Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783.Als man ihn beim Schluß der Untersuchung fragte: ob er einen Defensor verlange, antwortete er: daß er sein Leben verwürkt habe, wisse er wohl, und verlange also keinen Defensor, und als man ihn darauf wieder in die Wachstube führte, sagte er zu dem Officier: Gelt, Herr Lieutenant, das war kurz resolviert! An diesem Tage, als dem andern nach seiner Gefangennehmung mußte ihm sein Schlafkamerad die Bücher bringen; diese waren: Arendts wahres Christenthum, das Paradiesgärtlein, Freylingshausens Gesangbuch, und das hällische goldne Schatzkästlein. 3. Johann Peter Drieß. ![]() Was ich theils aus einer mündlichen Erzählung des Herrn Er war Jnspektor am Joachimsthalischen Gymnasium, wo er aber wegen atheistischer Grundsätze, die er häufig geäussert haben soll, seinen Abschied erhielt. Herr Als man ihn beim Schluß der Untersuchung fragte: ob er einen Defensor verlange, antwortete er: daß er sein Leben verwuͤrkt habe, wisse er wohl, und verlange also keinen Defensor, und als man ihn darauf wieder in die Wachstube fuͤhrte, sagte er zu dem Officier: Gelt, Herr Lieutenant, das war kurz resolviert! An diesem Tage, als dem andern nach seiner Gefangennehmung mußte ihm sein Schlafkamerad die Buͤcher bringen; diese waren: Arendts wahres Christenthum, das Paradiesgaͤrtlein, Freylingshausens Gesangbuch, und das haͤllische goldne Schatzkaͤstlein. 3. Johann Peter Drieß. ![]() Was ich theils aus einer muͤndlichen Erzaͤhlung des Herrn Er war Jnspektor am Joachimsthalischen Gymnasium, wo er aber wegen atheistischer Grundsaͤtze, die er haͤufig geaͤussert haben soll, seinen Abschied erhielt. Herr <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0022" n="18"/><lb/> <p>Als man ihn beim Schluß der Untersuchung fragte: ob er einen Defensor verlange, antwortete er: daß er sein Leben verwuͤrkt habe, wisse er wohl, und verlange also keinen Defensor, und als man ihn darauf wieder in die Wachstube fuͤhrte, sagte er zu dem Officier: Gelt, Herr Lieutenant, das war kurz resolviert! An diesem Tage, als dem andern nach seiner Gefangennehmung mußte ihm sein Schlafkamerad die Buͤcher bringen; diese waren: <hi rendition="#b">Arendts wahres Christenthum, das Paradiesgaͤrtlein, Freylingshausens Gesangbuch, und das haͤllische goldne Schatzkaͤstlein.</hi></p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div> <head>3. Johann Peter Drieß.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref1"><note type="editorial"/>Moritz, Karl Philipp</persName> </bibl> </note> <p>Was ich theils aus einer muͤndlichen Erzaͤhlung des Herrn <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0119"><note type="editorial">Mendelssohn, Moses</note>Moses Mendelssohn,</persName></hi> theils aus einem medicinischen Bericht des Herrn <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0146"><note type="editorial">Hagen</note>Assessor Hagen</persName></hi> von diesem Ungluͤcklichen weiß, theile ich hier mit. </p> <p>Er war Jnspektor am Joachimsthalischen Gymnasium, wo er aber wegen atheistischer Grundsaͤtze, die er haͤufig geaͤussert haben soll, seinen Abschied erhielt. Herr <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0146"><note type="editorial">Hagen</note>Assessor Hagen</persName></hi> hat mir einen Aufsatz von demselben mitgetheilt, worinn er seine Meinung uͤber das oͤffentliche Gebet des Joachimstha-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0022]
Als man ihn beim Schluß der Untersuchung fragte: ob er einen Defensor verlange, antwortete er: daß er sein Leben verwuͤrkt habe, wisse er wohl, und verlange also keinen Defensor, und als man ihn darauf wieder in die Wachstube fuͤhrte, sagte er zu dem Officier: Gelt, Herr Lieutenant, das war kurz resolviert! An diesem Tage, als dem andern nach seiner Gefangennehmung mußte ihm sein Schlafkamerad die Buͤcher bringen; diese waren: Arendts wahres Christenthum, das Paradiesgaͤrtlein, Freylingshausens Gesangbuch, und das haͤllische goldne Schatzkaͤstlein.
3. Johann Peter Drieß.
Was ich theils aus einer muͤndlichen Erzaͤhlung des Herrn Moses Mendelssohn, theils aus einem medicinischen Bericht des Herrn Assessor Hagen von diesem Ungluͤcklichen weiß, theile ich hier mit.
Er war Jnspektor am Joachimsthalischen Gymnasium, wo er aber wegen atheistischer Grundsaͤtze, die er haͤufig geaͤussert haben soll, seinen Abschied erhielt. Herr Assessor Hagen hat mir einen Aufsatz von demselben mitgetheilt, worinn er seine Meinung uͤber das oͤffentliche Gebet des Joachimstha-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 2. Berlin, 1783, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0102_1783/22>, abgerufen am 27.07.2024. |