Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.
Jch meldete es gleich meiner Frau, daß die sich noch eine kurze Zeit eher wegbegeben, und einige Anstalt machen könnte, zu einigem warmen Essen. Sie hatte nach ihrer Ordnung immer etwas vorräthig; also bekamen wir in einer Viertelstunde fünf bis sechs Gäste, die wir ausnehmend hoch schätzten, und die unsre Willigkeit für noch mehr gelten ließen. Da mußte ich nun, ehe wir uns zu Tische setzten, dem D. Baumgarten diesen Ort zeigen, und er nahm ein Licht mit. Nachdem er ziemlich lange sich aufgehalten hatte, kam er mit herzlichem Lachen wieder und sagte: man lernt doch nie aus. Jch dachte, daß ich die Zeit sehr gut eintheilen könnte; aber da hab ich noch etwas neues abgesehen. Und über ihre Wahl und Urtheil freue ich mich noch mehr, daß sie gerade solche Bücher dahin stellen, die man im Nothfall selbst angreifen dürfte. Es waren unter andern auch einige Bände der sogenannten unschuldigen Nachrichten hingestellt, welches weitläuftige Werk ich noch aus Nürnberg mitgebracht, und davon redete Baumgarten insbesondere; ob er gleich gestand, daß dieses Buch ei-
Jch meldete es gleich meiner Frau, daß die sich noch eine kurze Zeit eher wegbegeben, und einige Anstalt machen koͤnnte, zu einigem warmen Essen. Sie hatte nach ihrer Ordnung immer etwas vorraͤthig; also bekamen wir in einer Viertelstunde fuͤnf bis sechs Gaͤste, die wir ausnehmend hoch schaͤtzten, und die unsre Willigkeit fuͤr noch mehr gelten ließen. Da mußte ich nun, ehe wir uns zu Tische setzten, dem D. Baumgarten diesen Ort zeigen, und er nahm ein Licht mit. Nachdem er ziemlich lange sich aufgehalten hatte, kam er mit herzlichem Lachen wieder und sagte: man lernt doch nie aus. Jch dachte, daß ich die Zeit sehr gut eintheilen koͤnnte; aber da hab ich noch etwas neues abgesehen. Und uͤber ihre Wahl und Urtheil freue ich mich noch mehr, daß sie gerade solche Buͤcher dahin stellen, die man im Nothfall selbst angreifen duͤrfte. Es waren unter andern auch einige Baͤnde der sogenannten unschuldigen Nachrichten hingestellt, welches weitlaͤuftige Werk ich noch aus Nuͤrnberg mitgebracht, und davon redete Baumgarten insbesondere; ob er gleich gestand, daß dieses Buch ei- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <floatingText xml:id="f03" prev="#f02"> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="113"/><lb/> Abends erstreckte. Da es nun ans Aufstehen ging, und einige andere Professores so gerade weggingen, sagte <hi rendition="#b">Baumgarten</hi> zu mir, das war also verrechnet; ich dachte einen Abend ohne meine Arbeit zuzubringen; und soll ich so gerade wieder zu Hause gehen; das kommt mir ganz seltsam vor; ich will mit Jhnen ein Butterbrodt essen. </p> <p>Jch meldete es gleich meiner Frau, daß die sich noch eine kurze Zeit eher wegbegeben, und einige Anstalt machen koͤnnte, zu einigem warmen Essen. Sie hatte nach ihrer Ordnung immer etwas vorraͤthig; also bekamen wir in einer Viertelstunde fuͤnf bis sechs Gaͤste, die wir ausnehmend hoch schaͤtzten, und die unsre Willigkeit fuͤr noch mehr gelten ließen. </p> <p>Da mußte ich nun, ehe wir uns zu Tische setzten, dem <hi rendition="#b">D. Baumgarten</hi> diesen Ort zeigen, und er nahm ein Licht <choice><corr>mit.</corr><sic>mit</sic></choice> Nachdem er ziemlich lange sich aufgehalten hatte, kam er mit herzlichem Lachen wieder und sagte: man lernt doch nie aus. </p> <p>Jch dachte, daß ich die Zeit sehr gut eintheilen koͤnnte; aber da hab ich noch etwas neues abgesehen. Und uͤber ihre Wahl und Urtheil freue ich mich noch mehr, daß sie gerade solche Buͤcher dahin stellen, die man im Nothfall selbst angreifen duͤrfte. </p> <p>Es waren unter andern auch einige Baͤnde der sogenannten unschuldigen Nachrichten hingestellt, welches weitlaͤuftige Werk ich noch aus <hi rendition="#b">Nuͤrnberg</hi> mitgebracht, und davon redete <hi rendition="#b">Baumgarten</hi> insbesondere; ob er gleich gestand, daß dieses Buch ei-<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0115]
Abends erstreckte. Da es nun ans Aufstehen ging, und einige andere Professores so gerade weggingen, sagte Baumgarten zu mir, das war also verrechnet; ich dachte einen Abend ohne meine Arbeit zuzubringen; und soll ich so gerade wieder zu Hause gehen; das kommt mir ganz seltsam vor; ich will mit Jhnen ein Butterbrodt essen.
Jch meldete es gleich meiner Frau, daß die sich noch eine kurze Zeit eher wegbegeben, und einige Anstalt machen koͤnnte, zu einigem warmen Essen. Sie hatte nach ihrer Ordnung immer etwas vorraͤthig; also bekamen wir in einer Viertelstunde fuͤnf bis sechs Gaͤste, die wir ausnehmend hoch schaͤtzten, und die unsre Willigkeit fuͤr noch mehr gelten ließen.
Da mußte ich nun, ehe wir uns zu Tische setzten, dem D. Baumgarten diesen Ort zeigen, und er nahm ein Licht mit. Nachdem er ziemlich lange sich aufgehalten hatte, kam er mit herzlichem Lachen wieder und sagte: man lernt doch nie aus.
Jch dachte, daß ich die Zeit sehr gut eintheilen koͤnnte; aber da hab ich noch etwas neues abgesehen. Und uͤber ihre Wahl und Urtheil freue ich mich noch mehr, daß sie gerade solche Buͤcher dahin stellen, die man im Nothfall selbst angreifen duͤrfte.
Es waren unter andern auch einige Baͤnde der sogenannten unschuldigen Nachrichten hingestellt, welches weitlaͤuftige Werk ich noch aus Nuͤrnberg mitgebracht, und davon redete Baumgarten insbesondere; ob er gleich gestand, daß dieses Buch ei-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/115>, abgerufen am 16.02.2025. |