Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.
Und doch ist mirs immer, als müßt' ich zweifeln. Mein verwöhntes Auge vermag den Strahl des Tages noch nicht zu ertragen, und doch ist es gewiß gewiß wahr! Wars nicht, als wenn die Natur und alle Menschen meine Wiederaufnahme mitfeierten? -- O ich muß mir alle Augenblicke, alle Räumchen dieses einzigen Wonnetages aufzeichnen. Nichts darf verlohren gehen, und wenn ich
Und doch ist mirs immer, als muͤßt' ich zweifeln. Mein verwoͤhntes Auge vermag den Strahl des Tages noch nicht zu ertragen, und doch ist es gewiß gewiß wahr! Wars nicht, als wenn die Natur und alle Menschen meine Wiederaufnahme mitfeierten? — O ich muß mir alle Augenblicke, alle Raͤumchen dieses einzigen Wonnetages aufzeichnen. Nichts darf verlohren gehen, und wenn ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0099" n="97"/><lb/> Sie mir geben? O so habt Dank fuͤr alle eure Quaalen! Lenker meines Schicksals! Hier lieg' ich im Staube, und weine dir meines Herzens Anbetung und Dank. Schuͤtt' alle Erdennoth auf mich herab, laß jeden Schmerz mich durchfuͤhlen! Jmmer werd' ich dich mit froher inniger Kinderliebe: Mein Vater, nennen. — Lenker meines Schicksals! — O laß mir Sie, Sie! Und wenn ich thoͤricht bitte, — o so kommen alle Folgen dieser Thorheit uͤber mich! Jch habe ja die Verzweiflung in meinem Herzen herumgetragen, und kann nun alles alles tragen! Ach Sie! Sie! Hier strahlen alle meine Wuͤnsche in einen Gluͤhpunkt zusammen. Was ein Mensch thun kann, will ich thun um Sie. Hinweggeschwunden ist der Nebel, der schwer und giftig auf meinem Leben lag; meine Kraͤfte treiben wieder aufwaͤrts; heiter und sonnig liegt alles um mich her; Meine Pruͤfung ist aus, ich bin wieder ein gluͤcklicher, wonnefuͤhlender Mensch.</p> <p>Und doch ist mirs immer, als muͤßt' ich zweifeln. Mein verwoͤhntes Auge vermag den Strahl des Tages noch nicht zu ertragen, und doch ist es gewiß gewiß wahr! Wars nicht, als wenn die Natur und alle Menschen meine Wiederaufnahme mitfeierten? — O ich muß mir alle Augenblicke, alle Raͤumchen dieses einzigen Wonnetages aufzeichnen. Nichts darf verlohren gehen, und wenn ich<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0099]
Sie mir geben? O so habt Dank fuͤr alle eure Quaalen! Lenker meines Schicksals! Hier lieg' ich im Staube, und weine dir meines Herzens Anbetung und Dank. Schuͤtt' alle Erdennoth auf mich herab, laß jeden Schmerz mich durchfuͤhlen! Jmmer werd' ich dich mit froher inniger Kinderliebe: Mein Vater, nennen. — Lenker meines Schicksals! — O laß mir Sie, Sie! Und wenn ich thoͤricht bitte, — o so kommen alle Folgen dieser Thorheit uͤber mich! Jch habe ja die Verzweiflung in meinem Herzen herumgetragen, und kann nun alles alles tragen! Ach Sie! Sie! Hier strahlen alle meine Wuͤnsche in einen Gluͤhpunkt zusammen. Was ein Mensch thun kann, will ich thun um Sie. Hinweggeschwunden ist der Nebel, der schwer und giftig auf meinem Leben lag; meine Kraͤfte treiben wieder aufwaͤrts; heiter und sonnig liegt alles um mich her; Meine Pruͤfung ist aus, ich bin wieder ein gluͤcklicher, wonnefuͤhlender Mensch.
Und doch ist mirs immer, als muͤßt' ich zweifeln. Mein verwoͤhntes Auge vermag den Strahl des Tages noch nicht zu ertragen, und doch ist es gewiß gewiß wahr! Wars nicht, als wenn die Natur und alle Menschen meine Wiederaufnahme mitfeierten? — O ich muß mir alle Augenblicke, alle Raͤumchen dieses einzigen Wonnetages aufzeichnen. Nichts darf verlohren gehen, und wenn ich
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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