per sind, deren nächste Ursach, oder das Verhält- niß, wodurch sie bewürkt
werden, ausser der Sphäre meines Bewußtseyns liegt, so kann
ich mir, wenn ich z. B. sage, es hungert mich,
un- ter dem es nichts weiter, als die Empfindung
des Hungerns selber denken, und kann es folglich auch ganz weglassen, und
sagen, mich hungert, ohne daß mein Gedanke von seiner
Vollständigkeit etwas verliert. Freilich würde die
nächste Ursach der kör- perlichen Empfindungen, die wir uns
allenfalls un- ter dem es denken könnten, sich
auch mit ihnen in eins verweben, und wir
würden dadurch nur eine genauere Kenntniß von der wahren
Beschaffen- heit dieser körperlichen Empfindungen erhalten,
ohne auf eine würkende Ursach zu stossen, welche sie
her- vorbringt.
Aus allen diesem erhellet, daß die unpersön- lichen Zeitwörter das
bezeichnen, was sowohl in unsrem Körper, als in den innersten Tiefen
unsrer Seele vorgehet, und wovon wir uns nur dunkle Begriffe machen
können; und daß wir durch das unpersönliche es dasjenige anzudeuten suchen, was außer der Sphäre unsrer
Begriffe liegt, und wofür die Spra- che keinen Nahmen hat. Eine
Vergleichung der unpersönlichen Zeitwörter mehrerer Sprachen
wür- de daher gewiß in dieser Rücksicht eine
nützliche Beschäftigung seyn.
Um
G5
per sind, deren naͤchste Ursach, oder das Verhaͤlt- niß, wodurch sie bewuͤrkt
werden, ausser der Sphaͤre meines Bewußtseyns liegt, so kann
ich mir, wenn ich z. B. sage, es hungert mich,
un- ter dem es nichts weiter, als die Empfindung
des Hungerns selber denken, und kann es folglich auch ganz weglassen, und
sagen, mich hungert, ohne daß mein Gedanke von seiner
Vollstaͤndigkeit etwas verliert. Freilich wuͤrde die
naͤchste Ursach der koͤr- perlichen Empfindungen, die wir uns
allenfalls un- ter dem es denken koͤnnten, sich
auch mit ihnen in eins verweben, und wir
wuͤrden dadurch nur eine genauere Kenntniß von der wahren
Beschaffen- heit dieser koͤrperlichen Empfindungen erhalten,
ohne auf eine wuͤrkende Ursach zu stossen, welche sie
her- vorbringt.
Aus allen diesem erhellet, daß die unpersoͤn- lichen Zeitwoͤrter das
bezeichnen, was sowohl in unsrem Koͤrper, als in den innersten Tiefen
unsrer Seele vorgehet, und wovon wir uns nur dunkle Begriffe machen
koͤnnen; und daß wir durch das unpersoͤnliche es dasjenige anzudeuten suchen, was außer der Sphaͤre unsrer
Begriffe liegt, und wofuͤr die Spra- che keinen Nahmen hat. Eine
Vergleichung der unpersoͤnlichen Zeitwoͤrter mehrerer Sprachen
wuͤr- de daher gewiß in dieser Ruͤcksicht eine
nuͤtzliche Beschaͤftigung seyn.
Um
G5
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per sind, deren naͤchste Ursach, oder das Verhaͤlt-
niß, wodurch sie bewuͤrkt werden, ausser der
Sphaͤre meines Bewußtseyns liegt, so kann ich
mir, wenn ich z. B. sage, es hungert mich, un-
ter dem es nichts weiter, als die Empfindung des
Hungerns selber denken, und kann es folglich auch
ganz weglassen, und sagen, mich hungert, ohne
daß mein Gedanke von seiner Vollstaͤndigkeit etwas
verliert. Freilich wuͤrde die naͤchste Ursach der koͤr-
perlichen Empfindungen, die wir uns allenfalls un-
ter dem es denken koͤnnten, sich auch mit ihnen
in eins verweben, und wir wuͤrden dadurch nur
eine genauere Kenntniß von der wahren Beschaffen-
heit dieser koͤrperlichen Empfindungen erhalten, ohne
auf eine wuͤrkende Ursach zu stossen, welche sie her-
vorbringt.
Aus allen diesem erhellet, daß die unpersoͤn-
lichen Zeitwoͤrter das bezeichnen, was sowohl in unsrem
Koͤrper, als in den innersten Tiefen unsrer Seele
vorgehet, und wovon wir uns nur dunkle Begriffe
machen koͤnnen; und daß wir durch das unpersoͤnliche
es dasjenige anzudeuten suchen, was außer der
Sphaͤre unsrer Begriffe liegt, und wofuͤr die Spra-
che keinen Nahmen hat. Eine Vergleichung der
unpersoͤnlichen Zeitwoͤrter mehrerer Sprachen wuͤr-
de daher gewiß in dieser Ruͤcksicht eine nuͤtzliche
Beschaͤftigung seyn.
Um
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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/109>, abgerufen am 18.07.2024.
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