Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Und indem sie hingingen, bereitete ihn sein Vater immer noch auf das, was er nun bald sehen würde, vor.

Sie traten ins Haus. Antons Herz pochte. Sie gingen über einen langen Hof hinaus, und stiegen eine kleine Windeltreppe, die sie in einen langen dunkeln Gang führte, worauf sie wieder eine andre Treppe hinauf, und dann wieder einige Stuffen hinabstiegen: dieß schienen Anton labyrinthische Gänge zu seyn.

Endlich öfnete sich linker Hand eine kleine Aussicht, wo das Licht durch einige Fensterscheiben erst von einem andern Fenster hineinfiel.

Es war schon im Winter, und die Thüre auswendig mit Tuch behangen; Antons Vater eröfnet sie: es war in der Dämmerung, das Zimmer weitläuftig und groß, mit dunkeln Tapeten ausgeziert, und in der Mitte an einem Tische, worauf Bücher hin und her zerstreut lagen, saß der Greiß auf einem Lehnsessel.

Er kam ihnen mit enblößten Haupt entgegen. Das Alter hatte ihn nicht darnieder gebückt, er war ein langer Mann, und sein Ansehn war groß und majestätisch. Die schneeweißen Locken zierten seine Schläfe, und aus seinen Augen blickte eine unnennbare sanfte Freundlichkeit hervor. Sie setzten sich.

Antons Vater schrieb ihm einiges auf. Wir wollen beten, fing der Greiß nach einer Pause an, und meinen kleinen Freund mit einschließen.



Und indem sie hingingen, bereitete ihn sein Vater immer noch auf das, was er nun bald sehen wuͤrde, vor.

Sie traten ins Haus. Antons Herz pochte. Sie gingen uͤber einen langen Hof hinaus, und stiegen eine kleine Windeltreppe, die sie in einen langen dunkeln Gang fuͤhrte, worauf sie wieder eine andre Treppe hinauf, und dann wieder einige Stuffen hinabstiegen: dieß schienen Anton labyrinthische Gaͤnge zu seyn.

Endlich oͤfnete sich linker Hand eine kleine Aussicht, wo das Licht durch einige Fensterscheiben erst von einem andern Fenster hineinfiel.

Es war schon im Winter, und die Thuͤre auswendig mit Tuch behangen; Antons Vater eroͤfnet sie: es war in der Daͤmmerung, das Zimmer weitlaͤuftig und groß, mit dunkeln Tapeten ausgeziert, und in der Mitte an einem Tische, worauf Buͤcher hin und her zerstreut lagen, saß der Greiß auf einem Lehnsessel.

Er kam ihnen mit enbloͤßten Haupt entgegen. Das Alter hatte ihn nicht darnieder gebuͤckt, er war ein langer Mann, und sein Ansehn war groß und majestaͤtisch. Die schneeweißen Locken zierten seine Schlaͤfe, und aus seinen Augen blickte eine unnennbare sanfte Freundlichkeit hervor. Sie setzten sich.

Antons Vater schrieb ihm einiges auf. Wir wollen beten, fing der Greiß nach einer Pause an, und meinen kleinen Freund mit einschließen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0094" n="92"/><lb/>
            <p>Und indem sie hingingen, bereitete ihn sein Vater immer noch auf das, was er  nun bald sehen wu&#x0364;rde, vor. </p>
            <p>Sie traten ins Haus. Antons Herz pochte. Sie gingen u&#x0364;ber einen langen Hof  hinaus, und stiegen eine kleine Windeltreppe, die sie in einen langen  dunkeln Gang fu&#x0364;hrte, worauf sie wieder eine andre Treppe hinauf, und dann  wieder einige Stuffen hinabstiegen: dieß schienen Anton labyrinthische Ga&#x0364;nge  zu seyn. </p>
            <p>Endlich o&#x0364;fnete sich linker Hand eine kleine Aussicht, wo das Licht durch  einige Fensterscheiben erst von einem andern Fenster hineinfiel. </p>
            <p>Es war schon im Winter, und die Thu&#x0364;re auswendig mit Tuch behangen; Antons  Vater ero&#x0364;fnet sie: es war in der Da&#x0364;mmerung, das Zimmer weitla&#x0364;uftig und groß,  mit dunkeln Tapeten ausgeziert, und in der Mitte an einem Tische, worauf  Bu&#x0364;cher hin und her zerstreut lagen, saß der Greiß auf einem Lehnsessel. </p>
            <p>Er kam ihnen mit enblo&#x0364;ßten Haupt entgegen. Das Alter hatte ihn nicht  darnieder gebu&#x0364;ckt, er war ein langer Mann, und sein Ansehn war groß und  majesta&#x0364;tisch. Die schneeweißen Locken zierten seine Schla&#x0364;fe, und aus seinen  Augen blickte eine unnennbare sanfte Freundlichkeit hervor. Sie setzten  sich. </p>
            <p>Antons Vater schrieb ihm einiges auf. Wir wollen beten, fing der Greiß nach  einer Pause an, und meinen kleinen Freund mit einschließen. </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0094] Und indem sie hingingen, bereitete ihn sein Vater immer noch auf das, was er nun bald sehen wuͤrde, vor. Sie traten ins Haus. Antons Herz pochte. Sie gingen uͤber einen langen Hof hinaus, und stiegen eine kleine Windeltreppe, die sie in einen langen dunkeln Gang fuͤhrte, worauf sie wieder eine andre Treppe hinauf, und dann wieder einige Stuffen hinabstiegen: dieß schienen Anton labyrinthische Gaͤnge zu seyn. Endlich oͤfnete sich linker Hand eine kleine Aussicht, wo das Licht durch einige Fensterscheiben erst von einem andern Fenster hineinfiel. Es war schon im Winter, und die Thuͤre auswendig mit Tuch behangen; Antons Vater eroͤfnet sie: es war in der Daͤmmerung, das Zimmer weitlaͤuftig und groß, mit dunkeln Tapeten ausgeziert, und in der Mitte an einem Tische, worauf Buͤcher hin und her zerstreut lagen, saß der Greiß auf einem Lehnsessel. Er kam ihnen mit enbloͤßten Haupt entgegen. Das Alter hatte ihn nicht darnieder gebuͤckt, er war ein langer Mann, und sein Ansehn war groß und majestaͤtisch. Die schneeweißen Locken zierten seine Schlaͤfe, und aus seinen Augen blickte eine unnennbare sanfte Freundlichkeit hervor. Sie setzten sich. Antons Vater schrieb ihm einiges auf. Wir wollen beten, fing der Greiß nach einer Pause an, und meinen kleinen Freund mit einschließen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/94
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/94>, abgerufen am 24.11.2024.