine Gesichtszuͤge, seine Minen wurden so wild, daß, wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0016" n="16"/><lb/> <p>Kam ihm eines von diesen Dingen zu nahe, so stellte sich ploͤtzlich der ganze Paroxismus ein, und zwar weit heftiger, als wenn er ungereitzt erschien. </p> <p>Auch bei lebhaften Gemaͤlden, sie mochten seyn von welcher Art sie wollten, bekam er den Paroxismus, wenn er sie scharf anblickte. </p> <p>Selbst, da die Krankheit in etwas nachließ, mußte man doch immer noch grosse Praͤparationen machen, ehe er eine Person, die nicht sonst bestaͤndig um ihn war, vor sich ließ. </p> <p>So mußte ich, den er doch vorher genau kannte, und mit dem er immer in enger Verbindung stand, als ich ihn in der Mitte der Krankheit einst besuchte, doch noch zwei volle Stunden warten, ehe er mich vor sich ließ, ohnerachtet man es ihm vier Stunden vorher gesagt hatte, daß ich kommen wuͤrde; und auch da uͤberfiel ihn bei meinem Anblick ein konvulsivischer Schrecken, bei dem es aber doch sein Bewenden hatte. </p> <p>Da sein Blut nach dem Zeugniß der Aerzte in der heftigsten widernatuͤrlichsten Wallung war, so wollte man auf ihr Anrathen es versuchen, ob man ihm nicht durch Aderlassen einige Linderung verschaffen koͤnnte; nun war aber die Frage, wie man es ihm beibringen sollte. </p> <p>Man versuchte es in einer seiner heitersten Stunden, ihn dazu zu bereden, allein er bezeigte dawider einen so entsetzlichen Abscheu, alle seine Gesichtszuͤge, seine Minen wurden so wild, daß, wenn<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0016]
Kam ihm eines von diesen Dingen zu nahe, so stellte sich ploͤtzlich der ganze Paroxismus ein, und zwar weit heftiger, als wenn er ungereitzt erschien.
Auch bei lebhaften Gemaͤlden, sie mochten seyn von welcher Art sie wollten, bekam er den Paroxismus, wenn er sie scharf anblickte.
Selbst, da die Krankheit in etwas nachließ, mußte man doch immer noch grosse Praͤparationen machen, ehe er eine Person, die nicht sonst bestaͤndig um ihn war, vor sich ließ.
So mußte ich, den er doch vorher genau kannte, und mit dem er immer in enger Verbindung stand, als ich ihn in der Mitte der Krankheit einst besuchte, doch noch zwei volle Stunden warten, ehe er mich vor sich ließ, ohnerachtet man es ihm vier Stunden vorher gesagt hatte, daß ich kommen wuͤrde; und auch da uͤberfiel ihn bei meinem Anblick ein konvulsivischer Schrecken, bei dem es aber doch sein Bewenden hatte.
Da sein Blut nach dem Zeugniß der Aerzte in der heftigsten widernatuͤrlichsten Wallung war, so wollte man auf ihr Anrathen es versuchen, ob man ihm nicht durch Aderlassen einige Linderung verschaffen koͤnnte; nun war aber die Frage, wie man es ihm beibringen sollte.
Man versuchte es in einer seiner heitersten Stunden, ihn dazu zu bereden, allein er bezeigte dawider einen so entsetzlichen Abscheu, alle seine Gesichtszuͤge, seine Minen wurden so wild, daß, wenn
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/16>, abgerufen am 16.02.2025. |