Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.Dieses gab denn Anlaß zu weiterer Untersuchung der Sache, und zuförderst zur Jnhaftirung des Wachtmeisters, und unversehens wurde er auf öffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Veränderung der Farbe und starkes Zittern sein böses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll. Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei demselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Mörder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn größtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen könnten. Jm ersten Verhör schien es anfangs, er werde sich aufs Läugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und überführende Vorstellungen wollten lange nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden, Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde. Dieses machte ihn bestürzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehn, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleunigung seines Processes. Dieses gab denn Anlaß zu weiterer Untersuchung der Sache, und zufoͤrderst zur Jnhaftirung des Wachtmeisters, und unversehens wurde er auf oͤffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Veraͤnderung der Farbe und starkes Zittern sein boͤses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll. Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei demselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Moͤrder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn groͤßtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen koͤnnten. Jm ersten Verhoͤr schien es anfangs, er werde sich aufs Laͤugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und uͤberfuͤhrende Vorstellungen wollten lange nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden, Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde. Dieses machte ihn bestuͤrzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehn, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleunigung seines Processes. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0103" n="103"/><lb/> <p>Dieses gab denn Anlaß zu weiterer Untersuchung der Sache, und zufoͤrderst zur Jnhaftirung des Wachtmeisters, und unversehens wurde er auf oͤffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Veraͤnderung der Farbe und starkes Zittern sein boͤses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll.</p> <p>Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei demselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Moͤrder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn groͤßtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen koͤnnten.</p> <p>Jm ersten Verhoͤr schien es anfangs, er werde sich aufs Laͤugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und uͤberfuͤhrende Vorstellungen wollten lange nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden, Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde.</p> <p>Dieses machte ihn bestuͤrzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehn, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleunigung seines Processes.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [103/0103]
Dieses gab denn Anlaß zu weiterer Untersuchung der Sache, und zufoͤrderst zur Jnhaftirung des Wachtmeisters, und unversehens wurde er auf oͤffentlichem Markte, wo er Frucht handelte, eingezogen, wobei sogleich die Veraͤnderung der Farbe und starkes Zittern sein boͤses Gewissen den Zuschauern merklich verrathen haben soll.
Zugleich wurde aber auch zu einer Haussuchung bei dem Arretirten geschritten. Bei demselben fand sich ein blutiges Oberhemd, an dem die Flecken nur halb ausgewaschen waren, so wie auch Beinkleider, an denen Blutflecken zu bemerken waren; ein Beweis, daß den Moͤrder damals seine Geistesgegenwart und sein Scharfsinn groͤßtentheils verlassen gehabt, da er nicht bedachte, daß ihn diese Anzeigen noch immer verrathen koͤnnten.
Jm ersten Verhoͤr schien es anfangs, er werde sich aufs Laͤugnen und auf seine Verstellungskunst verlassen. Bewegliche und uͤberfuͤhrende Vorstellungen wollten lange nichts bei ihm verfangen, bis ihm, mit einem Feuer und ernstlichen Anrede, von seinem, sich hier vortreflich zeigenden, Richter, das blutige Hemd unter die Augen gehalten wurde.
Dieses machte ihn bestuͤrzt, und, nun außer Fassung, gab er gute Worte, ergriff die Hand des Richters, versprach alles zu gestehn, und that es auch wirklich, unterwarf sich der Strafe, und bat nur um Beschleunigung seines Processes.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/103>, abgerufen am 16.02.2025. |