Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.Jch fragte ihn durch Gebehrden, welche keiner Zweideutigkeit unterworfen waren; augenblicklich war er mit der Antwort fertig. Hier ist sie: Er zeigte erst auf sich, darauf erniedrigte er sich zum Kinde von ohngefähr sechs bis sieben Jahren, mit Herablassung der Hand. Auf den Fingern zählte er mir neun Jahre ab. Dieses wäre Antwort gnug für mich gewesen. Jch habe aber behauptet, seine Seele könne keine andere als totale Jdeen haben, das ist: er könnte nicht eher glauben, mir geantwortet zu haben, als bis er alle mit diesem Unglück verknüpfte Umstände mir erzählt oder vielmehr nachgewiesen hätte. Hierauf bezeichnete er einen Ort, wo dieses bezeichnete Kind gestanden, ging zurück, stellte sich in Positur eines, der eine Flinte anleget, auf das Kind zielet, losschießet (indem er mit dem Munde einen Schlag erregte) und davon läuft. Er ging wieder an den Ort, wo er das Kind hingestellet hatte, zeigete, wie das Kind sich herumgewälzt und kläglich gethan hätte, wieß auf das rechte Ohr, that, als ob er aus dem Munde etwas kleines herausrisse und in die Hand nähme: er machte in der rechten Hand mit dem Finger der linken einen kleinen Zirkel, stellete sich, als ob er dieses Schrotkorn auf den Tisch würfe, wies nochmals auf seine Ohren, und machte mit beiden Hän- Jch fragte ihn durch Gebehrden, welche keiner Zweideutigkeit unterworfen waren; augenblicklich war er mit der Antwort fertig. Hier ist sie: Er zeigte erst auf sich, darauf erniedrigte er sich zum Kinde von ohngefaͤhr sechs bis sieben Jahren, mit Herablassung der Hand. Auf den Fingern zaͤhlte er mir neun Jahre ab. Dieses waͤre Antwort gnug fuͤr mich gewesen. Jch habe aber behauptet, seine Seele koͤnne keine andere als totale Jdeen haben, das ist: er koͤnnte nicht eher glauben, mir geantwortet zu haben, als bis er alle mit diesem Ungluͤck verknuͤpfte Umstaͤnde mir erzaͤhlt oder vielmehr nachgewiesen haͤtte. Hierauf bezeichnete er einen Ort, wo dieses bezeichnete Kind gestanden, ging zuruͤck, stellte sich in Positur eines, der eine Flinte anleget, auf das Kind zielet, losschießet (indem er mit dem Munde einen Schlag erregte) und davon laͤuft. Er ging wieder an den Ort, wo er das Kind hingestellet hatte, zeigete, wie das Kind sich herumgewaͤlzt und klaͤglich gethan haͤtte, wieß auf das rechte Ohr, that, als ob er aus dem Munde etwas kleines herausrisse und in die Hand naͤhme: er machte in der rechten Hand mit dem Finger der linken einen kleinen Zirkel, stellete sich, als ob er dieses Schrotkorn auf den Tisch wuͤrfe, wies nochmals auf seine Ohren, und machte mit beiden Haͤn- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0054" n="54"/><lb/> <p>Jch fragte ihn durch Gebehrden, welche keiner Zweideutigkeit unterworfen waren; augenblicklich war er mit der Antwort fertig.</p> <p>Hier ist sie: Er zeigte erst auf sich, darauf erniedrigte er sich zum Kinde von ohngefaͤhr sechs bis sieben Jahren, mit Herablassung der Hand.</p> <p>Auf den Fingern zaͤhlte er mir neun Jahre ab. Dieses waͤre Antwort gnug fuͤr mich gewesen.</p> <p>Jch habe aber behauptet, seine Seele koͤnne keine andere als totale Jdeen haben, <choice><corr>das</corr><sic>daß</sic></choice> ist: er koͤnnte nicht eher glauben, mir geantwortet zu haben, als bis er alle mit diesem Ungluͤck verknuͤpfte Umstaͤnde mir erzaͤhlt oder vielmehr nachgewiesen haͤtte.</p> <p>Hierauf bezeichnete er einen Ort, wo dieses bezeichnete Kind gestanden, ging zuruͤck, stellte sich in Positur eines, der eine Flinte anleget, auf das Kind zielet, losschießet (indem er mit dem Munde einen Schlag erregte) und davon laͤuft.</p> <p>Er ging wieder an den Ort, wo er das Kind hingestellet hatte, zeigete, wie das Kind sich herumgewaͤlzt und klaͤglich gethan haͤtte, wieß auf das rechte Ohr, that, als ob er aus dem Munde etwas kleines herausrisse und in die Hand naͤhme: er machte in der rechten Hand mit dem Finger der linken einen kleinen Zirkel, stellete sich, als ob er dieses Schrotkorn auf den Tisch wuͤrfe, wies nochmals auf seine Ohren, und machte mit beiden Haͤn-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0054]
Jch fragte ihn durch Gebehrden, welche keiner Zweideutigkeit unterworfen waren; augenblicklich war er mit der Antwort fertig.
Hier ist sie: Er zeigte erst auf sich, darauf erniedrigte er sich zum Kinde von ohngefaͤhr sechs bis sieben Jahren, mit Herablassung der Hand.
Auf den Fingern zaͤhlte er mir neun Jahre ab. Dieses waͤre Antwort gnug fuͤr mich gewesen.
Jch habe aber behauptet, seine Seele koͤnne keine andere als totale Jdeen haben, das ist: er koͤnnte nicht eher glauben, mir geantwortet zu haben, als bis er alle mit diesem Ungluͤck verknuͤpfte Umstaͤnde mir erzaͤhlt oder vielmehr nachgewiesen haͤtte.
Hierauf bezeichnete er einen Ort, wo dieses bezeichnete Kind gestanden, ging zuruͤck, stellte sich in Positur eines, der eine Flinte anleget, auf das Kind zielet, losschießet (indem er mit dem Munde einen Schlag erregte) und davon laͤuft.
Er ging wieder an den Ort, wo er das Kind hingestellet hatte, zeigete, wie das Kind sich herumgewaͤlzt und klaͤglich gethan haͤtte, wieß auf das rechte Ohr, that, als ob er aus dem Munde etwas kleines herausrisse und in die Hand naͤhme: er machte in der rechten Hand mit dem Finger der linken einen kleinen Zirkel, stellete sich, als ob er dieses Schrotkorn auf den Tisch wuͤrfe, wies nochmals auf seine Ohren, und machte mit beiden Haͤn-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/54>, abgerufen am 26.07.2024. |