Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.Dabei hatte er einen immer freien, offenen Geist, ein zum Verwundern lebhaftes und hitziges Temperament, das wohl zu seiner nachherigen Krankheit, wenigstens zur Verstärkung derselbigen, viel beigetragen haben mag. Es war gegen den Anfang des vorigen Sommers 1783, als er plötzlich über dem Mittagessen von einer Art von Brustkrampf überfallen wurde, wozu sich nachher ein Fieber schlug, das vier Wochen lang währte; und, da man nun einige Besserung zu verspüren glaubte, so brachen plötzlich in der Nacht die entsetzlichsten Konvulsionen aus, die vierundzwanzig Stunden lang ohne Aufhören mit einer beinahe unbegreiflichen Heftigkeit tobten. Und hier fängt nun die Krankheit auch in Rücksicht auf den Seelenzustand des Kranken an merkwürdig zu werden. Nachdem nemlich die Konvulsionen aufgehört hatten, fiel er in eine Hitze, in der er wieder mit entsetzlicher Heftigkeit phantasirte. Weil sich die Aerzte noch zu der Zeit, als er bloß ein Fieber ohne Konvulsionen hatte, verlauten ließen, es könnte, wenn das Fieber noch lange so hartnäckig anhalten würde, endlich eine Auszehrung daraus entstehen, und überdieß sein ganzes Nervensystem, ohnerachtet seiner Festigkeit, doch ausserordentlich reizbar war: so war der Gedanke des Todes ganz herrschend bei ihm geworden. Dabei hatte er einen immer freien, offenen Geist, ein zum Verwundern lebhaftes und hitziges Temperament, das wohl zu seiner nachherigen Krankheit, wenigstens zur Verstaͤrkung derselbigen, viel beigetragen haben mag. Es war gegen den Anfang des vorigen Sommers 1783, als er ploͤtzlich uͤber dem Mittagessen von einer Art von Brustkrampf uͤberfallen wurde, wozu sich nachher ein Fieber schlug, das vier Wochen lang waͤhrte; und, da man nun einige Besserung zu verspuͤren glaubte, so brachen ploͤtzlich in der Nacht die entsetzlichsten Konvulsionen aus, die vierundzwanzig Stunden lang ohne Aufhoͤren mit einer beinahe unbegreiflichen Heftigkeit tobten. Und hier faͤngt nun die Krankheit auch in Ruͤcksicht auf den Seelenzustand des Kranken an merkwuͤrdig zu werden. Nachdem nemlich die Konvulsionen aufgehoͤrt hatten, fiel er in eine Hitze, in der er wieder mit entsetzlicher Heftigkeit phantasirte. Weil sich die Aerzte noch zu der Zeit, als er bloß ein Fieber ohne Konvulsionen hatte, verlauten ließen, es koͤnnte, wenn das Fieber noch lange so hartnaͤckig anhalten wuͤrde, endlich eine Auszehrung daraus entstehen, und uͤberdieß sein ganzes Nervensystem, ohnerachtet seiner Festigkeit, doch ausserordentlich reizbar war: so war der Gedanke des Todes ganz herrschend bei ihm geworden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0013" n="13"/><lb/> <p>Dabei hatte er einen immer freien, offenen Geist, ein zum Verwundern lebhaftes und hitziges Temperament, das wohl zu seiner nachherigen Krankheit, wenigstens zur Verstaͤrkung derselbigen, viel beigetragen haben mag. </p> <p>Es war gegen den Anfang des vorigen Sommers 1783, als er ploͤtzlich uͤber dem Mittagessen von einer Art von Brustkrampf uͤberfallen wurde, wozu sich nachher ein Fieber schlug, das vier Wochen lang waͤhrte; und, da man nun einige Besserung zu verspuͤren glaubte, so brachen ploͤtzlich in der Nacht die entsetzlichsten Konvulsionen aus, die vierundzwanzig Stunden lang ohne Aufhoͤren mit einer beinahe unbegreiflichen Heftigkeit tobten. </p> <p>Und hier faͤngt nun die Krankheit auch in Ruͤcksicht auf den Seelenzustand des Kranken an merkwuͤrdig zu werden. </p> <p>Nachdem nemlich die Konvulsionen aufgehoͤrt hatten, fiel er in eine Hitze, in der er wieder mit entsetzlicher Heftigkeit phantasirte. Weil sich die Aerzte noch zu der Zeit, als er bloß ein Fieber ohne Konvulsionen hatte, verlauten ließen, es koͤnnte, wenn das Fieber noch lange so hartnaͤckig anhalten wuͤrde, endlich eine Auszehrung daraus entstehen, und uͤberdieß sein ganzes Nervensystem, ohnerachtet seiner Festigkeit, doch ausserordentlich reizbar war: so war der Gedanke des Todes ganz herrschend bei ihm geworden. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0013]
Dabei hatte er einen immer freien, offenen Geist, ein zum Verwundern lebhaftes und hitziges Temperament, das wohl zu seiner nachherigen Krankheit, wenigstens zur Verstaͤrkung derselbigen, viel beigetragen haben mag.
Es war gegen den Anfang des vorigen Sommers 1783, als er ploͤtzlich uͤber dem Mittagessen von einer Art von Brustkrampf uͤberfallen wurde, wozu sich nachher ein Fieber schlug, das vier Wochen lang waͤhrte; und, da man nun einige Besserung zu verspuͤren glaubte, so brachen ploͤtzlich in der Nacht die entsetzlichsten Konvulsionen aus, die vierundzwanzig Stunden lang ohne Aufhoͤren mit einer beinahe unbegreiflichen Heftigkeit tobten.
Und hier faͤngt nun die Krankheit auch in Ruͤcksicht auf den Seelenzustand des Kranken an merkwuͤrdig zu werden.
Nachdem nemlich die Konvulsionen aufgehoͤrt hatten, fiel er in eine Hitze, in der er wieder mit entsetzlicher Heftigkeit phantasirte. Weil sich die Aerzte noch zu der Zeit, als er bloß ein Fieber ohne Konvulsionen hatte, verlauten ließen, es koͤnnte, wenn das Fieber noch lange so hartnaͤckig anhalten wuͤrde, endlich eine Auszehrung daraus entstehen, und uͤberdieß sein ganzes Nervensystem, ohnerachtet seiner Festigkeit, doch ausserordentlich reizbar war: so war der Gedanke des Todes ganz herrschend bei ihm geworden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/13 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/13>, abgerufen am 16.02.2025. |