Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.
Die Delinquenten werden, nach Verschiedenheit ihrer Verbrechen, auf sieben, zehn, funfzehn, zwanzig und mehrere Jahre in diese Zuchthäuser verurtheilt, um aber Verzweiflung zu verhüten, selten auf Zeitlebens. Als eine Aufmunterung zur ordentlichen Aufführung und zum Fleiß, werden die, so sich in diesen beiden Stücken vorzüglich auszeichnen, noch vor dem Ablauf ihrer Zeit losgelassen. Ein Gefangner, der eine verabredete Entwischung anzeigt, wird in diesem Stück sehr begünstigt. Seine Zeit wird sehr beträchtlich abgekürzt. Einem Engländer, von Profeßion ein Schuster, welcher mehrere Jahre hindurch im Raspelhause zu Amsterdam als Gefangner gesessen hatte, soll erlaubt worden sein, sein eigenes Handwerk im Zuchthause zu treiben. Dadurch, daß er beständig geschäftig und in Arbeit erhalten wurde, soll er endlich ganz von denjenigen Lastern zurückgekommen und geheilet seyn, die ihn vorher ins Gefängniß gebracht hatten.
Die Delinquenten werden, nach Verschiedenheit ihrer Verbrechen, auf sieben, zehn, funfzehn, zwanzig und mehrere Jahre in diese Zuchthaͤuser verurtheilt, um aber Verzweiflung zu verhuͤten, selten auf Zeitlebens. Als eine Aufmunterung zur ordentlichen Auffuͤhrung und zum Fleiß, werden die, so sich in diesen beiden Stuͤcken vorzuͤglich auszeichnen, noch vor dem Ablauf ihrer Zeit losgelassen. Ein Gefangner, der eine verabredete Entwischung anzeigt, wird in diesem Stuͤck sehr beguͤnstigt. Seine Zeit wird sehr betraͤchtlich abgekuͤrzt. Einem Englaͤnder, von Profeßion ein Schuster, welcher mehrere Jahre hindurch im Raspelhause zu Amsterdam als Gefangner gesessen hatte, soll erlaubt worden sein, sein eigenes Handwerk im Zuchthause zu treiben. Dadurch, daß er bestaͤndig geschaͤftig und in Arbeit erhalten wurde, soll er endlich ganz von denjenigen Lastern zuruͤckgekommen und geheilet seyn, die ihn vorher ins Gefaͤngniß gebracht hatten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="130"/><lb/> Gefangnen auch Privatunterricht, katechesirt woͤchentlich u.s.w. und ich weiß zuverlaͤßig, daß viele als <hi rendition="#b">maͤßige und rechtschafne Leute das Zuchthauß verlassen.</hi> Einige zogen sogar ihre bisherige Wohnung der Freiheit vor, blieben und arbeiteten in demselben auch noch nach ihrer Loslassung.</p> <p>Die Delinquenten werden, nach Verschiedenheit ihrer Verbrechen, auf sieben, zehn, funfzehn, zwanzig und mehrere Jahre in diese Zuchthaͤuser verurtheilt, um aber Verzweiflung zu verhuͤten, selten auf Zeitlebens.</p> <p>Als eine Aufmunterung zur ordentlichen Auffuͤhrung und zum Fleiß, werden die, so sich in diesen beiden Stuͤcken vorzuͤglich auszeichnen, noch vor dem Ablauf ihrer Zeit losgelassen.</p> <p>Ein Gefangner, der eine verabredete Entwischung anzeigt, wird in diesem Stuͤck sehr beguͤnstigt. Seine Zeit wird sehr betraͤchtlich abgekuͤrzt.</p> <p>Einem Englaͤnder, von Profeßion ein Schuster, welcher mehrere Jahre hindurch im Raspelhause zu Amsterdam als Gefangner gesessen hatte, soll erlaubt worden sein, sein eigenes Handwerk im Zuchthause zu treiben. Dadurch, daß er bestaͤndig geschaͤftig und in Arbeit erhalten wurde, soll er endlich ganz von denjenigen Lastern zuruͤckgekommen und geheilet seyn, die ihn vorher ins Gefaͤngniß gebracht hatten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0130]
Gefangnen auch Privatunterricht, katechesirt woͤchentlich u.s.w. und ich weiß zuverlaͤßig, daß viele als maͤßige und rechtschafne Leute das Zuchthauß verlassen. Einige zogen sogar ihre bisherige Wohnung der Freiheit vor, blieben und arbeiteten in demselben auch noch nach ihrer Loslassung.
Die Delinquenten werden, nach Verschiedenheit ihrer Verbrechen, auf sieben, zehn, funfzehn, zwanzig und mehrere Jahre in diese Zuchthaͤuser verurtheilt, um aber Verzweiflung zu verhuͤten, selten auf Zeitlebens.
Als eine Aufmunterung zur ordentlichen Auffuͤhrung und zum Fleiß, werden die, so sich in diesen beiden Stuͤcken vorzuͤglich auszeichnen, noch vor dem Ablauf ihrer Zeit losgelassen.
Ein Gefangner, der eine verabredete Entwischung anzeigt, wird in diesem Stuͤck sehr beguͤnstigt. Seine Zeit wird sehr betraͤchtlich abgekuͤrzt.
Einem Englaͤnder, von Profeßion ein Schuster, welcher mehrere Jahre hindurch im Raspelhause zu Amsterdam als Gefangner gesessen hatte, soll erlaubt worden sein, sein eigenes Handwerk im Zuchthause zu treiben. Dadurch, daß er bestaͤndig geschaͤftig und in Arbeit erhalten wurde, soll er endlich ganz von denjenigen Lastern zuruͤckgekommen und geheilet seyn, die ihn vorher ins Gefaͤngniß gebracht hatten.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/130>, abgerufen am 05.07.2024. |