Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Das unendliche Vorstellungsvermögen stellt sich alle mögliche Dinge aufs deutlichste vor. Da wir nun diesem System zufolge, von keiner andern Substanz eine Vorstellung haben, als von unserm Jch oder Vorstellungsvermögen selbst (denn die körperlichen Substanzen sind diesem Systeme zufolge nur Scheinsubstanzen) so sind alle mögliche Dinge als Substanzen nichts anders als alle mögliche Vorstellungsvermögen. Diese sind wiederum nichts anders als das unendliche Vorstellungsvermögen auf unendliche Arten eingeschränkt. Dieses unendliche Vorstellungsvermögen stellt also sich selbst auf alle mögliche Arten eingeschränkt vor. Die Vorstellungen eines unendlichen Vorstellungsvermögens sind zugleich Darstellungen, d.h. sie erhalten dadurch daß sie Vorstellungen sind Objektive Realität ausser demselben. Ein jedes Objekt der Natur, d. h. ein jedes als Substanz existirendes Vorstellungsvermögen ist also wie Leibniz sich ausdrückt ein Spiegel des Universums, weil es, ob zwar in Ansehung der Jntension, auf eine eingeschränkte Art, das ganze Universum vorstellt. Der Künstler des Universums würkt also alles in Allem. --

"Wir haben aber dreierlei Verstand zu unterscheiden. Den Göttlichen, welcher alles ist; -- den Verstand des Weltalls, welcher alles hervorbringt; -- den Verstand der einzelnen Dinge, in welchem alles hervorgebracht wird. Zwey Extreme; und in der Mitte die wahre würkende, so-


Das unendliche Vorstellungsvermoͤgen stellt sich alle moͤgliche Dinge aufs deutlichste vor. Da wir nun diesem System zufolge, von keiner andern Substanz eine Vorstellung haben, als von unserm Jch oder Vorstellungsvermoͤgen selbst (denn die koͤrperlichen Substanzen sind diesem Systeme zufolge nur Scheinsubstanzen) so sind alle moͤgliche Dinge als Substanzen nichts anders als alle moͤgliche Vorstellungsvermoͤgen. Diese sind wiederum nichts anders als das unendliche Vorstellungsvermoͤgen auf unendliche Arten eingeschraͤnkt. Dieses unendliche Vorstellungsvermoͤgen stellt also sich selbst auf alle moͤgliche Arten eingeschraͤnkt vor. Die Vorstellungen eines unendlichen Vorstellungsvermoͤgens sind zugleich Darstellungen, d.h. sie erhalten dadurch daß sie Vorstellungen sind Objektive Realitaͤt ausser demselben. Ein jedes Objekt der Natur, d. h. ein jedes als Substanz existirendes Vorstellungsvermoͤgen ist also wie Leibniz sich ausdruͤckt ein Spiegel des Universums, weil es, ob zwar in Ansehung der Jntension, auf eine eingeschraͤnkte Art, das ganze Universum vorstellt. Der Kuͤnstler des Universums wuͤrkt also alles in Allem. —

»Wir haben aber dreierlei Verstand zu unterscheiden. Den Goͤttlichen, welcher alles ist; — den Verstand des Weltalls, welcher alles hervorbringt; — den Verstand der einzelnen Dinge, in welchem alles hervorgebracht wird. Zwey Extreme; und in der Mitte die wahre wuͤrkende, so-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0062" n="62"/><lb/>
              <p>Das unendliche Vorstellungsvermo&#x0364;gen stellt sich alle mo&#x0364;gliche Dinge aufs                         deutlichste vor. Da wir nun diesem System zufolge, von keiner andern                         Substanz eine Vorstellung haben, als von unserm <hi rendition="#b">Jch</hi> oder Vorstellungsvermo&#x0364;gen selbst (denn die ko&#x0364;rperlichen Substanzen sind                         diesem Systeme zufolge nur <hi rendition="#b">Scheinsubstanzen) </hi> so                         sind alle mo&#x0364;gliche Dinge als Substanzen nichts anders als alle mo&#x0364;gliche                         Vorstellungsvermo&#x0364;gen. Diese sind wiederum nichts anders als das unendliche                         Vorstellungsvermo&#x0364;gen auf unendliche Arten eingeschra&#x0364;nkt. Dieses unendliche                         Vorstellungsvermo&#x0364;gen stellt also sich selbst auf alle mo&#x0364;gliche Arten                         eingeschra&#x0364;nkt vor. Die <hi rendition="#b">Vorstellungen</hi> eines                         unendlichen Vorstellungsvermo&#x0364;gens sind zugleich <hi rendition="#b">Darstellungen,</hi> d.h. sie erhalten dadurch daß sie Vorstellungen                         sind Objektive Realita&#x0364;t ausser demselben. Ein jedes Objekt der Natur, d. h.                         ein jedes als Substanz existirendes Vorstellungsvermo&#x0364;gen ist also wie <hi rendition="#b">Leibniz</hi> sich ausdru&#x0364;ckt ein Spiegel des Universums,                         weil es, ob zwar in Ansehung der Jntension, auf eine eingeschra&#x0364;nkte Art, das                         ganze Universum vorstellt. Der Ku&#x0364;nstler des Universums wu&#x0364;rkt also alles in                         Allem. &#x2014;</p>
              <p>»Wir haben aber dreierlei Verstand zu unterscheiden. Den Go&#x0364;ttlichen, welcher                         alles ist; &#x2014; den Verstand des Weltalls, welcher alles hervorbringt; &#x2014; den                         Verstand der einzelnen Dinge, in welchem alles hervorgebracht wird. Zwey                         Extreme; und in der Mitte die wahre wu&#x0364;rkende, so-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0062] Das unendliche Vorstellungsvermoͤgen stellt sich alle moͤgliche Dinge aufs deutlichste vor. Da wir nun diesem System zufolge, von keiner andern Substanz eine Vorstellung haben, als von unserm Jch oder Vorstellungsvermoͤgen selbst (denn die koͤrperlichen Substanzen sind diesem Systeme zufolge nur Scheinsubstanzen) so sind alle moͤgliche Dinge als Substanzen nichts anders als alle moͤgliche Vorstellungsvermoͤgen. Diese sind wiederum nichts anders als das unendliche Vorstellungsvermoͤgen auf unendliche Arten eingeschraͤnkt. Dieses unendliche Vorstellungsvermoͤgen stellt also sich selbst auf alle moͤgliche Arten eingeschraͤnkt vor. Die Vorstellungen eines unendlichen Vorstellungsvermoͤgens sind zugleich Darstellungen, d.h. sie erhalten dadurch daß sie Vorstellungen sind Objektive Realitaͤt ausser demselben. Ein jedes Objekt der Natur, d. h. ein jedes als Substanz existirendes Vorstellungsvermoͤgen ist also wie Leibniz sich ausdruͤckt ein Spiegel des Universums, weil es, ob zwar in Ansehung der Jntension, auf eine eingeschraͤnkte Art, das ganze Universum vorstellt. Der Kuͤnstler des Universums wuͤrkt also alles in Allem. — »Wir haben aber dreierlei Verstand zu unterscheiden. Den Goͤttlichen, welcher alles ist; — den Verstand des Weltalls, welcher alles hervorbringt; — den Verstand der einzelnen Dinge, in welchem alles hervorgebracht wird. Zwey Extreme; und in der Mitte die wahre wuͤrkende, so-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/62
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/62>, abgerufen am 24.11.2024.