Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Er sprach bisweilen in allerhand Sprachen. Vor einigen Tagen hielt er mit einem Gegner, den er im Kopfe hatte, eine lateinische Disputation über den Satz der Seele. Besonders aber sprach er viel Englisch; und hatte mit einer ihm verhaßten Person aus einer romantischen Geschichte in diesen seinen Träumen viel zu thun.

Beobachtungen über Herrn Ch. in seiner Krankheit.

Den 4ten Januar besuchte ich ihn wieder Nachmittags um vier Uhr, und blieb bis sechs Uhr bei ihm. Es fielen Auftritte derselben Art vor, wie Tags vorher. Er sprach einigemale mit Bildern seiner Phantasie für sich, öfter mit den Anwesenden und vernünftig. Die meiste Zeit sprach er nicht; sondern gab nur abgebrochne Laute von sich. Jmmer mit verschlossenen Augen spielte er auf dem Klavier, stimmte dasselbe, schlug Feuer, wobei er den Schwamm vors Ohr hielt, um an dem Knittern (er war mit Pulver eingerieben) zu hören, ob er brannte u.s.w.

Daß er bisweilen die Augen ein wenig öfnete, und einigen Schein der Gegenstände hatte, wurde nun durch einige Beobachtungen außer Zweifel gesetzt.

Auf vieles Zureden ließ er sich endlich bewegen, das Vomitiv einzunehmen, und weil die erste Portion nicht wirkte, nahm er es noch bey meiner Anwesenheit zum zweiten- und drittenmale.



Er sprach bisweilen in allerhand Sprachen. Vor einigen Tagen hielt er mit einem Gegner, den er im Kopfe hatte, eine lateinische Disputation uͤber den Satz der Seele. Besonders aber sprach er viel Englisch; und hatte mit einer ihm verhaßten Person aus einer romantischen Geschichte in diesen seinen Traͤumen viel zu thun.

Beobachtungen uͤber Herrn Ch. in seiner Krankheit.

Den 4ten Januar besuchte ich ihn wieder Nachmittags um vier Uhr, und blieb bis sechs Uhr bei ihm. Es fielen Auftritte derselben Art vor, wie Tags vorher. Er sprach einigemale mit Bildern seiner Phantasie fuͤr sich, oͤfter mit den Anwesenden und vernuͤnftig. Die meiste Zeit sprach er nicht; sondern gab nur abgebrochne Laute von sich. Jmmer mit verschlossenen Augen spielte er auf dem Klavier, stimmte dasselbe, schlug Feuer, wobei er den Schwamm vors Ohr hielt, um an dem Knittern (er war mit Pulver eingerieben) zu hoͤren, ob er brannte u.s.w.

Daß er bisweilen die Augen ein wenig oͤfnete, und einigen Schein der Gegenstaͤnde hatte, wurde nun durch einige Beobachtungen außer Zweifel gesetzt.

Auf vieles Zureden ließ er sich endlich bewegen, das Vomitiv einzunehmen, und weil die erste Portion nicht wirkte, nahm er es noch bey meiner Anwesenheit zum zweiten- und drittenmale.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0089" n="89"/><lb/>
            <p>Er sprach bisweilen in allerhand Sprachen. Vor einigen Tagen hielt er mit                         einem Gegner, den er im Kopfe hatte, eine lateinische Disputation u&#x0364;ber den                         Satz der Seele. Besonders aber sprach er viel Englisch; und hatte mit einer                         ihm verhaßten Person aus einer romantischen Geschichte in diesen seinen                         Tra&#x0364;umen viel zu thun.</p>
            <div n="4">
              <head>Beobachtungen u&#x0364;ber Herrn Ch. in seiner Krankheit.</head><lb/>
              <p>Den 4ten Januar besuchte ich ihn wieder Nachmittags um vier                         Uhr, und blieb bis sechs Uhr bei ihm. Es fielen Auftritte derselben Art vor,                         wie Tags vorher. Er sprach einigemale mit Bildern seiner Phantasie fu&#x0364;r sich,                         o&#x0364;fter mit den Anwesenden und vernu&#x0364;nftig. Die meiste Zeit sprach er nicht;                         sondern gab nur abgebrochne Laute von sich. Jmmer mit verschlossenen Augen                         spielte er auf dem Klavier, stimmte dasselbe, schlug Feuer, wobei er den                         Schwamm vors Ohr hielt, um an dem Knittern (er war mit Pulver eingerieben)                         zu ho&#x0364;ren, ob er brannte u.s.w.</p>
              <p> <hi rendition="#b">Daß er bisweilen die Augen ein wenig o&#x0364;fnete, und einigen                             Schein der Gegensta&#x0364;nde hatte, wurde nun durch einige Beobachtungen außer                             Zweifel gesetzt.</hi> </p>
              <p>Auf vieles Zureden ließ er sich endlich bewegen, das Vomitiv einzunehmen, und                         weil die erste Portion nicht wirkte, nahm er es noch bey meiner Anwesenheit                         zum zweiten- und drittenmale.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0089] Er sprach bisweilen in allerhand Sprachen. Vor einigen Tagen hielt er mit einem Gegner, den er im Kopfe hatte, eine lateinische Disputation uͤber den Satz der Seele. Besonders aber sprach er viel Englisch; und hatte mit einer ihm verhaßten Person aus einer romantischen Geschichte in diesen seinen Traͤumen viel zu thun. Beobachtungen uͤber Herrn Ch. in seiner Krankheit. Den 4ten Januar besuchte ich ihn wieder Nachmittags um vier Uhr, und blieb bis sechs Uhr bei ihm. Es fielen Auftritte derselben Art vor, wie Tags vorher. Er sprach einigemale mit Bildern seiner Phantasie fuͤr sich, oͤfter mit den Anwesenden und vernuͤnftig. Die meiste Zeit sprach er nicht; sondern gab nur abgebrochne Laute von sich. Jmmer mit verschlossenen Augen spielte er auf dem Klavier, stimmte dasselbe, schlug Feuer, wobei er den Schwamm vors Ohr hielt, um an dem Knittern (er war mit Pulver eingerieben) zu hoͤren, ob er brannte u.s.w. Daß er bisweilen die Augen ein wenig oͤfnete, und einigen Schein der Gegenstaͤnde hatte, wurde nun durch einige Beobachtungen außer Zweifel gesetzt. Auf vieles Zureden ließ er sich endlich bewegen, das Vomitiv einzunehmen, und weil die erste Portion nicht wirkte, nahm er es noch bey meiner Anwesenheit zum zweiten- und drittenmale.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/89
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/89>, abgerufen am 24.11.2024.