mann von Winterfeld erschießen, und stürzte
sich bei dem Herrn Ordensrath Wißmann aus dem Fen- ster des dritten
Stockwerks.
Er kam wirklich in traurige Umstände, konnte vom December 1772 bis zum
Februar 1781 mit der größten Mühe, durch Nähen, kaum
seinen höchst nothwendigen Unterhalt erwerben, und hatte noch
einige kleine Schulden, die er gern bezahlen wollte, und doch kein Mittel,
dieses zu bewerkstel- ligen, sahe.
Von der heftigsten innren Unruhe und Angst gefoltert, die er lange durch
brünstiges Gebet zu Gott und Singen
unterdrückte, aber nicht zu heben vermochte; von der grausamsten
Furcht ge- quälet, ein unglückliches und elendes Leben
führen zu müssen; seiner Schulden wegen, die freilich
un- beträchtlich waren, verklagt zu werden, und
sich öffentlicher Beschimpfung ausgesetzt zu sehen; und von der
Einbildung hingerissen, daß seine Leiden nicht anders, als durch seinen Tod,
gehoben wer- den könnten; kam er auf den unglücklichen
Ent- schluß, durch den Tod eines unschuldigen Kindes, seinem qualvollen
Leben und seinem Leiden ein gewis- ses und sichres Ende zu machen.
Er liebte dieß Kind außerordentlich, sowohl nach
seinem eignen Geständniß, als nach dem Zeug-
niß
mann von Winterfeld erschießen, und stuͤrzte
sich bei dem Herrn Ordensrath Wißmann aus dem Fen- ster des dritten
Stockwerks.
Er kam wirklich in traurige Umstaͤnde, konnte vom December 1772 bis zum
Februar 1781 mit der groͤßten Muͤhe, durch Naͤhen, kaum
seinen hoͤchst nothwendigen Unterhalt erwerben, und hatte noch
einige kleine Schulden, die er gern bezahlen wollte, und doch kein Mittel,
dieses zu bewerkstel- ligen, sahe.
Von der heftigsten innren Unruhe und Angst gefoltert, die er lange durch
bruͤnstiges Gebet zu Gott und Singen
unterdruͤckte, aber nicht zu heben vermochte; von der grausamsten
Furcht ge- quaͤlet, ein ungluͤckliches und elendes Leben
fuͤhren zu muͤssen; seiner Schulden wegen, die freilich
un- betraͤchtlich waren, verklagt zu werden, und
sich oͤffentlicher Beschimpfung ausgesetzt zu sehen; und von der
Einbildung hingerissen, daß seine Leiden nicht anders, als durch seinen Tod,
gehoben wer- den koͤnnten; kam er auf den ungluͤcklichen
Ent- schluß, durch den Tod eines unschuldigen Kindes, seinem qualvollen
Leben und seinem Leiden ein gewis- ses und sichres Ende zu machen.
Er liebte dieß Kind außerordentlich, sowohl nach
seinem eignen Gestaͤndniß, als nach dem Zeug-
niß
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[28/0032]
mann von Winterfeld erschießen, und stuͤrzte sich
bei dem Herrn Ordensrath Wißmann aus dem Fen-
ster des dritten Stockwerks.
Er kam wirklich in traurige Umstaͤnde, konnte
vom December 1772 bis zum Februar 1781 mit
der groͤßten Muͤhe, durch Naͤhen, kaum seinen
hoͤchst nothwendigen Unterhalt erwerben, und hatte
noch einige kleine Schulden, die er gern bezahlen
wollte, und doch kein Mittel, dieses zu bewerkstel-
ligen, sahe.
Von der heftigsten innren Unruhe und Angst
gefoltert, die er lange durch bruͤnstiges Gebet zu
Gott und Singen unterdruͤckte, aber nicht zu
heben vermochte; von der grausamsten Furcht ge-
quaͤlet, ein ungluͤckliches und elendes Leben fuͤhren
zu muͤssen; seiner Schulden wegen, die freilich un-
betraͤchtlich waren, verklagt zu werden, und sich
oͤffentlicher Beschimpfung ausgesetzt zu sehen; und
von der Einbildung hingerissen, daß seine Leiden
nicht anders, als durch seinen Tod, gehoben wer-
den koͤnnten; kam er auf den ungluͤcklichen Ent-
schluß, durch den Tod eines unschuldigen Kindes,
seinem qualvollen Leben und seinem Leiden ein gewis-
ses und sichres Ende zu machen.
Er liebte dieß Kind außerordentlich, sowohl
nach seinem eignen Gestaͤndniß, als nach dem Zeug-
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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/32>, abgerufen am 16.07.2024.
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