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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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Einst fand ich ihn an einem strengen Winterabend unter freiem Himmel, und als ich ihn fragte, womit er sich da so allein beschäftige? antwortete er mir: ich gucke nach den Sternen; sehen Sie nur, wie sie da flimmern!

"Macht Dir denn das Freude?

Phil. Ja wohl! o ich mögte die ganze Nacht hier stehen und den Himmel ansehen.

"Da würdest Du ziemlich frieren müssen; ich dächte, Du könntest ihn durchs Stubenfenster eben so gut beobachten?

Phil. Nein, da kann ich nicht so viel Sterne sehen, und denn ists gleich nicht so schön.

"Also freuest Du Dich darüber, daß ihrer so viele sind?

Phil. Ja, da gucke ich am ganzen Himmel umher, und allenthalben sind Sterne; hier ein großer, dort ein kleiner und denn wieder ein großer, und so gehts immer fort -- Aber hören Sie einmal: kommen wir denn, wenn wir sterben, dort in das Blaue oder auf einen Stern?

"Lieber Philipp, das ist eine Sache, die ich nicht gewiß wissen kann, weil wir es erst erfahren, wenn wir todt sind. Jns Blaue werden wir nun wohl nicht kommen, denn das ist lauter Luft; ob wir aber auf einem Stern oder an einem Orte leben werden, von dem wir noch gar nicht wissen, wo er ist, das kann ich Dir nicht sagen. Allein


***

Einst fand ich ihn an einem strengen Winterabend unter freiem Himmel, und als ich ihn fragte, womit er sich da so allein beschaͤftige? antwortete er mir: ich gucke nach den Sternen; sehen Sie nur, wie sie da flimmern!

»Macht Dir denn das Freude?

Phil. Ja wohl! o ich moͤgte die ganze Nacht hier stehen und den Himmel ansehen.

»Da wuͤrdest Du ziemlich frieren muͤssen; ich daͤchte, Du koͤnntest ihn durchs Stubenfenster eben so gut beobachten?

Phil. Nein, da kann ich nicht so viel Sterne sehen, und denn ists gleich nicht so schoͤn.

»Also freuest Du Dich daruͤber, daß ihrer so viele sind?

Phil. Ja, da gucke ich am ganzen Himmel umher, und allenthalben sind Sterne; hier ein großer, dort ein kleiner und denn wieder ein großer, und so gehts immer fort ― Aber hoͤren Sie einmal: kommen wir denn, wenn wir sterben, dort in das Blaue oder auf einen Stern?

»Lieber Philipp, das ist eine Sache, die ich nicht gewiß wissen kann, weil wir es erst erfahren, wenn wir todt sind. Jns Blaue werden wir nun wohl nicht kommen, denn das ist lauter Luft; ob wir aber auf einem Stern oder an einem Orte leben werden, von dem wir noch gar nicht wissen, wo er ist, das kann ich Dir nicht sagen. Allein

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[120/0124] *** Einst fand ich ihn an einem strengen Winterabend unter freiem Himmel, und als ich ihn fragte, womit er sich da so allein beschaͤftige? antwortete er mir: ich gucke nach den Sternen; sehen Sie nur, wie sie da flimmern! »Macht Dir denn das Freude? Phil. Ja wohl! o ich moͤgte die ganze Nacht hier stehen und den Himmel ansehen. »Da wuͤrdest Du ziemlich frieren muͤssen; ich daͤchte, Du koͤnntest ihn durchs Stubenfenster eben so gut beobachten? Phil. Nein, da kann ich nicht so viel Sterne sehen, und denn ists gleich nicht so schoͤn. »Also freuest Du Dich daruͤber, daß ihrer so viele sind? Phil. Ja, da gucke ich am ganzen Himmel umher, und allenthalben sind Sterne; hier ein großer, dort ein kleiner und denn wieder ein großer, und so gehts immer fort ― Aber hoͤren Sie einmal: kommen wir denn, wenn wir sterben, dort in das Blaue oder auf einen Stern? »Lieber Philipp, das ist eine Sache, die ich nicht gewiß wissen kann, weil wir es erst erfahren, wenn wir todt sind. Jns Blaue werden wir nun wohl nicht kommen, denn das ist lauter Luft; ob wir aber auf einem Stern oder an einem Orte leben werden, von dem wir noch gar nicht wissen, wo er ist, das kann ich Dir nicht sagen. Allein

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/124>, abgerufen am 24.11.2024.