Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.Einem andern träumte einst, er habe in sein gewöhnliches Koffehaus gehen wollen, als er aber dahin kam, fand er die Thüre desselben verschlossen. Er pochte stark daran, sie wurde ihm aufgemacht, er gieng hinein, fand einige beim Spiele sitzen, mit welchen er sich ins Gespräch einließ; woraus endlich ein Wortwechsel entstand. Einer der Spielenden gerieth darüber in Wuth, ergrif einen Stuhl, und schlug seinen Gegner damit auf den Kopf, so daß er leblos zu Boden fiel, worauf er in Verhaft genommen, und darauf als Mörder zum Tode verurtheilt worden ist. So weit der Traum! Eine geraume Zeit nachher gieng dieser Mann wirklich in ein Koffehaus, fand die Thüre zugeschlossen, pochte, wurde hereingelassen, gerieth in Wortwechsel, wurde zum Zorn gereizt, grif nach einem Stuhle, um seinen Gegner damit zum Stillschweigen zu bringen. Auf einmal aber fiel ihm sein gehabter Traum ein, er faßte sich sogleich, setzte den Stuhl ganz gelassen nieder und gieng nach Hause. 115-125. Wird von einem Melancholikus erzählt, der in eine solche Art des Blödsinns gerathen ist, daß man ihm, wie einem Kinde, die Jdeen nach und nach entwickeln, und seine Seelenkräfte in Ausübung setzen muste, wodurch er auch wieder hergestellt worden ist. Einem andern traͤumte einst, er habe in sein gewoͤhnliches Koffehaus gehen wollen, als er aber dahin kam, fand er die Thuͤre desselben verschlossen. Er pochte stark daran, sie wurde ihm aufgemacht, er gieng hinein, fand einige beim Spiele sitzen, mit welchen er sich ins Gespraͤch einließ; woraus endlich ein Wortwechsel entstand. Einer der Spielenden gerieth daruͤber in Wuth, ergrif einen Stuhl, und schlug seinen Gegner damit auf den Kopf, so daß er leblos zu Boden fiel, worauf er in Verhaft genommen, und darauf als Moͤrder zum Tode verurtheilt worden ist. So weit der Traum! Eine geraume Zeit nachher gieng dieser Mann wirklich in ein Koffehaus, fand die Thuͤre zugeschlossen, pochte, wurde hereingelassen, gerieth in Wortwechsel, wurde zum Zorn gereizt, grif nach einem Stuhle, um seinen Gegner damit zum Stillschweigen zu bringen. Auf einmal aber fiel ihm sein gehabter Traum ein, er faßte sich sogleich, setzte den Stuhl ganz gelassen nieder und gieng nach Hause. 115-125. Wird von einem Melancholikus erzaͤhlt, der in eine solche Art des Bloͤdsinns gerathen ist, daß man ihm, wie einem Kinde, die Jdeen nach und nach entwickeln, und seine Seelenkraͤfte in Ausuͤbung setzen muste, wodurch er auch wieder hergestellt worden ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0142" n="142"/><lb/> <p>Einem andern traͤumte einst, er habe in sein gewoͤhnliches Koffehaus gehen wollen, als er aber dahin kam, fand er die Thuͤre desselben verschlossen. Er pochte stark daran, sie wurde ihm aufgemacht, er gieng hinein, fand einige beim Spiele sitzen, mit welchen er sich ins Gespraͤch einließ; woraus endlich ein Wortwechsel entstand. Einer der Spielenden gerieth daruͤber in Wuth, ergrif einen Stuhl, und schlug seinen Gegner damit auf den Kopf, so daß er leblos zu Boden fiel, worauf er in Verhaft genommen, und darauf als Moͤrder zum Tode verurtheilt worden ist. So weit der Traum! Eine geraume Zeit nachher gieng dieser Mann wirklich in ein Koffehaus, fand die Thuͤre zugeschlossen, pochte, wurde hereingelassen, gerieth in Wortwechsel, wurde zum Zorn gereizt, grif nach einem Stuhle, um seinen Gegner damit zum Stillschweigen zu bringen. Auf einmal aber fiel ihm sein gehabter Traum ein, er faßte sich sogleich, setzte den Stuhl ganz gelassen nieder und gieng nach Hause.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="3"> <head>115-125.</head><lb/> <p>Wird von einem Melancholikus erzaͤhlt, der in eine solche Art des Bloͤdsinns gerathen ist, daß man ihm, wie einem Kinde, die Jdeen nach und nach entwickeln, und seine Seelenkraͤfte in Ausuͤbung setzen muste, wodurch er auch wieder hergestellt worden ist.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0142]
Einem andern traͤumte einst, er habe in sein gewoͤhnliches Koffehaus gehen wollen, als er aber dahin kam, fand er die Thuͤre desselben verschlossen. Er pochte stark daran, sie wurde ihm aufgemacht, er gieng hinein, fand einige beim Spiele sitzen, mit welchen er sich ins Gespraͤch einließ; woraus endlich ein Wortwechsel entstand. Einer der Spielenden gerieth daruͤber in Wuth, ergrif einen Stuhl, und schlug seinen Gegner damit auf den Kopf, so daß er leblos zu Boden fiel, worauf er in Verhaft genommen, und darauf als Moͤrder zum Tode verurtheilt worden ist. So weit der Traum! Eine geraume Zeit nachher gieng dieser Mann wirklich in ein Koffehaus, fand die Thuͤre zugeschlossen, pochte, wurde hereingelassen, gerieth in Wortwechsel, wurde zum Zorn gereizt, grif nach einem Stuhle, um seinen Gegner damit zum Stillschweigen zu bringen. Auf einmal aber fiel ihm sein gehabter Traum ein, er faßte sich sogleich, setzte den Stuhl ganz gelassen nieder und gieng nach Hause.
115-125.
Wird von einem Melancholikus erzaͤhlt, der in eine solche Art des Bloͤdsinns gerathen ist, daß man ihm, wie einem Kinde, die Jdeen nach und nach entwickeln, und seine Seelenkraͤfte in Ausuͤbung setzen muste, wodurch er auch wieder hergestellt worden ist.
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