Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.
*** Diese Erzählung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektüre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige So viel, dünkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverrückung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfänglich auch verwirrt und unverständlich gesprochen hatte, und dessen Verrückung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.
*** Diese Erzaͤhlung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektuͤre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige So viel, duͤnkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverruͤckung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfaͤnglich auch verwirrt und unverstaͤndlich gesprochen hatte, und dessen Verruͤckung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war. <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0046" n="42"/><lb/> »funfzig Thaler durch Heiligung des Bra-« mit einem Abbrechungszeichen, weil die Zeile zu Ende war. Es war mir nicht moͤglich, mich auf etwas in meinen vorhergegangnen Vorstellungen oder Geschaͤften zu besinnen, welches durch einen dunklen mechanischen Einfluß zu diesen unverstaͤndlichen Worten haͤtte Anlaß geben koͤnnen. </p> <p rend="center">***</p> <p>Diese Erzaͤhlung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektuͤre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0142"><note type="editorial">Sulzer, Johann Georg</note>Sulzer</persName></hi> selbst sagte mir in seiner Antwort hierauf manche Seltsamkeiten von etwas aͤhnlicher Art, die er theils an sich, theils an Bekannten erlebt hatte; doch gestand er einen betraͤchtlichen Unterschied zwischen denselben und dem gegenwaͤrtigen Fall. </p> <p>So viel, duͤnkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverruͤckung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfaͤnglich auch verwirrt und unverstaͤndlich gesprochen hatte, und dessen Verruͤckung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0046]
»funfzig Thaler durch Heiligung des Bra-« mit einem Abbrechungszeichen, weil die Zeile zu Ende war. Es war mir nicht moͤglich, mich auf etwas in meinen vorhergegangnen Vorstellungen oder Geschaͤften zu besinnen, welches durch einen dunklen mechanischen Einfluß zu diesen unverstaͤndlichen Worten haͤtte Anlaß geben koͤnnen.
***
Diese Erzaͤhlung mag gar leicht in den Augen anderer, die aus der Erfahrung oder aus Lektuͤre mehr mit den mannichfaltigen Erscheinungen in der menschlichen Natur bekannt sind, weit weniger Befremdendes und Sonderbares an sich haben, als in den meinigen. Der seelige Sulzer selbst sagte mir in seiner Antwort hierauf manche Seltsamkeiten von etwas aͤhnlicher Art, die er theils an sich, theils an Bekannten erlebt hatte; doch gestand er einen betraͤchtlichen Unterschied zwischen denselben und dem gegenwaͤrtigen Fall.
So viel, duͤnkt mich, folgt aus diesem letzteren, daß es nicht so leicht sey, von der Verstandesverruͤckung eines andern zu urtheilen. Jch erinnerte mich mitten in meinem oben beschriebenen Zustande eines damals in dem hiesigen Jrrenhause befindlichen Candidaten, der anfaͤnglich auch verwirrt und unverstaͤndlich gesprochen hatte, und dessen Verruͤckung nachher darein gesetzt ward, daß er zu gar keinem weiteren Sprechen zu bringen war.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/46 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/46>, abgerufen am 27.07.2024. |