Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

über kamen sie auf den Tod zu sprechen, und nach-
dem sie eine Weile ernsthaft davon geredet hatten,
kam ihnen auf einmal die Sache so sonderbar vor,
daß sie in ein lautes Gelächter darüber ausbrachen.

Sollte selbst der Tod vielleicht wirklich auch
eine lächerliche Seite haben? Die Vorstellungen
von demselben mögen nach der verschiednen Denk-
art und Fähigkeit der Köpfe auch erstaunlich ver-
schieden seyn. Und es würde vielleicht nicht unnütz
seyn, mehrere solcher verschiednen Vorstellungen
nebeneinander zu stellen.

M.




IX.
Sprache in psychologischer Rücksicht.

Daß es nützlich sey, die Sprache auch in dieser
Rücksicht zu studieren, bedarf wohl keines Bewei-
ses, da sie selbst ein Abdruck der menschlichen
Seele ist, von welcher sie uns in ihren Fugen
und geheimen Verbindungen ein getreues Gemälde
darstellt.

Das Studium der Sprache zu diesem Zweck
ist seit einigen Jahren eine meiner vorzüglichsten
Beschäftigungen gewesen, und ich habe in meinen
kleinen Schriften, die deutsche Sprache betreffend,

schon

uͤber kamen sie auf den Tod zu sprechen, und nach-
dem sie eine Weile ernsthaft davon geredet hatten,
kam ihnen auf einmal die Sache so sonderbar vor,
daß sie in ein lautes Gelaͤchter daruͤber ausbrachen.

Sollte selbst der Tod vielleicht wirklich auch
eine laͤcherliche Seite haben? Die Vorstellungen
von demselben moͤgen nach der verschiednen Denk-
art und Faͤhigkeit der Koͤpfe auch erstaunlich ver-
schieden seyn. Und es wuͤrde vielleicht nicht unnuͤtz
seyn, mehrere solcher verschiednen Vorstellungen
nebeneinander zu stellen.

M.




IX.
Sprache in psychologischer Ruͤcksicht.

Daß es nuͤtzlich sey, die Sprache auch in dieser
Ruͤcksicht zu studieren, bedarf wohl keines Bewei-
ses, da sie selbst ein Abdruck der menschlichen
Seele ist, von welcher sie uns in ihren Fugen
und geheimen Verbindungen ein getreues Gemaͤlde
darstellt.

Das Studium der Sprache zu diesem Zweck
ist seit einigen Jahren eine meiner vorzuͤglichsten
Beschaͤftigungen gewesen, und ich habe in meinen
kleinen Schriften, die deutsche Sprache betreffend,

schon
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="92"/>
u&#x0364;ber kamen sie auf den Tod zu sprechen, und
                   nach-<lb/>
dem sie eine Weile ernsthaft davon geredet hatten,<lb/>
kam ihnen auf
                   einmal die Sache so sonderbar vor,<lb/>
daß sie in ein lautes <hi rendition="#b">Gela&#x0364;chter</hi> daru&#x0364;ber ausbrachen.</p><lb/>
          <p>Sollte selbst der Tod vielleicht wirklich auch<lb/>
eine <hi rendition="#b">la&#x0364;cherliche</hi> Seite haben? Die Vorstellungen<lb/>
von demselben
                   mo&#x0364;gen nach der verschiednen Denk-<lb/>
art und Fa&#x0364;higkeit der
                   Ko&#x0364;pfe auch erstaunlich ver-<lb/>
schieden seyn. Und es wu&#x0364;rde
                   vielleicht nicht unnu&#x0364;tz<lb/>
seyn, mehrere solcher verschiednen
                   Vorstellungen<lb/>
nebeneinander zu stellen.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#b">M.</hi> </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c"> <hi rendition="#b">IX.<lb/>
Sprache in psychologischer Ru&#x0364;cksicht.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>aß es nu&#x0364;tzlich sey, die Sprache auch in
                   dieser<lb/>
Ru&#x0364;cksicht zu studieren, bedarf wohl keines Bewei-<lb/>
ses, da
                   sie selbst ein Abdruck der menschlichen<lb/>
Seele ist, von
                   welcher sie uns in ihren Fugen<lb/>
und geheimen Verbindungen ein getreues
                   Gema&#x0364;lde<lb/>
darstellt.</p><lb/>
          <p>Das Studium der Sprache zu diesem Zweck<lb/>
ist seit einigen Jahren eine meiner
             vorzu&#x0364;glichsten<lb/>
Bescha&#x0364;ftigungen gewesen, und ich habe in
             meinen<lb/>
kleinen Schriften, die deutsche Sprache betreffend,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">schon</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0096] uͤber kamen sie auf den Tod zu sprechen, und nach- dem sie eine Weile ernsthaft davon geredet hatten, kam ihnen auf einmal die Sache so sonderbar vor, daß sie in ein lautes Gelaͤchter daruͤber ausbrachen. Sollte selbst der Tod vielleicht wirklich auch eine laͤcherliche Seite haben? Die Vorstellungen von demselben moͤgen nach der verschiednen Denk- art und Faͤhigkeit der Koͤpfe auch erstaunlich ver- schieden seyn. Und es wuͤrde vielleicht nicht unnuͤtz seyn, mehrere solcher verschiednen Vorstellungen nebeneinander zu stellen. M. IX. Sprache in psychologischer Ruͤcksicht. Daß es nuͤtzlich sey, die Sprache auch in dieser Ruͤcksicht zu studieren, bedarf wohl keines Bewei- ses, da sie selbst ein Abdruck der menschlichen Seele ist, von welcher sie uns in ihren Fugen und geheimen Verbindungen ein getreues Gemaͤlde darstellt. Das Studium der Sprache zu diesem Zweck ist seit einigen Jahren eine meiner vorzuͤglichsten Beschaͤftigungen gewesen, und ich habe in meinen kleinen Schriften, die deutsche Sprache betreffend, schon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning, Marc Kuse, Justus-Liebig-Universität: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2013-06-06T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jurgita Baranauskaite, Justus-Liebig-Universität: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-06-06T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-06T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/96
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/96>, abgerufen am 24.11.2024.