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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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rung; denn diese Aufwallung behielt sein Temperament noch immer; oder ob ich eine zu ausgelassene Freude bezeugte; er gab mir eine viel bedeutende Ermahnung, für mein Herz besser zu wachen, daß ich nicht mehr verlöre, als dieses alte Buch werth wäre.

Da entfiel mir auf einmal diese Frölichkeit; ich wollte das Buch wieder hintragen, und etwas am Gelde einbüssen, allein ich dachte eben so leicht, der arme Verkäufer hat das Geld nöthiger; du must eben deine Strafe daran leiden, und nun bat ich Gott oftmalen um Vergebung dieser so großen Sünde.

Es gehört zum Menschen, wenn er eine moralische Geschichte für sich selbst anfängt, daß er solchen Mängeln als ein moralisches Kind unterworfen ist; er sammelt sich eigne Erfahrung, und kann alsdenn unläugbar mit andern viel besser und zuverlässiger umgehen.

Jch beruhigte mich nach und nach, weil ich es mir bewußt war, daß ich herzlich gern in alle meine Besserung einwilligte, wenn ich auch als Mensch diese Art Fehler an mir hätte! da ich an andern unleugbar noch Fehler fand, die sie nicht einmal merkten. Ueberhaupt war mein Gefühl viel schärfer, als bei den meisten meiner andern Freunde.

Seine männlichen Jahre, und insbesondere sein häußliches Leben.

Was die eigene Erziehung unserer Kinder betrift, so haben wir uns dieser großen Pflicht der


rung; denn diese Aufwallung behielt sein Temperament noch immer; oder ob ich eine zu ausgelassene Freude bezeugte; er gab mir eine viel bedeutende Ermahnung, fuͤr mein Herz besser zu wachen, daß ich nicht mehr verloͤre, als dieses alte Buch werth waͤre.

Da entfiel mir auf einmal diese Froͤlichkeit; ich wollte das Buch wieder hintragen, und etwas am Gelde einbuͤssen, allein ich dachte eben so leicht, der arme Verkaͤufer hat das Geld noͤthiger; du must eben deine Strafe daran leiden, und nun bat ich Gott oftmalen um Vergebung dieser so großen Suͤnde.

Es gehoͤrt zum Menschen, wenn er eine moralische Geschichte fuͤr sich selbst anfaͤngt, daß er solchen Maͤngeln als ein moralisches Kind unterworfen ist; er sammelt sich eigne Erfahrung, und kann alsdenn unlaͤugbar mit andern viel besser und zuverlaͤssiger umgehen.

Jch beruhigte mich nach und nach, weil ich es mir bewußt war, daß ich herzlich gern in alle meine Besserung einwilligte, wenn ich auch als Mensch diese Art Fehler an mir haͤtte! da ich an andern unleugbar noch Fehler fand, die sie nicht einmal merkten. Ueberhaupt war mein Gefuͤhl viel schaͤrfer, als bei den meisten meiner andern Freunde.

Seine maͤnnlichen Jahre, und insbesondere sein haͤußliches Leben.

Was die eigene Erziehung unserer Kinder betrift, so haben wir uns dieser großen Pflicht der

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[106/0108] rung; denn diese Aufwallung behielt sein Temperament noch immer; oder ob ich eine zu ausgelassene Freude bezeugte; er gab mir eine viel bedeutende Ermahnung, fuͤr mein Herz besser zu wachen, daß ich nicht mehr verloͤre, als dieses alte Buch werth waͤre. Da entfiel mir auf einmal diese Froͤlichkeit; ich wollte das Buch wieder hintragen, und etwas am Gelde einbuͤssen, allein ich dachte eben so leicht, der arme Verkaͤufer hat das Geld noͤthiger; du must eben deine Strafe daran leiden, und nun bat ich Gott oftmalen um Vergebung dieser so großen Suͤnde. Es gehoͤrt zum Menschen, wenn er eine moralische Geschichte fuͤr sich selbst anfaͤngt, daß er solchen Maͤngeln als ein moralisches Kind unterworfen ist; er sammelt sich eigne Erfahrung, und kann alsdenn unlaͤugbar mit andern viel besser und zuverlaͤssiger umgehen. Jch beruhigte mich nach und nach, weil ich es mir bewußt war, daß ich herzlich gern in alle meine Besserung einwilligte, wenn ich auch als Mensch diese Art Fehler an mir haͤtte! da ich an andern unleugbar noch Fehler fand, die sie nicht einmal merkten. Ueberhaupt war mein Gefuͤhl viel schaͤrfer, als bei den meisten meiner andern Freunde. Seine maͤnnlichen Jahre, und insbesondere sein haͤußliches Leben. Was die eigene Erziehung unserer Kinder betrift, so haben wir uns dieser großen Pflicht der

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/108>, abgerufen am 24.11.2024.