schönsten Einsamkeit selber nur schwärmen, wiewohl dieses, um seinen aufgebrachten Bewegungen einsam freyen Lauf zu lassen, und sich derselben und ihrer Unruhe nur zu entladen, zuweilen nöthig und dienlich seyn mag, damit man sich endlich ruhig in einen festen Punkt setzen möge. Allein nun, welch ein Sammlungspunkt soll dann in der Seele seyn, wohin alle Kräfte zu richten sind, alle Richtung zusammen gezogen werden muß, um gute Stärkung von Grund aus zu sammeln, die in der Arbeit und Zerstreuung aushalten möge, um ein rechtschaffen erwünschtes Ziel zu erhalten, und wenigstens davon nicht zu weit abzukommen unter tausend Reizen und Anstößen? Erstlich muß nun ein jeder selbst, weil die Natur- und Gewohnheitsanlagen unendlich verschieden sind, in seiner eignen Seele beobachten, was eigentlich am meisten, am besten, am stärksten ihn zum höchsten Gut reizen, und seine Kräfte insgesamt am meisten darzu ziehen, sammeln, und halten könne; und diesem eigentlichen Mittel, das ihm besonders nun am besten zu dem Zwecke dienen kann, muß er aus allen Kräften nachgehen, so lange ihm solches so zweckmäßig kräftig dienet, und wenn dies Mittel auch an sich eine Kleinigkeit wäre, als z.B. ein Bild oder ein Musikspiel, wobei er seine Gedanken und Neigungen am rührendsten zum Guten sammeln, seinen Geist am ehesten zum Himmel und zum Höchsten über alles erheben, oder sein Herz in tiefste Demuth vor Gott versenken könnte.
schoͤnsten Einsamkeit selber nur schwaͤrmen, wiewohl dieses, um seinen aufgebrachten Bewegungen einsam freyen Lauf zu lassen, und sich derselben und ihrer Unruhe nur zu entladen, zuweilen noͤthig und dienlich seyn mag, damit man sich endlich ruhig in einen festen Punkt setzen moͤge. Allein nun, welch ein Sammlungspunkt soll dann in der Seele seyn, wohin alle Kraͤfte zu richten sind, alle Richtung zusammen gezogen werden muß, um gute Staͤrkung von Grund aus zu sammeln, die in der Arbeit und Zerstreuung aushalten moͤge, um ein rechtschaffen erwuͤnschtes Ziel zu erhalten, und wenigstens davon nicht zu weit abzukommen unter tausend Reizen und Anstoͤßen? Erstlich muß nun ein jeder selbst, weil die Natur- und Gewohnheitsanlagen unendlich verschieden sind, in seiner eignen Seele beobachten, was eigentlich am meisten, am besten, am staͤrksten ihn zum hoͤchsten Gut reizen, und seine Kraͤfte insgesamt am meisten darzu ziehen, sammeln, und halten koͤnne; und diesem eigentlichen Mittel, das ihm besonders nun am besten zu dem Zwecke dienen kann, muß er aus allen Kraͤften nachgehen, so lange ihm solches so zweckmaͤßig kraͤftig dienet, und wenn dies Mittel auch an sich eine Kleinigkeit waͤre, als z.B. ein Bild oder ein Musikspiel, wobei er seine Gedanken und Neigungen am ruͤhrendsten zum Guten sammeln, seinen Geist am ehesten zum Himmel und zum Hoͤchsten uͤber alles erheben, oder sein Herz in tiefste Demuth vor Gott versenken koͤnnte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0021"n="19"/><lb/>
schoͤnsten Einsamkeit selber nur schwaͤrmen, wiewohl dieses, um seinen aufgebrachten Bewegungen einsam freyen Lauf zu lassen, und sich derselben und ihrer Unruhe nur zu entladen, zuweilen noͤthig und dienlich seyn mag, damit man sich endlich ruhig in einen festen Punkt setzen moͤge. Allein nun, welch ein Sammlungspunkt soll dann in der Seele seyn, wohin alle Kraͤfte zu richten sind, alle Richtung zusammen gezogen werden muß, um gute Staͤrkung von Grund aus zu sammeln, die in der Arbeit und Zerstreuung aushalten moͤge, um ein rechtschaffen erwuͤnschtes Ziel zu erhalten, und wenigstens davon nicht zu weit abzukommen unter tausend Reizen und Anstoͤßen? Erstlich muß nun ein jeder selbst, weil die Natur- und Gewohnheitsanlagen unendlich verschieden sind, in seiner eignen Seele beobachten, was eigentlich am meisten, am besten, am staͤrksten ihn zum hoͤchsten Gut reizen, und seine Kraͤfte insgesamt am meisten darzu ziehen, sammeln, und halten koͤnne; und diesem eigentlichen Mittel, das ihm besonders nun am besten zu dem Zwecke dienen kann, muß er aus allen Kraͤften nachgehen, so lange ihm solches so zweckmaͤßig kraͤftig dienet, und wenn dies Mittel auch an sich eine Kleinigkeit waͤre, als z.B. ein Bild oder ein Musikspiel, wobei er seine Gedanken und Neigungen am ruͤhrendsten zum Guten sammeln, seinen Geist am ehesten zum Himmel und zum Hoͤchsten uͤber alles erheben, oder sein Herz in tiefste Demuth vor Gott versenken koͤnnte.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[19/0021]
schoͤnsten Einsamkeit selber nur schwaͤrmen, wiewohl dieses, um seinen aufgebrachten Bewegungen einsam freyen Lauf zu lassen, und sich derselben und ihrer Unruhe nur zu entladen, zuweilen noͤthig und dienlich seyn mag, damit man sich endlich ruhig in einen festen Punkt setzen moͤge. Allein nun, welch ein Sammlungspunkt soll dann in der Seele seyn, wohin alle Kraͤfte zu richten sind, alle Richtung zusammen gezogen werden muß, um gute Staͤrkung von Grund aus zu sammeln, die in der Arbeit und Zerstreuung aushalten moͤge, um ein rechtschaffen erwuͤnschtes Ziel zu erhalten, und wenigstens davon nicht zu weit abzukommen unter tausend Reizen und Anstoͤßen? Erstlich muß nun ein jeder selbst, weil die Natur- und Gewohnheitsanlagen unendlich verschieden sind, in seiner eignen Seele beobachten, was eigentlich am meisten, am besten, am staͤrksten ihn zum hoͤchsten Gut reizen, und seine Kraͤfte insgesamt am meisten darzu ziehen, sammeln, und halten koͤnne; und diesem eigentlichen Mittel, das ihm besonders nun am besten zu dem Zwecke dienen kann, muß er aus allen Kraͤften nachgehen, so lange ihm solches so zweckmaͤßig kraͤftig dienet, und wenn dies Mittel auch an sich eine Kleinigkeit waͤre, als z.B. ein Bild oder ein Musikspiel, wobei er seine Gedanken und Neigungen am ruͤhrendsten zum Guten sammeln, seinen Geist am ehesten zum Himmel und zum Hoͤchsten uͤber alles erheben, oder sein Herz in tiefste Demuth vor Gott versenken koͤnnte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.
Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/21>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.