Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


scheint sich, wenn ich auch fernerhin Wasser trinke, (besonders wenn ich zum verdrüßlichen Reden veranlaßt werde,) die Kraft des schon getrunknen Weins zu vervielfachen. Jch rede erst wahr und derb, dann wahr und unvorsichtig, dann wahr und unsittlich, weil ich bis ins achtzehnte Jahr unter lauter sehr gemeinen Leuten, durch schlechte Redensarten, erzogen bin, und also, wenn ich die Feder nicht in der Hand habe, jeder unbesonnene Affekt mich in diese ungeschlifne Sprache wieder zurückführt.

Daher wähle ich zuweilen, wenn Gelegenheit ohne mich da ist, in solchem Drange meiner Gedankennoth, lieber ein, die Aufmerksamkeit erzwingendes, Spiel, als den Wein. Wenn ich aber nicht entweder zur Verbesserung der Wissenschaften, oder im Grame grüble; alsdann, und also gemeiniglich, lebe ich höchst ordentlich und enthaltsam von Wein und Spiel.



scheint sich, wenn ich auch fernerhin Wasser trinke, (besonders wenn ich zum verdruͤßlichen Reden veranlaßt werde,) die Kraft des schon getrunknen Weins zu vervielfachen. Jch rede erst wahr und derb, dann wahr und unvorsichtig, dann wahr und unsittlich, weil ich bis ins achtzehnte Jahr unter lauter sehr gemeinen Leuten, durch schlechte Redensarten, erzogen bin, und also, wenn ich die Feder nicht in der Hand habe, jeder unbesonnene Affekt mich in diese ungeschlifne Sprache wieder zuruͤckfuͤhrt.

Daher waͤhle ich zuweilen, wenn Gelegenheit ohne mich da ist, in solchem Drange meiner Gedankennoth, lieber ein, die Aufmerksamkeit erzwingendes, Spiel, als den Wein. Wenn ich aber nicht entweder zur Verbesserung der Wissenschaften, oder im Grame gruͤble; alsdann, und also gemeiniglich, lebe ich hoͤchst ordentlich und enthaltsam von Wein und Spiel.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0041" n="37"/><lb/>
scheint sich, wenn ich auch                         fernerhin Wasser trinke, (besonders wenn ich zum verdru&#x0364;ßlichen Reden                         veranlaßt werde,) die Kraft des schon getrunknen Weins zu vervielfachen. Jch                         rede erst wahr und derb, dann wahr und unvorsichtig, dann wahr und                         unsittlich, weil ich bis ins achtzehnte Jahr unter lauter sehr gemeinen                         Leuten, durch schlechte Redensarten, erzogen bin, und also, wenn ich die                         Feder nicht in der Hand habe, jeder unbesonnene Affekt mich in diese                         ungeschlifne Sprache wieder zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hrt. </p>
          <p>Daher wa&#x0364;hle ich zuweilen, wenn Gelegenheit ohne mich da ist, in solchem                         Drange meiner Gedankennoth, lieber ein, die Aufmerksamkeit erzwingendes,                         Spiel, als den Wein. Wenn ich aber nicht entweder zur Verbesserung der                         Wissenschaften, oder im Grame gru&#x0364;ble; alsdann, und also gemeiniglich, lebe                         ich ho&#x0364;chst ordentlich und enthaltsam von Wein und Spiel. </p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0041] scheint sich, wenn ich auch fernerhin Wasser trinke, (besonders wenn ich zum verdruͤßlichen Reden veranlaßt werde,) die Kraft des schon getrunknen Weins zu vervielfachen. Jch rede erst wahr und derb, dann wahr und unvorsichtig, dann wahr und unsittlich, weil ich bis ins achtzehnte Jahr unter lauter sehr gemeinen Leuten, durch schlechte Redensarten, erzogen bin, und also, wenn ich die Feder nicht in der Hand habe, jeder unbesonnene Affekt mich in diese ungeschlifne Sprache wieder zuruͤckfuͤhrt. Daher waͤhle ich zuweilen, wenn Gelegenheit ohne mich da ist, in solchem Drange meiner Gedankennoth, lieber ein, die Aufmerksamkeit erzwingendes, Spiel, als den Wein. Wenn ich aber nicht entweder zur Verbesserung der Wissenschaften, oder im Grame gruͤble; alsdann, und also gemeiniglich, lebe ich hoͤchst ordentlich und enthaltsam von Wein und Spiel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/41
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/41>, abgerufen am 24.11.2024.