Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.
"Das Universum, die unerzeugte Natur, ist ebenfalls alles was sie seyn kann in der That und auf Einmal; weil sie alle Materie nebst der ewigen unveränderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich faßt: aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besondern Theilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, überhaupt ihrer Aeusserlichkeit, ist sie schon nicht mehr was sie ist und seyn kann; sondern nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips, in welchem thätige Kraft und Potenz, Möglichkeit und Wirklichkeit Eins und dasselbe sind. Da kein Theil des expliciten Weltalls alles ist, was er seyn kann; wie sollte das aus lauter solchen Theilen bestehende Ganze die Vollkommenheit einer Natur ausdrücken, welche alles ist, was sie seyn kann, und nichts seyn kann, was sie nicht ist? Unserm Verstande ist es unmöglich, jenes durchaus und schlechterdings thätige Vermögen, welches zugleich das schlechterdings und durchaus leidende Vermögen ist, zu fassen; wir begreifen weder wie
»Das Universum, die unerzeugte Natur, ist ebenfalls alles was sie seyn kann in der That und auf Einmal; weil sie alle Materie nebst der ewigen unveraͤnderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich faßt: aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besondern Theilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, uͤberhaupt ihrer Aeusserlichkeit, ist sie schon nicht mehr was sie ist und seyn kann; sondern nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips, in welchem thaͤtige Kraft und Potenz, Moͤglichkeit und Wirklichkeit Eins und dasselbe sind. Da kein Theil des expliciten Weltalls alles ist, was er seyn kann; wie sollte das aus lauter solchen Theilen bestehende Ganze die Vollkommenheit einer Natur ausdruͤcken, welche alles ist, was sie seyn kann, und nichts seyn kann, was sie nicht ist? Unserm Verstande ist es unmoͤglich, jenes durchaus und schlechterdings thaͤtige Vermoͤgen, welches zugleich das schlechterdings und durchaus leidende Vermoͤgen ist, zu fassen; wir begreifen weder wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0082" n="82"/><lb/> Aber die schwarze Farbe der Dinte gehoͤrt nicht mit zum Begriff des Zirkels, und kann mit demselben in keiner reellen Synthesis gebraucht werden. Sie stehen blos in einem logischen nicht aber in einem reellen Verhaͤltniß von Subjekt und Praͤdikat, weil sie beide ohne einander vorstellbar sind. Der Zirkel ist also durch seine Moͤglichkeit schon wirklich. Denke ich mir hingegen das Gold. Z.B., so, u.s.w.</p> <p>»Das Universum, <hi rendition="#b">die unerzeugte Natur,</hi> ist ebenfalls alles was sie seyn kann in der That und auf Einmal; weil sie alle Materie nebst der ewigen unveraͤnderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich faßt: aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besondern Theilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, uͤberhaupt ihrer Aeusserlichkeit, ist sie schon nicht mehr was sie ist und seyn kann; sondern nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips, in welchem thaͤtige Kraft und Potenz, Moͤglichkeit und Wirklichkeit Eins und dasselbe sind. Da kein Theil des expliciten Weltalls alles ist, was er seyn kann; wie sollte das aus lauter solchen Theilen bestehende Ganze die Vollkommenheit einer Natur ausdruͤcken, welche alles ist, was sie seyn kann, und nichts seyn kann, was sie nicht ist?</p> <p>Unserm Verstande ist es unmoͤglich, jenes durchaus und schlechterdings thaͤtige Vermoͤgen, welches zugleich das schlechterdings und durchaus leidende Vermoͤgen ist, zu fassen; wir begreifen weder wie<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0082]
Aber die schwarze Farbe der Dinte gehoͤrt nicht mit zum Begriff des Zirkels, und kann mit demselben in keiner reellen Synthesis gebraucht werden. Sie stehen blos in einem logischen nicht aber in einem reellen Verhaͤltniß von Subjekt und Praͤdikat, weil sie beide ohne einander vorstellbar sind. Der Zirkel ist also durch seine Moͤglichkeit schon wirklich. Denke ich mir hingegen das Gold. Z.B., so, u.s.w.
»Das Universum, die unerzeugte Natur, ist ebenfalls alles was sie seyn kann in der That und auf Einmal; weil sie alle Materie nebst der ewigen unveraͤnderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich faßt: aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besondern Theilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, uͤberhaupt ihrer Aeusserlichkeit, ist sie schon nicht mehr was sie ist und seyn kann; sondern nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips, in welchem thaͤtige Kraft und Potenz, Moͤglichkeit und Wirklichkeit Eins und dasselbe sind. Da kein Theil des expliciten Weltalls alles ist, was er seyn kann; wie sollte das aus lauter solchen Theilen bestehende Ganze die Vollkommenheit einer Natur ausdruͤcken, welche alles ist, was sie seyn kann, und nichts seyn kann, was sie nicht ist?
Unserm Verstande ist es unmoͤglich, jenes durchaus und schlechterdings thaͤtige Vermoͤgen, welches zugleich das schlechterdings und durchaus leidende Vermoͤgen ist, zu fassen; wir begreifen weder wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |