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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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Mannes mitzutheilen. Jch fühle jetzt, daß ich diesen Charakter lange nicht so studiert habe, um die Erscheinungen, die ich zu bemerken Gelegenheit hatte, aus psychologischen Gründen erklären zu können, oder auch nur dem Erklärer gehörige Data zu liefern. Jnzwischen hab ich Jhnen einmal mein Wort gegeben, und ich glaube wenigstens ein Beispiel mehr zu der Wahrheit herzugeben, die zwar schon lange dafür erkannt, aber doch nie lebhaft genug kann vorgestellt werden; ich meine, daß die Handlungen unsres ganzen Lebens sich nach den Grundsätzen richten, die sich in unsrer ersten Jugend bei uns festgesetzt haben, und daß es große Mühe kostet, einige irrige, aber beinah unmöglich ist, sie alle auszurotten.

Der Mann, von dem ich reden will, hieß Robert G... und war in einem Städtchen bei Stettin geboren. Seinen Vater behielt er nur bis in sein achtes Jahr, aber, ob ihm gleich seine Gestalt und Gesicht ganz entfallen war, so hat er mir doch in seinem zweiunddreißigsten Jahre noch kleine Auftritte erzählt, deren er sich recht lebhaft erinnerte. So wußte er auch noch viele Reden seines Vaters, von welchen er gestand, daß die lebhafte Erinnerung an sie, ihn oft mitten im Sturm unedler Leidenschaften aufgehalten habe. Bis in sein zwölftes Jahr genoß er Privatunterricht in dem Hause seiner Mutter, wo er auf das Gymnasium nach Stettin gebracht wurde. Die Schüler leben hier


Mannes mitzutheilen. Jch fuͤhle jetzt, daß ich diesen Charakter lange nicht so studiert habe, um die Erscheinungen, die ich zu bemerken Gelegenheit hatte, aus psychologischen Gruͤnden erklaͤren zu koͤnnen, oder auch nur dem Erklaͤrer gehoͤrige Data zu liefern. Jnzwischen hab ich Jhnen einmal mein Wort gegeben, und ich glaube wenigstens ein Beispiel mehr zu der Wahrheit herzugeben, die zwar schon lange dafuͤr erkannt, aber doch nie lebhaft genug kann vorgestellt werden; ich meine, daß die Handlungen unsres ganzen Lebens sich nach den Grundsaͤtzen richten, die sich in unsrer ersten Jugend bei uns festgesetzt haben, und daß es große Muͤhe kostet, einige irrige, aber beinah unmoͤglich ist, sie alle auszurotten.

Der Mann, von dem ich reden will, hieß Robert G... und war in einem Staͤdtchen bei Stettin geboren. Seinen Vater behielt er nur bis in sein achtes Jahr, aber, ob ihm gleich seine Gestalt und Gesicht ganz entfallen war, so hat er mir doch in seinem zweiunddreißigsten Jahre noch kleine Auftritte erzaͤhlt, deren er sich recht lebhaft erinnerte. So wußte er auch noch viele Reden seines Vaters, von welchen er gestand, daß die lebhafte Erinnerung an sie, ihn oft mitten im Sturm unedler Leidenschaften aufgehalten habe. Bis in sein zwoͤlftes Jahr genoß er Privatunterricht in dem Hause seiner Mutter, wo er auf das Gymnasium nach Stettin gebracht wurde. Die Schuͤler leben hier

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[2/0006] Mannes mitzutheilen. Jch fuͤhle jetzt, daß ich diesen Charakter lange nicht so studiert habe, um die Erscheinungen, die ich zu bemerken Gelegenheit hatte, aus psychologischen Gruͤnden erklaͤren zu koͤnnen, oder auch nur dem Erklaͤrer gehoͤrige Data zu liefern. Jnzwischen hab ich Jhnen einmal mein Wort gegeben, und ich glaube wenigstens ein Beispiel mehr zu der Wahrheit herzugeben, die zwar schon lange dafuͤr erkannt, aber doch nie lebhaft genug kann vorgestellt werden; ich meine, daß die Handlungen unsres ganzen Lebens sich nach den Grundsaͤtzen richten, die sich in unsrer ersten Jugend bei uns festgesetzt haben, und daß es große Muͤhe kostet, einige irrige, aber beinah unmoͤglich ist, sie alle auszurotten. Der Mann, von dem ich reden will, hieß Robert G... und war in einem Staͤdtchen bei Stettin geboren. Seinen Vater behielt er nur bis in sein achtes Jahr, aber, ob ihm gleich seine Gestalt und Gesicht ganz entfallen war, so hat er mir doch in seinem zweiunddreißigsten Jahre noch kleine Auftritte erzaͤhlt, deren er sich recht lebhaft erinnerte. So wußte er auch noch viele Reden seines Vaters, von welchen er gestand, daß die lebhafte Erinnerung an sie, ihn oft mitten im Sturm unedler Leidenschaften aufgehalten habe. Bis in sein zwoͤlftes Jahr genoß er Privatunterricht in dem Hause seiner Mutter, wo er auf das Gymnasium nach Stettin gebracht wurde. Die Schuͤler leben hier

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/6>, abgerufen am 27.11.2024.