Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.
Den 3ten endlich setzte sie es durch. Sie erhielt die Erlaubniß meines Arztes: weil man nichts mehr zu verlieren hat. Meine Phantasie lagerte mich gerade diesen Tag in der neuen Friedrichsstrasse auf irgend einen Boden. Als ich auf mein Bitten, man möchte Kutsch und Pferde holen, um mich nach meiner Lesestube zu bringen, von meiner lieben Schwiegermutter die Versicherung erhielt, daß es binnen einigen Stunden geschehen wird, so war ich ausser mir, und versicherte allen: daß ich da ruhig und gesund werde. Und als man mir nach einigen Stunden die Thüre öfnete, und sagte: ich wäre nahe an meinem verlangten Zimmer, so rief ich voller Freude: nun bedarf es ja nicht einmal der Kutsch und Pferde! Des Mittags war meine Lesestube erwärmt; ein neues Bett zubereitet, und man brachte mich hinein. Mit dem Augenblick änderte sich mein ganzes innres Gefühl. Jch lag ungefähr zehn Minuten und auf einmal überfiel mich, zum größten Erstaunen aller, ein sanfter ruhiger Schlaf, der zwei Stunden anhielt; erwachte darauf einige Mi-
Den 3ten endlich setzte sie es durch. Sie erhielt die Erlaubniß meines Arztes: weil man nichts mehr zu verlieren hat. Meine Phantasie lagerte mich gerade diesen Tag in der neuen Friedrichsstrasse auf irgend einen Boden. Als ich auf mein Bitten, man moͤchte Kutsch und Pferde holen, um mich nach meiner Lesestube zu bringen, von meiner lieben Schwiegermutter die Versicherung erhielt, daß es binnen einigen Stunden geschehen wird, so war ich ausser mir, und versicherte allen: daß ich da ruhig und gesund werde. Und als man mir nach einigen Stunden die Thuͤre oͤfnete, und sagte: ich waͤre nahe an meinem verlangten Zimmer, so rief ich voller Freude: nun bedarf es ja nicht einmal der Kutsch und Pferde! Des Mittags war meine Lesestube erwaͤrmt; ein neues Bett zubereitet, und man brachte mich hinein. Mit dem Augenblick aͤnderte sich mein ganzes innres Gefuͤhl. Jch lag ungefaͤhr zehn Minuten und auf einmal uͤberfiel mich, zum groͤßten Erstaunen aller, ein sanfter ruhiger Schlaf, der zwei Stunden anhielt; erwachte darauf einige Mi- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0073" n="69"/><lb/> Ohne diesen haͤtte ich binnen einigen Tagen dennoch darauf gehn muͤssen. Meine wuͤrdige Schwiegermutter bestand schon einige Tage vorher darauf, daß man meinem Verlangen willfahre, und mich nach meiner Lesestube bringe, aber meine Aerzte wollten, aus welchem Grunde weiß ich nicht, es nicht zugeben. </p> <p>Den 3ten endlich setzte sie es durch. Sie erhielt die Erlaubniß meines Arztes: <hi rendition="#b">weil man nichts mehr zu verlieren hat.</hi> Meine Phantasie lagerte mich gerade diesen Tag in der neuen Friedrichsstrasse auf irgend einen Boden. Als ich auf mein Bitten, man moͤchte Kutsch und Pferde holen, um mich nach meiner Lesestube zu bringen, von meiner lieben Schwiegermutter die Versicherung erhielt, daß es binnen einigen Stunden geschehen wird, so war ich ausser mir, und versicherte allen: daß ich da ruhig und gesund werde. Und als man mir nach einigen Stunden die Thuͤre oͤfnete, und sagte: ich waͤre nahe an meinem verlangten Zimmer, so rief ich voller Freude: <hi rendition="#b">nun bedarf es ja nicht einmal der Kutsch und Pferde!</hi></p> <p>Des Mittags war meine Lesestube erwaͤrmt; ein neues Bett zubereitet, und man brachte mich hinein. Mit dem Augenblick aͤnderte sich mein ganzes innres Gefuͤhl. Jch lag ungefaͤhr zehn Minuten und auf einmal uͤberfiel mich, zum groͤßten Erstaunen aller, ein sanfter ruhiger Schlaf, der zwei Stunden anhielt; erwachte darauf einige Mi-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0073]
Ohne diesen haͤtte ich binnen einigen Tagen dennoch darauf gehn muͤssen. Meine wuͤrdige Schwiegermutter bestand schon einige Tage vorher darauf, daß man meinem Verlangen willfahre, und mich nach meiner Lesestube bringe, aber meine Aerzte wollten, aus welchem Grunde weiß ich nicht, es nicht zugeben.
Den 3ten endlich setzte sie es durch. Sie erhielt die Erlaubniß meines Arztes: weil man nichts mehr zu verlieren hat. Meine Phantasie lagerte mich gerade diesen Tag in der neuen Friedrichsstrasse auf irgend einen Boden. Als ich auf mein Bitten, man moͤchte Kutsch und Pferde holen, um mich nach meiner Lesestube zu bringen, von meiner lieben Schwiegermutter die Versicherung erhielt, daß es binnen einigen Stunden geschehen wird, so war ich ausser mir, und versicherte allen: daß ich da ruhig und gesund werde. Und als man mir nach einigen Stunden die Thuͤre oͤfnete, und sagte: ich waͤre nahe an meinem verlangten Zimmer, so rief ich voller Freude: nun bedarf es ja nicht einmal der Kutsch und Pferde!
Des Mittags war meine Lesestube erwaͤrmt; ein neues Bett zubereitet, und man brachte mich hinein. Mit dem Augenblick aͤnderte sich mein ganzes innres Gefuͤhl. Jch lag ungefaͤhr zehn Minuten und auf einmal uͤberfiel mich, zum groͤßten Erstaunen aller, ein sanfter ruhiger Schlaf, der zwei Stunden anhielt; erwachte darauf einige Mi-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |