Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.
Auf dem Richtplatz selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Rührung, bezeigte, daß er geneigt sei, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetzten Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmäßig war, vergessen war; Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fürbitte für die Seinigen und Wünsche zu Gott für aller Wohlfarth, war ihr Jnhalt. Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heitrer Mine einsegnen, betete inbrünstig, sorgte noch beim Auskleiden für seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und büßete sein Verbrechen. Er starb also, zwar den Tod eines Missethäters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig. Sein Tod müsse jeden mit ihm aussöhnen, und sein letztes Wohlverhalten seine Verbrechen bedecken!
Auf dem Richtplatz selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Ruͤhrung, bezeigte, daß er geneigt sei, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetzten Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmaͤßig war, vergessen war; Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fuͤrbitte fuͤr die Seinigen und Wuͤnsche zu Gott fuͤr aller Wohlfarth, war ihr Jnhalt. Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heitrer Mine einsegnen, betete inbruͤnstig, sorgte noch beim Auskleiden fuͤr seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und buͤßete sein Verbrechen. Er starb also, zwar den Tod eines Missethaͤters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig. Sein Tod muͤsse jeden mit ihm aussoͤhnen, und sein letztes Wohlverhalten seine Verbrechen bedecken! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0110" n="110"/><lb/> deren Augen auf ihn gerichtet waren, noch auf dem Richtplatze durch die erblickten Anstalten zu seinem Tode und zu seiner Schande stoͤren.</p> <p>Auf dem Richtplatz selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Ruͤhrung, bezeigte, daß er geneigt sei, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetzten Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmaͤßig war, vergessen war; Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fuͤrbitte fuͤr die Seinigen und Wuͤnsche zu Gott fuͤr aller Wohlfarth, war ihr Jnhalt.</p> <p>Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heitrer Mine einsegnen, betete inbruͤnstig, sorgte noch beim Auskleiden fuͤr seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und buͤßete sein Verbrechen.</p> <p>Er starb also, zwar den Tod eines Missethaͤters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig.</p> <p>Sein Tod muͤsse jeden mit ihm aussoͤhnen, und sein letztes Wohlverhalten seine Verbrechen bedecken!</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0110]
deren Augen auf ihn gerichtet waren, noch auf dem Richtplatze durch die erblickten Anstalten zu seinem Tode und zu seiner Schande stoͤren.
Auf dem Richtplatz selbst blieb er sich vollkommen gleich, ungeachtet der Anblick den Zuschauern selbst schauderhaft war, bedankte sich bei seinem ihm aufstoßenden Defensor, und denen, die ihn auf seinem Todesgang mit ihrem Zuspruch begleitet hatten, insgesammt einzeln und mit vieler Ruͤhrung, bezeigte, daß er geneigt sei, von den Zuschauern Abschied zu nehmen, nahm ihn auch mit gesetzten Wesen und fester Stimme, zwar kurz, aber so, daß nichts, was zweckmaͤßig war, vergessen war; Bekenntniß, Abbitte, Vermahnungen, Fuͤrbitte fuͤr die Seinigen und Wuͤnsche zu Gott fuͤr aller Wohlfarth, war ihr Jnhalt.
Er kniete nochmals nieder, bezeugte die Beharrlichkeit seiner Reue und Glaubens, und ließ sich mit heitrer Mine einsegnen, betete inbruͤnstig, sorgte noch beim Auskleiden fuͤr seine Kinder, half dabei denen, unter deren Hand er sterben sollte, ließ sich von ihnen zurecht weisen, und mitten im Gebet floß sein Blut und buͤßete sein Verbrechen.
Er starb also, zwar den Tod eines Missethaͤters, und der andern eine Warnung bleiben sollte, aber er starb ihn getrost und muthig.
Sein Tod muͤsse jeden mit ihm aussoͤhnen, und sein letztes Wohlverhalten seine Verbrechen bedecken!
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/110>, abgerufen am 16.02.2025. |