Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.War die Organisation beider Geschlechter auch nicht verschiedenartig -- nur Modifikation -- hervorgegangen aus den innern Lebenskräften nach dem Zwecke der zeugenden Bestimmung: so konnte doch nicht jedes, ob schon im Besitz der lebendigen Grundform des künftigen Geschöpfs, allein zeugen -- Die Bestimmung der Vereinigung verlangte auch Organisation, Umordnung der zeugenden Lebenstheile, welche der einzelnen Ausbildung ohne Ausnahme widerspräche. Jn dem männlichen Körper ordneten sich die Behältnisse des zeugenden Prinzips ausser den Körper, und kein Uterus ist da, der das embrionische des Lebensprinzips aufnehme und zum Wachsthum vollendete: in dem weiblichen Körper ist dieser Uterus da, aber der Lebensstoff ist ausser demselben hingestellt, und nur männlicher Anreiz kann ihn in der Regel durch Mechanism der Fallopischen Röhren in die größer entwickelnde Werkstäte hinführen.*) *) Die ovula Graafiana im weiblichen Körper sind gewiß nichts anders als die Testes und vesiculae seminales im männlichen -- Behältnisse nehmlich des vor unsern Augen verschwindenden embrionischen Geschöpfes -- anders nur nach dem Endzweck der gegenseitigen Geschlechtsvereinigung, geordnet und organisch gebildet. Daß corpora latea auch ohne vorhergehende wirkliche Vereinigung in dem ovario entstehen, beweisen Versuche Beobachtungen, (s. Blumenbach medizin. Bibl. 3. B. 3. St.) Daß also auch der Mechanism, der die Fallopischen Röhren dem ovario zur Aufnahme des weiblichen Zeugungsstoffes näher bringet, ausser der Geschlechtsvereinigung durch andere widernatürliche Ursachen erfolge, erhellet eben auch aus diesen Beobachtungen. Ob nun schon bei solchem widernatürlich erregten Mechanism in den Zeugungstheilen des Weibes auch der Zeugungsstoff als das ovulum aus dem ovario in den Uterum hinübergehen muß: so kann doch -- keine Rücksicht genommen auf die Beispiele, die durch glaubwürdige Zeugen von bald im weiblichen bald im männlichen Körper vor aller Vereinigung -- entwickelten Embrione erzählet werden, (s. Blumenbach über den Bildungstrieb) -- glaube ich, nicht einmal im weiblichen Körper, in welchem alle zur vollendenden Entwicklung bestimmten Behältnisse da sind, dieser hinübergegangene Zeugungsstoff des Weibes zur wirklichen Vollendung der Ausbildung kommen, weil nehmlich der männliche Zeugungsstoff fehlet, der durch seinen Beitrag die Ausbildung des Geschöpfes befördert. Denn in Ermangelung dessen müßte nach analogischem Schlusse das weibliche Zeugungsprinzip längere Zeit -- doppelt so lange -- zum völligen Wachsthum in den Zeugungsbehältnissen verbleiben, in welcher längerer Zeit aber -- wider die Anordnung der Natur -- wahrscheinlich es untergehet und als Abart stirbet. --
War die Organisation beider Geschlechter auch nicht verschiedenartig — nur Modifikation — hervorgegangen aus den innern Lebenskraͤften nach dem Zwecke der zeugenden Bestimmung: so konnte doch nicht jedes, ob schon im Besitz der lebendigen Grundform des kuͤnftigen Geschoͤpfs, allein zeugen — Die Bestimmung der Vereinigung verlangte auch Organisation, Umordnung der zeugenden Lebenstheile, welche der einzelnen Ausbildung ohne Ausnahme widerspraͤche. Jn dem maͤnnlichen Koͤrper ordneten sich die Behaͤltnisse des zeugenden Prinzips ausser den Koͤrper, und kein Uterus ist da, der das embrionische des Lebensprinzips aufnehme und zum Wachsthum vollendete: in dem weiblichen Koͤrper ist dieser Uterus da, aber der Lebensstoff ist ausser demselben hingestellt, und nur maͤnnlicher Anreiz kann ihn in der Regel durch Mechanism der Fallopischen Roͤhren in die groͤßer entwickelnde Werkstaͤte hinfuͤhren.*) *) Die ovula Graafiana im weiblichen Koͤrper sind gewiß nichts anders als die Testes und vesiculae seminales im maͤnnlichen — Behaͤltnisse nehmlich des vor unsern Augen verschwindenden embrionischen Geschoͤpfes — anders nur nach dem Endzweck der gegenseitigen Geschlechtsvereinigung, geordnet und organisch gebildet. Daß corpora latea auch ohne vorhergehende wirkliche Vereinigung in dem ovario entstehen, beweisen Versuche Beobachtungen, (s. Blumenbach medizin. Bibl. 3. B. 3. St.) Daß also auch der Mechanism, der die Fallopischen Roͤhren dem ovario zur Aufnahme des weiblichen Zeugungsstoffes naͤher bringet, ausser der Geschlechtsvereinigung durch andere widernatuͤrliche Ursachen erfolge, erhellet eben auch aus diesen Beobachtungen. Ob nun schon bei solchem widernatuͤrlich erregten Mechanism in den Zeugungstheilen des Weibes auch der Zeugungsstoff als das ovulum aus dem ovario in den Uterum hinuͤbergehen muß: so kann doch — keine Ruͤcksicht genommen auf die Beispiele, die durch glaubwuͤrdige Zeugen von bald im weiblichen bald im maͤnnlichen Koͤrper vor aller Vereinigung — entwickelten Embrione erzaͤhlet werden, (s. Blumenbach uͤber den Bildungstrieb) — glaube ich, nicht einmal im weiblichen Koͤrper, in welchem alle zur vollendenden Entwicklung bestimmten Behaͤltnisse da sind, dieser hinuͤbergegangene Zeugungsstoff des Weibes zur wirklichen Vollendung der Ausbildung kommen, weil nehmlich der maͤnnliche Zeugungsstoff fehlet, der durch seinen Beitrag die Ausbildung des Geschoͤpfes befoͤrdert. Denn in Ermangelung dessen muͤßte nach analogischem Schlusse das weibliche Zeugungsprinzip laͤngere Zeit — doppelt so lange — zum voͤlligen Wachsthum in den Zeugungsbehaͤltnissen verbleiben, in welcher laͤngerer Zeit aber — wider die Anordnung der Natur — wahrscheinlich es untergehet und als Abart stirbet. —
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War die Organisation beider Geschlechter auch nicht verschiedenartig — nur Modifikation — hervorgegangen aus den innern Lebenskraͤften nach dem Zwecke der zeugenden Bestimmung: so konnte doch nicht jedes, ob schon im Besitz der lebendigen Grundform des kuͤnftigen Geschoͤpfs, allein zeugen — Die Bestimmung der Vereinigung verlangte auch Organisation, Umordnung der zeugenden Lebenstheile, welche der einzelnen Ausbildung ohne Ausnahme widerspraͤche. Jn dem maͤnnlichen Koͤrper ordneten sich die Behaͤltnisse des zeugenden Prinzips ausser den Koͤrper, und kein Uterus ist da, der das embrionische des Lebensprinzips aufnehme und zum Wachsthum vollendete: in dem weiblichen Koͤrper ist dieser Uterus da, aber der Lebensstoff ist ausser demselben hingestellt, und nur maͤnnlicher Anreiz kann ihn in der Regel durch Mechanism der Fallopischen Roͤhren in die groͤßer entwickelnde Werkstaͤte hinfuͤhren.*)
*) Die ovula Graafiana im weiblichen Koͤrper sind gewiß nichts anders als die Testes und vesiculae seminales im maͤnnlichen — Behaͤltnisse nehmlich des vor unsern Augen verschwindenden embrionischen Geschoͤpfes — anders nur nach dem Endzweck der gegenseitigen Geschlechtsvereinigung, geordnet und organisch gebildet. Daß corpora latea auch ohne vorhergehende wirkliche Vereinigung in dem ovario entstehen, beweisen Versuche Beobachtungen, (s. Blumenbach medizin. Bibl. 3. B. 3. St.) Daß also auch der Mechanism, der die Fallopischen Roͤhren dem ovario zur Aufnahme des weiblichen Zeugungsstoffes naͤher bringet, ausser der Geschlechtsvereinigung durch andere widernatuͤrliche Ursachen erfolge, erhellet eben auch aus diesen Beobachtungen. Ob nun schon bei solchem widernatuͤrlich erregten Mechanism in den Zeugungstheilen des Weibes auch der Zeugungsstoff als das ovulum aus dem ovario in den Uterum hinuͤbergehen muß: so kann doch — keine Ruͤcksicht genommen auf die Beispiele, die durch glaubwuͤrdige Zeugen von bald im weiblichen bald im maͤnnlichen Koͤrper vor aller Vereinigung — entwickelten Embrione erzaͤhlet werden, (s. Blumenbach uͤber den Bildungstrieb) — glaube ich, nicht einmal im weiblichen Koͤrper, in welchem alle zur vollendenden Entwicklung bestimmten Behaͤltnisse da sind, dieser hinuͤbergegangene Zeugungsstoff des Weibes zur wirklichen Vollendung der Ausbildung kommen, weil nehmlich der maͤnnliche Zeugungsstoff fehlet, der durch seinen Beitrag die Ausbildung des Geschoͤpfes befoͤrdert. Denn in Ermangelung dessen muͤßte nach analogischem Schlusse das weibliche Zeugungsprinzip laͤngere Zeit — doppelt so lange — zum voͤlligen Wachsthum in den Zeugungsbehaͤltnissen verbleiben, in welcher laͤngerer Zeit aber — wider die Anordnung der Natur — wahrscheinlich es untergehet und als Abart stirbet. —
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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