Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.
Am nächsten Morgen ging er auf einige Dörfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufodern hatte; und, bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er verübt habe. Jndessen verfolgte ihn die Rache geschwinder, als er, der zur Flucht Gelegenheit und Zeit genug hatte, und schon in fremder Herrschaft war, wirklich aber nicht darauf gedacht zu haben scheint, sich es wohl einbildete. Die ältere Schmidtsche Tochter, deren wir schon gedacht haben, erklärte, sobald sie von der Ermordung ihrer Eltern hörte, den Wachtmeister Simmen laut und öffentlich für den Thäter, behauptete es auch, als sie gerichtlich deswegen vernommen ward, und gründete sich auf die vieljährige Feindseligkeit desselben gegen ihren Vater, auf die letzte Verweigerung des von ihm bei ihrem Vater gesuchten Geldvorschusses, und vornehmlich auf die vielfältigen Drohungen, deren Simmen sich habe verlauten lassen, ihren Vater aus Rache umzubringen.
Am naͤchsten Morgen ging er auf einige Doͤrfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufodern hatte; und, bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er veruͤbt habe. Jndessen verfolgte ihn die Rache geschwinder, als er, der zur Flucht Gelegenheit und Zeit genug hatte, und schon in fremder Herrschaft war, wirklich aber nicht darauf gedacht zu haben scheint, sich es wohl einbildete. Die aͤltere Schmidtsche Tochter, deren wir schon gedacht haben, erklaͤrte, sobald sie von der Ermordung ihrer Eltern hoͤrte, den Wachtmeister Simmen laut und oͤffentlich fuͤr den Thaͤter, behauptete es auch, als sie gerichtlich deswegen vernommen ward, und gruͤndete sich auf die vieljaͤhrige Feindseligkeit desselben gegen ihren Vater, auf die letzte Verweigerung des von ihm bei ihrem Vater gesuchten Geldvorschusses, und vornehmlich auf die vielfaͤltigen Drohungen, deren Simmen sich habe verlauten lassen, ihren Vater aus Rache umzubringen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0102" n="102"/><lb/> tel und Messer im Schnee ab, wiewohl er hernach das letzte aus Abscheu nicht wieder brauchen moͤgen, machte sich auf den Weg, und kam unbemerkt in seine Wohnung zuruͤck.</p> <p>Am naͤchsten Morgen ging er auf einige Doͤrfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufodern hatte; und, bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er veruͤbt habe.</p> <p>Jndessen verfolgte ihn die Rache geschwinder, als er, der zur Flucht Gelegenheit und Zeit genug hatte, und schon in fremder Herrschaft war, wirklich aber nicht darauf gedacht zu haben scheint, sich es wohl einbildete.</p> <p>Die aͤltere Schmidtsche Tochter, deren wir schon gedacht haben, erklaͤrte, sobald sie von der Ermordung ihrer Eltern hoͤrte, den Wachtmeister Simmen laut und oͤffentlich fuͤr den Thaͤter, behauptete es auch, als sie gerichtlich deswegen vernommen ward, und gruͤndete sich auf die vieljaͤhrige Feindseligkeit desselben gegen ihren Vater, auf die letzte Verweigerung des von ihm bei ihrem Vater gesuchten Geldvorschusses, und vornehmlich auf die vielfaͤltigen Drohungen, deren Simmen sich habe verlauten lassen, ihren Vater aus Rache umzubringen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0102]
tel und Messer im Schnee ab, wiewohl er hernach das letzte aus Abscheu nicht wieder brauchen moͤgen, machte sich auf den Weg, und kam unbemerkt in seine Wohnung zuruͤck.
Am naͤchsten Morgen ging er auf einige Doͤrfer, wohin er sonst seinen Viehhandel gehabt, und wo er noch einige Reste einzufodern hatte; und, bis gegen Mittag, versichert er, sey er noch in diesem Rausch seiner Seele gutes Muths gewesen; alsdann aber sey er unruhig geworden, und habe von selbst angefangen, nachzudenken, was er veruͤbt habe.
Jndessen verfolgte ihn die Rache geschwinder, als er, der zur Flucht Gelegenheit und Zeit genug hatte, und schon in fremder Herrschaft war, wirklich aber nicht darauf gedacht zu haben scheint, sich es wohl einbildete.
Die aͤltere Schmidtsche Tochter, deren wir schon gedacht haben, erklaͤrte, sobald sie von der Ermordung ihrer Eltern hoͤrte, den Wachtmeister Simmen laut und oͤffentlich fuͤr den Thaͤter, behauptete es auch, als sie gerichtlich deswegen vernommen ward, und gruͤndete sich auf die vieljaͤhrige Feindseligkeit desselben gegen ihren Vater, auf die letzte Verweigerung des von ihm bei ihrem Vater gesuchten Geldvorschusses, und vornehmlich auf die vielfaͤltigen Drohungen, deren Simmen sich habe verlauten lassen, ihren Vater aus Rache umzubringen.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/102>, abgerufen am 16.02.2025. |