Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


Seele desselben mag man doch noch gerne sehen? Die kann ich nicht sehen, bezeichnete sie.

Hierbei nahm ich denn Gelegenheit ihr zu zeigen: daß da Gott auch ein Geist sey, so wäre er doch wahrhaftig als Gott da, ob man ihn schon nicht sehen könnte. Und von dem hätten wir unsern Ursprung. Unser Leib wäre aus Erde gebildet, wie ich ihr bei Schöpfung des Menschen gezeiget hatte. Wenn der Mensch nun stürbe, fuhr ich fort, müßte der Leib zur Erde werden, wovon er genommen wäre, die Seele aber ginge wieder zu Gott, von dem sie ihren Ursprung hätte. Ja, ich wollte ihr noch mehr sagen, dieser Gott wäre unsichtbarer Weise allgegenwärtig, wir möchten uns hinwenden, wo wir wollten, so wäre Gott da, er sähe und hörete, alles was wir thäten und redeten, und dieser Gott sey allmächtig, das hieße: er könnte alles hervorbringen, z.E. daß die Sonne uns schiene und nicht schiene, daß es regnete und aufhörte, daß es donnerte und wieder aufhörte, und das Gewitter gnädiglich vorüber ginge, u.d.m.

Nun frug ich sie, ob das ein Mensch könnte hervorbringen und abwenden, es fiel ihr leicht hierauf: Nein zu schreiben, und sie zeigte mir durch Zeichen, daß ihr jetzt eben eine solche Begebenheit einfiele. Wie wir vor einigen Jahren das schwere Hagelwetter gehabt hätten, so sei kein Mensch vermögend gewesen, demselben zu wehren, sogar des Durchl. Herzogs Fenster wären auch zerschlagen.


Seele desselben mag man doch noch gerne sehen? Die kann ich nicht sehen, bezeichnete sie.

Hierbei nahm ich denn Gelegenheit ihr zu zeigen: daß da Gott auch ein Geist sey, so waͤre er doch wahrhaftig als Gott da, ob man ihn schon nicht sehen koͤnnte. Und von dem haͤtten wir unsern Ursprung. Unser Leib waͤre aus Erde gebildet, wie ich ihr bei Schoͤpfung des Menschen gezeiget hatte. Wenn der Mensch nun stuͤrbe, fuhr ich fort, muͤßte der Leib zur Erde werden, wovon er genommen waͤre, die Seele aber ginge wieder zu Gott, von dem sie ihren Ursprung haͤtte. Ja, ich wollte ihr noch mehr sagen, dieser Gott waͤre unsichtbarer Weise allgegenwaͤrtig, wir moͤchten uns hinwenden, wo wir wollten, so waͤre Gott da, er saͤhe und hoͤrete, alles was wir thaͤten und redeten, und dieser Gott sey allmaͤchtig, das hieße: er koͤnnte alles hervorbringen, z.E. daß die Sonne uns schiene und nicht schiene, daß es regnete und aufhoͤrte, daß es donnerte und wieder aufhoͤrte, und das Gewitter gnaͤdiglich voruͤber ginge, u.d.m.

Nun frug ich sie, ob das ein Mensch koͤnnte hervorbringen und abwenden, es fiel ihr leicht hierauf: Nein zu schreiben, und sie zeigte mir durch Zeichen, daß ihr jetzt eben eine solche Begebenheit einfiele. Wie wir vor einigen Jahren das schwere Hagelwetter gehabt haͤtten, so sei kein Mensch vermoͤgend gewesen, demselben zu wehren, sogar des Durchl. Herzogs Fenster waͤren auch zerschlagen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0098" n="94"/><lb/>
Seele desselben                         mag man doch noch gerne sehen? Die kann ich nicht sehen, bezeichnete sie. </p>
            <p>Hierbei nahm ich denn Gelegenheit ihr zu zeigen: daß da Gott                         auch ein Geist sey, so wa&#x0364;re er doch wahrhaftig als Gott da, ob man ihn schon                         nicht sehen ko&#x0364;nnte. Und von dem ha&#x0364;tten wir unsern Ursprung. Unser Leib wa&#x0364;re                         aus Erde gebildet, wie ich ihr bei Scho&#x0364;pfung des Menschen gezeiget hatte.                         Wenn der Mensch nun stu&#x0364;rbe, fuhr ich fort, mu&#x0364;ßte der Leib zur Erde werden,                         wovon er genommen wa&#x0364;re, die Seele aber ginge wieder zu Gott, von dem sie                         ihren Ursprung ha&#x0364;tte. Ja, ich wollte ihr noch mehr sagen, dieser Gott wa&#x0364;re                         unsichtbarer Weise allgegenwa&#x0364;rtig, wir mo&#x0364;chten uns hinwenden, wo wir                         wollten, so wa&#x0364;re Gott da, er sa&#x0364;he und ho&#x0364;rete, alles was wir tha&#x0364;ten und                         redeten, und dieser Gott sey allma&#x0364;chtig, das hieße: er ko&#x0364;nnte alles                         hervorbringen, z.E. daß die Sonne uns schiene und nicht schiene, daß es                         regnete und aufho&#x0364;rte, daß es donnerte und wieder aufho&#x0364;rte, und das Gewitter                         gna&#x0364;diglich voru&#x0364;ber ginge, u.d.m. </p>
            <p>Nun frug ich sie, ob das ein Mensch ko&#x0364;nnte hervorbringen und                         abwenden, es fiel ihr leicht hierauf: Nein zu schreiben, und sie zeigte mir                         durch Zeichen, daß ihr jetzt eben eine solche Begebenheit einfiele. Wie wir                         vor einigen Jahren das schwere Hagelwetter gehabt ha&#x0364;tten, so sei kein Mensch                         vermo&#x0364;gend gewesen, demselben zu wehren, sogar des Durchl. Herzogs Fenster                         wa&#x0364;ren auch zerschlagen.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0098] Seele desselben mag man doch noch gerne sehen? Die kann ich nicht sehen, bezeichnete sie. Hierbei nahm ich denn Gelegenheit ihr zu zeigen: daß da Gott auch ein Geist sey, so waͤre er doch wahrhaftig als Gott da, ob man ihn schon nicht sehen koͤnnte. Und von dem haͤtten wir unsern Ursprung. Unser Leib waͤre aus Erde gebildet, wie ich ihr bei Schoͤpfung des Menschen gezeiget hatte. Wenn der Mensch nun stuͤrbe, fuhr ich fort, muͤßte der Leib zur Erde werden, wovon er genommen waͤre, die Seele aber ginge wieder zu Gott, von dem sie ihren Ursprung haͤtte. Ja, ich wollte ihr noch mehr sagen, dieser Gott waͤre unsichtbarer Weise allgegenwaͤrtig, wir moͤchten uns hinwenden, wo wir wollten, so waͤre Gott da, er saͤhe und hoͤrete, alles was wir thaͤten und redeten, und dieser Gott sey allmaͤchtig, das hieße: er koͤnnte alles hervorbringen, z.E. daß die Sonne uns schiene und nicht schiene, daß es regnete und aufhoͤrte, daß es donnerte und wieder aufhoͤrte, und das Gewitter gnaͤdiglich voruͤber ginge, u.d.m. Nun frug ich sie, ob das ein Mensch koͤnnte hervorbringen und abwenden, es fiel ihr leicht hierauf: Nein zu schreiben, und sie zeigte mir durch Zeichen, daß ihr jetzt eben eine solche Begebenheit einfiele. Wie wir vor einigen Jahren das schwere Hagelwetter gehabt haͤtten, so sei kein Mensch vermoͤgend gewesen, demselben zu wehren, sogar des Durchl. Herzogs Fenster waͤren auch zerschlagen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/98
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/98>, abgerufen am 24.11.2024.