Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


ein Gott und selbststehendes Wesen sey, meine Feder zu schwach, jedoch nicht ledern ist.

Daß pag. 313 der Herr von Tschirnhausen die Arzneykunst der Seele vor seinem Ende verbrant, daran seynd die medicinischen Vorurtheile schuld, er sollte das Staabsquartier der Seele rein ausbürsten, und den Leib kuriren, so könnte die Seele sich hierbei auch etwas zu gute thun.

Daß der Herr Doctor von Kopfschmerzen spricht, ist eben die Ursach, daß die Wache nicht wohl bestellt, Spionen und Untreu vorhanden, und alsdann der Körper vermögend ist, allerlei Jnfluenzien und Franzosen einzuquartieren; pag. 36 erwehnet der Herr Doctor den Sirach, dieses ist gewiß, aber auch zugleich die allervollkommenste Wahrheit, daß alle die, welche in die Hände derer Menschenschlächter fallen, ohnmöglich alle Sünder seyn können, und deswegen nennet Celsus die damaligen Medici, Bankerte, Hurenkinder, Spiegelärzte, Fegeteufel, welche auf dem Stuhl der Pestilenz sitzen.

Also soll es diesem Jahrhunderte zu der größten Ehre gereichen, wenn man die ganze hochgelahrte Mediciner in eine halbausgeleerte Nußschaale legen wird, wenn man aber den Herrn Doctor mit einbringen will, ist die ganze Nuß nothwendig, das verursachet die starke Schnecke und lederne Feder. Es wird mir also niemand übel nehmen, wann ich jetzt und fernerhin dem Weibe Jerobeams


ein Gott und selbststehendes Wesen sey, meine Feder zu schwach, jedoch nicht ledern ist.

Daß pag. 313 der Herr von Tschirnhausen die Arzneykunst der Seele vor seinem Ende verbrant, daran seynd die medicinischen Vorurtheile schuld, er sollte das Staabsquartier der Seele rein ausbuͤrsten, und den Leib kuriren, so koͤnnte die Seele sich hierbei auch etwas zu gute thun.

Daß der Herr Doctor von Kopfschmerzen spricht, ist eben die Ursach, daß die Wache nicht wohl bestellt, Spionen und Untreu vorhanden, und alsdann der Koͤrper vermoͤgend ist, allerlei Jnfluenzien und Franzosen einzuquartieren; pag. 36 erwehnet der Herr Doctor den Sirach, dieses ist gewiß, aber auch zugleich die allervollkommenste Wahrheit, daß alle die, welche in die Haͤnde derer Menschenschlaͤchter fallen, ohnmoͤglich alle Suͤnder seyn koͤnnen, und deswegen nennet Celsus die damaligen Medici, Bankerte, Hurenkinder, Spiegelaͤrzte, Fegeteufel, welche auf dem Stuhl der Pestilenz sitzen.

Also soll es diesem Jahrhunderte zu der groͤßten Ehre gereichen, wenn man die ganze hochgelahrte Mediciner in eine halbausgeleerte Nußschaale legen wird, wenn man aber den Herrn Doctor mit einbringen will, ist die ganze Nuß nothwendig, das verursachet die starke Schnecke und lederne Feder. Es wird mir also niemand uͤbel nehmen, wann ich jetzt und fernerhin dem Weibe Jerobeams

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0009" n="9"/><lb/>
ein Gott und selbststehendes Wesen sey,                         meine Feder zu schwach, jedoch nicht ledern ist.</p>
            <p>Daß pag. 313 der Herr von Tschirnhausen die <hi rendition="#b">Arzneykunst der                             Seele</hi> vor seinem Ende verbrant, daran seynd die medicinischen                         Vorurtheile schuld, er sollte <hi rendition="#b">das Staabsquartier der                             Seele</hi> rein ausbu&#x0364;rsten, und den Leib kuriren, so ko&#x0364;nnte die Seele                         sich hierbei auch etwas zu gute thun.</p>
            <p>Daß der Herr Doctor von Kopfschmerzen spricht, ist eben die Ursach, daß die                         Wache nicht wohl bestellt, Spionen und Untreu vorhanden, und alsdann der                         Ko&#x0364;rper vermo&#x0364;gend ist, allerlei Jnfluenzien und Franzosen einzuquartieren;                         pag. 36 erwehnet der Herr Doctor den Sirach, dieses ist gewiß, aber auch                         zugleich die allervollkommenste Wahrheit, daß alle die, welche in die Ha&#x0364;nde                         derer Menschenschla&#x0364;chter fallen, ohnmo&#x0364;glich alle Su&#x0364;nder seyn ko&#x0364;nnen, und                         deswegen nennet Celsus die damaligen Medici, Bankerte, Hurenkinder,                         Spiegela&#x0364;rzte, Fegeteufel, welche auf dem Stuhl der Pestilenz sitzen.</p>
            <p>Also soll es diesem Jahrhunderte zu der gro&#x0364;ßten Ehre gereichen, wenn man die                         ganze hochgelahrte Mediciner in eine halbausgeleerte Nußschaale legen wird,                         wenn man aber den Herrn Doctor mit einbringen will, ist die ganze Nuß                         nothwendig, das verursachet die starke Schnecke und lederne Feder. Es wird                         mir also niemand u&#x0364;bel nehmen, wann ich jetzt und fernerhin dem Weibe                         Jerobeams<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0009] ein Gott und selbststehendes Wesen sey, meine Feder zu schwach, jedoch nicht ledern ist. Daß pag. 313 der Herr von Tschirnhausen die Arzneykunst der Seele vor seinem Ende verbrant, daran seynd die medicinischen Vorurtheile schuld, er sollte das Staabsquartier der Seele rein ausbuͤrsten, und den Leib kuriren, so koͤnnte die Seele sich hierbei auch etwas zu gute thun. Daß der Herr Doctor von Kopfschmerzen spricht, ist eben die Ursach, daß die Wache nicht wohl bestellt, Spionen und Untreu vorhanden, und alsdann der Koͤrper vermoͤgend ist, allerlei Jnfluenzien und Franzosen einzuquartieren; pag. 36 erwehnet der Herr Doctor den Sirach, dieses ist gewiß, aber auch zugleich die allervollkommenste Wahrheit, daß alle die, welche in die Haͤnde derer Menschenschlaͤchter fallen, ohnmoͤglich alle Suͤnder seyn koͤnnen, und deswegen nennet Celsus die damaligen Medici, Bankerte, Hurenkinder, Spiegelaͤrzte, Fegeteufel, welche auf dem Stuhl der Pestilenz sitzen. Also soll es diesem Jahrhunderte zu der groͤßten Ehre gereichen, wenn man die ganze hochgelahrte Mediciner in eine halbausgeleerte Nußschaale legen wird, wenn man aber den Herrn Doctor mit einbringen will, ist die ganze Nuß nothwendig, das verursachet die starke Schnecke und lederne Feder. Es wird mir also niemand uͤbel nehmen, wann ich jetzt und fernerhin dem Weibe Jerobeams

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/9
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/9>, abgerufen am 18.12.2024.