Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.Gegen neun Uhr, da die Arzeney noch immer nicht gewirkt hatte, bekam er entsetzliche Beängstigungen und Schmerzen, die ihm den Schweiß austrieben, und vieler Personen Gewalt nöthig machten, um ihn von gefährlichen Versteigungen, die er unternehmen wollte, abzuhalten. Einer der Aerzte wurde geholt, welcher darauf drang, daß sogleich mit Gewalt ein Klistier ihm beigebracht wurde. Sogleich wurde er etwas ruhig, und noch mehr, als dieß Klistier, und darauf auch das Vomitiv endlich gewirkt hatte. Er schlief bis gegen den andern Morgen mehrentheils ruhig. Diesen Tag über (den 5ten) war er völlig erwacht, und blieb länger im Wachen, als in den vorhergehenden Tagen. Er wußte nichts von allem, was er in dem Schlafwandeln bisher vorgenommen hatte, nichts von dem gestrigen Schmerz, den das Vomitiv ihm verursacht hatte, nichts von meinem und anderer Personen Besuchen, von den Briefen, die er geschrieben, und von seinem Klavierspielen. Man hatte die Unvorsichtigkeit gehabt, ihm den Jnhalt eines dieser Briefe zu sagen, über den betrübte er sich sehr, ohne große Ursache dazu zu haben. Ueber sein Klavierspielen verwunderte er sich, indem er die Stücke, die er so vortreflich gespielt, vorher beim völligen Wachen nie ohne die Noten Gegen neun Uhr, da die Arzeney noch immer nicht gewirkt hatte, bekam er entsetzliche Beaͤngstigungen und Schmerzen, die ihm den Schweiß austrieben, und vieler Personen Gewalt noͤthig machten, um ihn von gefaͤhrlichen Versteigungen, die er unternehmen wollte, abzuhalten. Einer der Aerzte wurde geholt, welcher darauf drang, daß sogleich mit Gewalt ein Klistier ihm beigebracht wurde. Sogleich wurde er etwas ruhig, und noch mehr, als dieß Klistier, und darauf auch das Vomitiv endlich gewirkt hatte. Er schlief bis gegen den andern Morgen mehrentheils ruhig. Diesen Tag uͤber (den 5ten) war er voͤllig erwacht, und blieb laͤnger im Wachen, als in den vorhergehenden Tagen. Er wußte nichts von allem, was er in dem Schlafwandeln bisher vorgenommen hatte, nichts von dem gestrigen Schmerz, den das Vomitiv ihm verursacht hatte, nichts von meinem und anderer Personen Besuchen, von den Briefen, die er geschrieben, und von seinem Klavierspielen. Man hatte die Unvorsichtigkeit gehabt, ihm den Jnhalt eines dieser Briefe zu sagen, uͤber den betruͤbte er sich sehr, ohne große Ursache dazu zu haben. Ueber sein Klavierspielen verwunderte er sich, indem er die Stuͤcke, die er so vortreflich gespielt, vorher beim voͤlligen Wachen nie ohne die Noten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0090" n="90"/><lb/> <p>Gegen neun Uhr, da die Arzeney noch immer nicht gewirkt hatte, bekam er entsetzliche Beaͤngstigungen und Schmerzen, die ihm den Schweiß austrieben, und vieler Personen Gewalt noͤthig machten, um ihn von gefaͤhrlichen Versteigungen, die er unternehmen wollte, abzuhalten.</p> <p>Einer der Aerzte wurde geholt, welcher darauf drang, daß sogleich mit Gewalt ein Klistier ihm beigebracht wurde. Sogleich wurde er etwas ruhig, und noch mehr, als dieß Klistier, und darauf auch das Vomitiv endlich gewirkt hatte. Er schlief bis gegen den andern Morgen mehrentheils ruhig.</p> <p>Diesen Tag uͤber (den 5ten) war er voͤllig erwacht, und blieb laͤnger im Wachen, als in den vorhergehenden Tagen. Er wußte nichts von allem, was er in dem Schlafwandeln bisher vorgenommen hatte, nichts von dem gestrigen Schmerz, den das Vomitiv ihm verursacht hatte, nichts von meinem und anderer Personen Besuchen, von den Briefen, die er geschrieben, und von seinem Klavierspielen.</p> <p>Man hatte die Unvorsichtigkeit gehabt, ihm den Jnhalt eines dieser Briefe zu sagen, uͤber den betruͤbte er sich sehr, ohne große Ursache dazu zu haben.</p> <p>Ueber sein Klavierspielen verwunderte er sich, indem er die Stuͤcke, die er so vortreflich gespielt, vorher beim voͤlligen Wachen nie ohne die Noten<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0090]
Gegen neun Uhr, da die Arzeney noch immer nicht gewirkt hatte, bekam er entsetzliche Beaͤngstigungen und Schmerzen, die ihm den Schweiß austrieben, und vieler Personen Gewalt noͤthig machten, um ihn von gefaͤhrlichen Versteigungen, die er unternehmen wollte, abzuhalten.
Einer der Aerzte wurde geholt, welcher darauf drang, daß sogleich mit Gewalt ein Klistier ihm beigebracht wurde. Sogleich wurde er etwas ruhig, und noch mehr, als dieß Klistier, und darauf auch das Vomitiv endlich gewirkt hatte. Er schlief bis gegen den andern Morgen mehrentheils ruhig.
Diesen Tag uͤber (den 5ten) war er voͤllig erwacht, und blieb laͤnger im Wachen, als in den vorhergehenden Tagen. Er wußte nichts von allem, was er in dem Schlafwandeln bisher vorgenommen hatte, nichts von dem gestrigen Schmerz, den das Vomitiv ihm verursacht hatte, nichts von meinem und anderer Personen Besuchen, von den Briefen, die er geschrieben, und von seinem Klavierspielen.
Man hatte die Unvorsichtigkeit gehabt, ihm den Jnhalt eines dieser Briefe zu sagen, uͤber den betruͤbte er sich sehr, ohne große Ursache dazu zu haben.
Ueber sein Klavierspielen verwunderte er sich, indem er die Stuͤcke, die er so vortreflich gespielt, vorher beim voͤlligen Wachen nie ohne die Noten
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/90>, abgerufen am 26.07.2024. |