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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

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Leben Sie wohl, mein Lieber, seyn Sie vergnügt und zufrieden, und nicht zu voreilig und geschwindschlüßig in Bestimmung Jhrer zukünftigen Umstände aus den gegenwärtigen. Es ist wahr, die Gegenwart geschwängert vom Vergangnen, wird Mutter vom Zukünftigen, aber wissen Sie auch, daß weder das Gebähren noch das Empfangen dieser Mutter auf einmal geschieht; sondern allmälich. Sie empfängt und gebährt ununterbrochen fort, und jede ihrer Früchte wird augenblicklich bei der Entstehung wieder Empfängerinn und Gebährerinn; und daher kann die ganze Frucht von uns Endlichen weder umfast, noch vorausgesehn werden. Aber Der sie umfast und voraussehn kann, hat sie vorausgesehn und nach eignem Gefallen bestimmt. Und da Er gut und weise ist, zum Besten eines jeden von uns bestimmt.

Fahren Sie fort mich zu lieben, so wie ich Sie von ganzem Herzen liebe.

Marcus Hertz.



Leben Sie wohl, mein Lieber, seyn Sie vergnuͤgt und zufrieden, und nicht zu voreilig und geschwindschluͤßig in Bestimmung Jhrer zukuͤnftigen Umstaͤnde aus den gegenwaͤrtigen. Es ist wahr, die Gegenwart geschwaͤngert vom Vergangnen, wird Mutter vom Zukuͤnftigen, aber wissen Sie auch, daß weder das Gebaͤhren noch das Empfangen dieser Mutter auf einmal geschieht; sondern allmaͤlich. Sie empfaͤngt und gebaͤhrt ununterbrochen fort, und jede ihrer Fruͤchte wird augenblicklich bei der Entstehung wieder Empfaͤngerinn und Gebaͤhrerinn; und daher kann die ganze Frucht von uns Endlichen weder umfast, noch vorausgesehn werden. Aber Der sie umfast und voraussehn kann, hat sie vorausgesehn und nach eignem Gefallen bestimmt. Und da Er gut und weise ist, zum Besten eines jeden von uns bestimmt.

Fahren Sie fort mich zu lieben, so wie ich Sie von ganzem Herzen liebe.

Marcus Hertz.


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[73/0077] Leben Sie wohl, mein Lieber, seyn Sie vergnuͤgt und zufrieden, und nicht zu voreilig und geschwindschluͤßig in Bestimmung Jhrer zukuͤnftigen Umstaͤnde aus den gegenwaͤrtigen. Es ist wahr, die Gegenwart geschwaͤngert vom Vergangnen, wird Mutter vom Zukuͤnftigen, aber wissen Sie auch, daß weder das Gebaͤhren noch das Empfangen dieser Mutter auf einmal geschieht; sondern allmaͤlich. Sie empfaͤngt und gebaͤhrt ununterbrochen fort, und jede ihrer Fruͤchte wird augenblicklich bei der Entstehung wieder Empfaͤngerinn und Gebaͤhrerinn; und daher kann die ganze Frucht von uns Endlichen weder umfast, noch vorausgesehn werden. Aber Der sie umfast und voraussehn kann, hat sie vorausgesehn und nach eignem Gefallen bestimmt. Und da Er gut und weise ist, zum Besten eines jeden von uns bestimmt. Fahren Sie fort mich zu lieben, so wie ich Sie von ganzem Herzen liebe. Marcus Hertz.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/77>, abgerufen am 29.11.2024.